Jedes Jahr erkranken in Deutschland 75 000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs. Das Mammakarzinom ist damit die häufigste Krebserkrankung der Frau. Bei mehr als zwei Drittel der Erkrankten ist eine brusterhaltende Operation möglich. Die anschließende Bestrahlung des Gewebes verhindert Rückfälle und dauerte bislang an die sechs Wochen – eine lange Zeit für die Betroffenen. Deshalb setzen Experten die „Radiotherapie“ jetzt noch gezielter ein. Bei welchen Patientinnen eine verkürzte Bestrahlung der ganzen Brust möglich ist, und bei welchen eine Teilbrustbestrahlung der beste Weg ist, diskutieren Experten am 25. Juni 2015 auf der Pressekonferenz der Radioonkologen in Hamburg.
Nahezu alle Frauen mit Brustkrebs erhalten nach einer brusterhaltenden Operation eine Bestrahlung von Brust und Brustwand, um einen Rückfall der Krebserkrankung im Operationsgebiet und in den angrenzenden Lymphknoten zu verhindern. Diese Ganzbrustbestrahlung weicht immer mehr neuen, individuell zugeschnittenen Konzepten: „Lange Zeit hatten wir für alle Patientinnen einen Therapiestandard: Die ganze Brust wurde über fünf bis sechs Wochen bestrahlt“, sagt Professor Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim und Pressesprecher der DEGRO. Die Therapie ist hocheffektiv, aber für die Patientinnen ist die wochenlange Behandlung eine Belastung. „Heute entwickelt sich die Radiotherapie hin zu personalisierten, individualisierten und risikoadaptierten Konzepten“, erklärt der Strahlentherapeut. Der Radioonkologe berücksichtigt dabei noch stärker als bisher Art, Lage und Größe des Tumors sowie Alter und Belastbarkeit der Patientin.
Mit einer Computertomographie der Brust als Basis erstellt er ein individuelles Patientenmodell. Ein Medizinphysikexperte errechnet die Dosisverteilung. Dann beginnt die tägliche, fraktionierte Behandlungsserie für die Patientin: An jedem Wochentag wird sie in einer fünf bis zehnminütigen Sitzung mit dem Linearbeschleuniger bestrahlt, einem Gerät in dem Elektronen beschleunigt und in therapeutische Röntgenstrahlen mit hoher Energie umgewandelt werden, um dann gezielt auf den Tumor gelenkt zu werden.
„Strahlenbiologische Gesetzmäßigkeiten halfen dabei, eine Strategie zu entwickeln, mit der sich die Behandlungsdauer für die Patientinnen bei gleich gutem Ergebnis verkürzen ließ“, berichtet Professor Dr. med. Cordula Petersen, Tagungspräsidentin der DEGRO. Die Strahlen erzeugen Brüche im Erbgut der Krebszellen und verhindern so, dass diese sich weiter teilen. Doch ein Teil der Zellen kann sich wieder erholen. „Deren Anteil verringert sich, wenn wir mit höheren Einzeldosen bei gleichzeitig reduzierter Gesamtdosis bestrahlen“, so die Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Studien aus Großbritannien, Kanada und Dänemark zeigen, dass durch diese sogenannte Hypofraktionierung die Behandlungszeit bei gleicher Heilungschance von den herkömmlichen fünf bis sechs Wochen auf drei bis vier Wochen reduziert werden kann
Da sich ein Rückfall in einer behandelten Brust meist am Ort des ursprünglichen Tumors entwickelt, bestrahlen Radioonkologen bei einigen Patientinnen heute nur noch Teile der Brust. Professor Wenz: „Das verringert die Belastung für das gesunde Gewebe. Zudem wird auch hier die Therapiezeit wesentlich verkürzt.“ Diese beschleunigte Teilbrustbestrahlung, auch „Accelerated Partial Breast Irradiation“ (APBI) genannt, findet bei manchen Patientinnen schon während der Tumoroperation statt. Aktuelle Studien zeigen, dass hiervon vor allem Patientinnen über 70 Jahre profitieren, die einen kleinen Tumor haben.
Tagungspräsidentin Petersen bilanziert: „Für unsere Patientinnen sind die neuen Bestrahlungstechniken und die individualisierten Konzepte von Vorteil, denn wir verkürzen die Dauer der Behandlung bei gleichguten Ergebnissen und teilweise sogar noch geringeren Nebenwirkungen.“
Literatur:
Professor Dr. med. Frederik Wenz: Redemanuskript der DEGRO-Pressekonferenz vom 25. Juni 2015
Terminhinweise:
Pressekonferenz anlässlich der 21. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie
Termin: Donnerstag, 25. Juni, 11:00 bis 12:00 Uhr
Ort: CCH – Congress Center Hamburg, Büro 36/37
Anschrift: Marseiller Straße, 20355 Hamburg
Streitgespräch
S02 - Kontroversen in der Therapie des Mammakarzinoms: Therapie bei axillären Lymphknotenmetastasen, Hypofraktionierung
Vorsitz: W. Budach (Düsseldorf), M.-L. Sautter-Bihl (Karlsruhe)
Termin: Freitag, 26. Juni 2015, 10:45 bis 12:15 Uhr
Ort: CCH – Congress Center Hamburg, Saal 2
Anschrift: Marseiller Straße, 20355 Hamburg
Vortragssitzung
V11 - Mammakarzinom & Gynäkologische Tumoren
Vorsitz: S.U. Pigorsch (München), D. Krug (Heidelberg), F. Würschmidt (Hamburg)
Termin: Sonntag, 28. Juni 2015, 10:00 bis 11:30 Uhr
Ort: CCH – Congress Center Hamburg, Saal 6
Anschrift: Marseiller Straße, 20355 Hamburg
Weitere Informationen zur Tagung und das wissenschaftliche Programm finden Sie im Internet unter http://www.degro.org/degro2015.
Zur Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
Kontakt für Journalisten:
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V.
Kongress-Pressestelle
Dagmar Arnold / Stefanie Schweigert
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: +49 (0)711 8931-380/-649
arnold@medizinkommunikation.org
schweigert@medizinkommunikation.org
http://www.degro.org/degro2015
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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