idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.08.2015 08:21

Trotz positivem Trend: zu wenig Personal in Kitas

Maria Droop Pressestelle
Bertelsmann Stiftung

    Drei Kinder oder sechs? Das Betreuungsverhältnis in einer Kita sagt viel über deren pädagogische Qualität – und über die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher. Diese sind vielfach belastet durch ungünstige Personalschlüssel, befristete Arbeitsverträge und besonderen Zeitdruck für Teilzeitkräfte.

    FRÜHKINDLICHE BILDUNG

    Trotz positivem Trend: zu wenig Personal in Kitas

    Drei Kinder oder sechs? Das Betreuungsverhältnis in einer Kita sagt viel über deren pädagogische Qualität – und über die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher. Diese sind vielfach belastet durch ungünstige Personalschlüssel, befristete Arbeitsverträge und besonderen Zeitdruck für Teilzeitkräfte.

    Gütersloh, 24. August 2015. Jahrelang stand in Deutschlands Kindertageseinrichtungen der quantitative Ausbau der Betreuungsplätze im Vordergrund, jetzt wird auch stärker in Qualität investiert. Dem aktuellen "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme" zufolge haben sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre die Betreuungsverhältnisse in fast jedem Bundesland verbessert. Derzeit kommen auf eine vollzeitbeschäftigte Kita-Fachkraft durchschnittlich 4,4 ganztags betreute Krippenkinder oder 9,5 Kindergartenkinder. Zwei Jahre zuvor war eine Erzieherin durchschnittlich noch für 4,8 Krippen- oder 9,8 Kindergartenkinder zuständig.

    Während der Anspruch auf einen Kita-Platz per Bundesgesetz geregelt ist, sind die konkreten Rahmenbedingungen Ländersache. Das führt zu erheblichen Unterschieden in der Betreuungsqualität. Die besten Personalschlüssel haben inzwischen die Kitas in Baden-Württemberg. 3,1 Krippenkinder und 7,7 Kindergartenkinder kommen hier auf eine Erzieherin. Das ist der bundesweit günstigste Wert und bedeutet eine deutliche Verbesserung gegenüber 2012, als die Personalschlüssel 1 zu 3,5 und 1 zu 8,6 betrugen.

    Baden-Württemberg top

    Baden-Württemberg hat damit fast die Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung für ein kindgerechtes Betreuungsverhältnis erreicht. Demzufolge sollte eine Erzieherin für höchstens drei unter Dreijährige oder 7,5 Kinder ab drei Jahren zuständig sein. Das tatsächliche Betreuungsverhältnis im Kita-Alltag fällt ohnehin ungünstiger aus als der Personalschlüssel, weil Erzieherinnen mindestens ein Viertel ihrer Zeit für Team- und Elterngespräche, Dokumentation und Fortbildung aufwenden.

    In Qualität investiert haben auch Hamburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, deren Personalschlüssel erkennbar günstiger ausfallen als zwei Jahre zuvor. Während Rheinland-Pfalz damit im Mittelfeld der westlichen Bundesländer bleibt, ist Hamburg bei den U3-Kindern (1 zu 5,1) nach wie vor Schlusslicht im Westen. Auch in Sachsen-Anhalt (1 zu 6,4) steht die Aufholjagd noch am Anfang. Ungünstiger ist das Betreuungsverhältnis nur in Sachsen (1 zu 6,5). „Die Personalschlüssel sind längst noch nicht überall kindgerecht und pädagogisch sinnvoll, aber der Trend ist positiv“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

    Starkes Ost-West-Gefälle

    In den östlichen Bundesländern (1 zu 6,1) müssen sich Erzieherinnen generell um deutlich mehr U3-Kinder kümmern als im Westen (1 zu 3,6). Die Personalschlüssel für die Kindergartengruppen sind in den westlichen Bundesländern im Durchschnitt ebenfalls besser (West 1 zu 8,9; Ost 1 zu 12,4). Dafür ist der Anteil der Kinder unter drei Jahren in Kitas in den östlichen (46,6 Prozent) erheblich höher als in den westlichen Bundesländern (22,7 Prozent).

    Ungünstige Personalschlüssel wirken sich nicht nur für die Kinder negativ aus, sondern erhöhen auch die Belastung der Kita-Fachkräfte. Das haben kürzlich Wissenschaftlerinnen der Alice Salomon Hochschule Berlin nachgewiesen. Folge sind hohe gesundheitliche Risiken für diese Berufsgruppe. Die Bertelsmann Stiftung hat deshalb in ihrem diesjährigen „Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ die strukturellen Arbeitsbedingungen analysiert.

    Einer der Befunde lautet: In kaum einem Bundesland ist derzeit klar geregelt, wie viel Arbeitszeit für Aufgaben neben der eigentlichen pädagogischen Arbeit mit den Kindern reserviert ist. Team- und Elterngespräche, Dokumentation und Fortbildung machen in der Praxis mindestens ein Viertel der Aufgaben einer Erzieherin aus. Während Vollzeitkräfte hierfür in der Regel ausreichend Zeit einplanen können, geraten die Teilzeitkräfte unter Druck. Immerhin 41 Prozent des Kita-Personals arbeitet weniger als 32 Stunden wöchentlich. Deren Arbeitszeit wird in den Kitas häufig komplett für die eigentliche Kinderbetreuung eingeplant, trotzdem warten die anderen Aufgaben auf Erledigung.

    Für eine Branche, die über hohen Fachkräftemangel klagt, ist zudem der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse erstaunlich hoch. Obwohl unbefristete Arbeitsverhältnisse gemeinhin die Bindung an einen Arbeitgeber stärken, haben 41 Prozent der ausgebildeten Fachkräfte unter 25 Jahren ein befristetes Arbeitsverhältnis. Auch unter den Inklusionsfachkräften ist jede Dritte nur mit einem Zeitvertrag ausgestattet. Lediglich die Kita- und Gruppenleitungen werden als Stammpersonal fast durchgängig unbefristet beschäftigt.

    "Angesichts der konstant hohen Unterschiede zwischen den Bundesländern werden bundeseinheitliche Qualitätsstandards für Kindertagesbetreuung immer drängender", sagte Dräger. Dort könnten neben Fachkraft-Kind-Relationen auch Zeitbudgets für Aufgaben wie Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit sowie Standards für berufsbegleitende Beratung der pädagogischen Fachkräfte festgelegt werden.

    Zusatzinformationen

    Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitors sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken sowie einer Befragung aller zuständigen Fachministerien der Bundesländer durch die Bertelsmann Stiftung. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2014. Die Berechnungen hat der Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut / Technische Universität Dortmund durchgeführt. Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen finden sich unter www.laendermonitor.de. Zudem liefert der Ländermonitor für jedes Bundesland ein Profil seines frühkindlichen Bildungssystems.

    Unsere Expertinnen: Anette Stein, Telefon: 0 52 41/81 81 274
    E-Mail: anette.stein@bertelsmann-stiftung.de

    Kathrin Bock-Famulla, Telefon: 0 52 41/81 81 173
    E-Mail: kathrin.bock-famulla@bertelsmann-stiftung.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bertelsmann-stiftung.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).