Noch bis vor wenigen Jahren galt besonders bei Kindern mit familiärem Allergierisiko die Empfehlung, hochallergene Nahrungsmittel wie Hühnerei, Erdnuss oder Baumnüsse erst spät in die Ernährung einzuführen. Nun wurde in einer in England durchgeführten Untersuchung gezeigt, dass die frühe Einführung von Erdnüssen in die Säuglingsernährung zwischen dem vollendeten 4. und 11. Lebensmonat zu einer deutlichen Reduzierung der Häufigkeit von Erdnussallergien führen kann. Zurzeit vollkommen unklar ist jedoch, welche Nahrungsmittel früh und regelmäßig gegeben werden sollten.
Über Jahrzehnte hinweg lautete die Empfehlung von Allergologen, hoch allergieauslösende Nahrungsmittel, wie z. B. Erdnüsse, zur Vorbeugung von Nahrungsmittelallergien zu meiden. Die Empfehlung galt besonders für Säuglinge und Kinder mit einem erhöhten familiären Allergierisiko. Gerade diese Vorsicht könnte aber möglicherweise eher zu einer Zunahme der Allergien führen, wie eine in England durchgeführte Studie anhand der frühen Einführung von Erdnüssen in die Säuglingsernährung zeigt (www.leapstudy.co.uk).
Die Ergebnisse der so genannten LEAP-Studie (Learning Early About Peanut) deutet darauf hin, dass die frühe Einführung von Erdnüssen in die Säuglingsernährung zwischen dem vollendeten 4. und 11. Lebensmonat zu einer deutlichen Verminderung der Rate an Erdnussallergien führen kann. Die Wissenschaftler vermuten, dass der kindliche Magen-Darm-Trakt im ersten Lebensjahr durch eine regelmäßige Auseinandersetzung mit Nahrungsmitteln eine Toleranz statt einer allergischen Immunantwort entwickeln könnte. Laut Dr. Lars Lange, einer der beiden Koordinatoren der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Nahrungsmittelallergie der GPA, ist jedoch zurzeit noch gänzlich ungeklärt, welche Nahrungsmittel früh und regelmäßig gegeben werden sollten. Darüber hinaus bestehe bei Gabe zum Beispiel von Erdnüssen oder anderen Nüssen bei kleinen Kindern die Gefahr der Aspiration, was zu lebensbedrohlichen Erstickungsereignissen führen könne. Sinnvolle Zubereitungen hoch allergener Nahrungsmittel als Alternative stünden für dieses Alter jedoch kaum zur Verfügung.
Im Rahmen der Studie wurden nur Kinder untersucht, die unter einer ausgeprägten Neurodermitis litten, also Kinder mit einem bekannt erhöhten Risiko für eine Nahrungsmittelallergie. Daher lassen sich die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf gesunde Kinder übertragen. Darüber hinaus zeigte sich, dass ein recht großer Teil der an Neurodermitis erkrankten Kinder (ca. 10%) bereits vor dem ersten Kontakt mit Erdnüssen allergisch waren und auf die erste Gabe mit Allergiesymptomen reagierten.
Noch gravierender war das Risiko allergischer Reaktionen in einer zuvor veröffentlichten Studie aus Australien, bei der ebenfalls das Prinzip der frühen Einführung, allerdings mit Hühnerei getestet wurde. Hierbei erhielten Kinder mit Neurodermitis bereits im Alter von 4 Monaten Hühnerei. Ziel der der Untersuchung war, eine Hühnereiallergie, die in Australien besonders häufig ist, zu verhindern. Diese Studie wurde von den Initiatoren vorzeitig abgebrochen, weil zu viele Kinder bereits beim ersten Kontakt mit Hühnereiweiß zum Teil schwere allergische Symptome zeigten.
Die notwendige Konsequenz vor der frühen Einführung bestimmter Nahrungsmittel wäre also, alle Kindern mit Neurodermitis vorsorglich vor dem ersten Kontakt einem Allergietest zu unterziehen und bei den Allergietest-positiven Kindern orale Nahrungsmittelprovokationen durchzuführen, ein teures und zeitaufwändiges Prozedere.
Trotz der ermutigenden Ergebnisse ist die Zeit für einen Paradigmenwechsel noch nicht gekommen, so Prof. Bodo Niggemann, Koordinator der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Nahrungsmittelallergie der GPA. Im Moment laufen in Deutschland und weltweit weitere Studien zur frühen Beikosteinführung von bisher vermiedenen Nahrungsmitteln. Bis zum Vorliegen der Studienergebnisse sind seriöse Empfehlungen hinsichtlich der Einführung potentiell allergener Nahrungsmittel nicht möglich. Wenn Kinder aber einen Kontakt mit Nüssen oder Erdnuss zum Beispiel in Form von Brotaufstrichen bereits problemlos vertragen, sollten diese Nahrungsmittel regelmäßig verabreicht werden, um dem Körper die Möglichkeit zur Toleranzentwicklung zu erhalten.
Wissenschaftliche Arbeitsgruppe Nahrungsmittelallergie der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V. (GPA)
Dr. med. Lars Lange, Bonn
Prof. Dr. med. Bodo Niggemann, Berlin
http://www.leapstudy.co.uk LEAP Studie
http://www.gpau.de/mediathek/pressemitteilungen/ Pressemitteilungen der GPA
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, wissenschaftliche Weiterbildung
Deutsch
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