Unter Stress neigen Menschen dazu, in Gewohnheiten zu verfallen und weniger Neues auszuprobieren. Dass das nicht nur auf Erwachsene zutrifft, sondern auch auf Kleinkinder berichten Psychologinnen und Psychologen der Ruhr-Universität Bochum und Technischen Universität Dortmund in der Zeitschrift PNAS.
Ungewohnte Alltagssituationen lassen Stresshormon Cortisol ansteigen
Dr. Sabine Seehagen aus Bochum und Prof. Dr. Norbert Zmyj aus Dortmund untersuchten mit ihren Kolleginnen 26 Kleinkinder im Alter von 15 Monaten, die eine Lernaufgabe absolvierten. Ungefähr die Hälfte der Kinder erfuhr zuvor stressige Situationen, wie sie im Alltag vorkommen können: Eine unbekannte Person setzte sich neben sie, ein Tanzroboter spielte laute Musik und bewegte sich, die Eltern verließen für maximal vier Minuten den Raum. Das bewirkte einen Anstieg des Stresshormons Cortisol. Die Kinder in der Kontrollgruppe spielten in der gleichen Zeit mit ihren Eltern.
Gestresste Kinder testen kaum alternative Verhaltensweisen
Dann bekamen die Kinder eine Box mit zwei Lampen präsentiert und lernten, dass eine von ihnen bei Druck rot leuchtete, die andere blau. Sie durften eine der Lampen so häufig drücken, wie sie wollten, während der Zugang zu der anderen Lampe gesperrt war. Beim folgenden Test hatten die Kinder die Wahl, sich mit beiden Lampen zu beschäftigen, jedoch leuchtete keine davon mehr auf. Obwohl die Lampe nicht mehr funktionierte, drückten Kinder in der Stressgruppe dennoch immer weiter auf diejenige Lampe, an die sie sich zuvor gewöhnt hatten. Kinder in der Kontrollgruppe hingegen zeigten ein flexibleres Verhalten und probierten signifikant häufiger die andere Lampe aus.
Versuchsdesign von Erwachsenenstudien für Kinder angepasst
Für Erwachsene ist inzwischen gut belegt, dass Stress Gewohnheitsverhalten fördert und die kognitive Flexibilität verringert. Das Team aus Bochum und Dortmund passte ein Versuchsdesign aus Erwachsenenstudien an, so dass die Forscher gleiche Zusammenhänge auch bei Kleinkindern analysieren konnten. „Wenn Kleinkinder wiederholt Stress ausgesetzt sind und deshalb keine alternativen Verhaltensweisen ausprobieren, könnte sich das negativ auf ihren Wissenserwerb auswirken“, sagt Sabine Seehagen. „Der Effekt sollte in weiteren Studien genauer untersucht werden.“
Titelaufnahme
S. Seehagen, S. Schneider, J. Rudolph, S. Ernst, N. Zmyj (2015): Stress impairs cognitive flexibility in infants, PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1508345112
Weitere Informationen
Dr. Sabine Seehagen, Arbeitseinheit Klinische Kinder- und Jugendpsychologie, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum, Bochumer Fenster 3/ 10, Massenbergstraße 9-13, 44787 Bochum, Tel. 0234/32-28537; E-Mail: sabine.seehagen@rub.de
Prof. Dr. Norbert Zmyj, Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie, Fakultät 12 Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie, TU Dortmund, Emil-Figge-Str. 50, 44227 Dortmund, Tel. 0231/7556571, E-Mail: norbert.zmyj@tu-dortmund.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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