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07.10.2015 14:26

Spezial-Tageskliniken für psychosomatische Störungen am Uniklinikum Dresden nun in eigenen Räumen

Holger Ostermeyer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Somatoforme Störungen – also körperliche Beschwerden ohne organische Ursachen – sowie Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter. Sie werden in den beiden der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden zugehörigen Spezial-Tageskliniken behandelt. Nachdem die Patienten bisher in verschiedenen, auf dem Klinikumsgelände verteilten Räumen behandelt wurden, steht ihnen nun ein eigener Bereich zur Verfügung. Nach einer Aufbauphase, die im Februar begann, nehmen die Tageskliniken jetzt im Oktober den Vollbetrieb auf.

    Durch den zentralen Behandlungsort können die Therapeuten den Patienten nun längere Wege auf dem Campus ersparen. Für das Angebot der Tageskliniken, das sich aus Einzel-, Gruppen- und Spezialtherapien sowie Vor- und Nachgesprächen zusammensetzt, gibt es erheblichen Bedarf. Und auch die Erfolgsquote der teilstationären Behandlung ist überdurchschnittlich: Ein Großteil der Patienten schafft es, dank der Therapie wesentliche, durch ihr seelisches Leiden bedingte Einschränkungen hinter sich zu lassen.

    Die Ausbildung von Angst- oder somatoformen Störungen ist nur zum geringen Anteil genetisch bedingt. Vor allem psychosoziale Belastungen tragen dazu bei, dass Angst- oder somatoforme Störungen entstehen. So stellen die Therapeuten bei überproportional vielen Betroffenen unsichere Bindungserfahrungen – etwa zu den Eltern – fest. „Psychosomatische Störungen sind zumeist Ausdruck ungelöster Konflikte, die stark mit der eigenen Biographie zusammenhängen und verschiedenste Ängste oder somatoforme Störungen wie etwa Schwindelgefühle auslösen können. Im Zentrum der Behandlung steht daher, diese verborgenen Konflikte den Patienten bewusst zu machen“, erklärt Prof. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik. Dies geschieht unter anderem in Form einer individuellen Biographiearbeit. Mit dieser strukturierten Form der Selbstreflexion lernen sich die Patienten aus einer anderen Perspektive kennen. Mit den Therapeuten und der Gruppe, erschließen sie sich die durchlebten, oft aber noch zu bewältigenden Konflikte.

    Patienten werden behutsam an Ängste herangeführt
    Patienten, die unter Angststörungen leiden, sind in ihrem Alltag massiv eingeschränkt. Oft fällt es den Betroffenen schwer, ihren Beruf auszuüben oder soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Ein gutes Beispiel ist dafür die Angst, eine Brücke zu überqueren. In der Regel baut sich diese Angst langsam auf – beginnend mit einem Gefühl des Unwohlseins entwickelt sich ein massives Gefühl, dass es dem Betroffenen schließlich unmöglich macht, die Brücke noch zu überqueren. Die Folge kann für einen Dresdner Angstpatienten sein, dass er seinen Arbeitsplatz nicht mehr erreichen kann oder auf den Besuch von Verwandten und Freunden verzichtet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die Angststörung behandlungsbedürftig. Der Weg aus dieser seelisch bedingten Einschränkung führt nach den am Anfang der Behandlung stehenden Therapiesitzungen zur sogenannten Exposition. Therapeut und Patient nähern sich in der Regel in kleinen Schritten der die Angst auslösenden Situation. Beim Beispiel der Angst vorm Überqueren einer Brücke, geht der behandelnde Psychotherapeut mit dem Patienten zu einem solchen Bauwerk. Der Betroffene lernt so, mit der aufkommenden Panik bewusst umzugehen. Diese Form der Therapie ist sehr zeit- und personalaufwändig.

    „Eine Möglichkeit vor der tagesklinische Behandlung ist die Teilnahme in einer ambulanten Vorbereitungsgruppe, in der bereits ein erster Austausch mit anderen Patienten über den Umgang mit Angstsituationen möglich ist“, erklärt Dr. René Noack, Leiter der Angst-Tagesklinik. „Im Rahmen unserer fünfwöchigen teilstationären Gruppen- und Einzeltherapie behandeln wir werktags acht Patienten, die sich intensiv mit Ihrer Störung auseinandersetzen. Auch nach der Therapie lassen wir unsere Patienten nicht allein und bieten ihnen Hilfe im Rahmen einer ambulanten Nachsorgegruppe. Sie hilft, den Therapieerfolg zu stabilisieren. Außerdem gehören sogenannte ‚Boosterwochen‘ zu unserem Therapiekonzept. In den dreiwöchigen teilstationären Programmen werden nach sechs bis zwölf Monaten die Erkenntnisse der Therapie erneut ins Bewusstsein gerückt.“

    Somatoforme Störungen bleiben lange unentdeckt
    Schmerzen und zum Beispiel starke Schwindelgefühle oder andere körperliche Symptome ohne eine erkennbare körperliche Ursache bezeichnen Experten als somatoforme Störungen. Nahezu alle Patienten haben eine Ärzte-Odyssee hinter sich, bevor sie die Hilfe eines Experten der Psychosomatik annehmen können. Drei bis fünf Jahre sind dabei keine Seltenheit. Denn die Betroffenen verdrängen, dass es sich um ein seelisches Problem handeln könnte und konsultieren weitere Ärzte, um nach möglichen körperlichen Ursachen zu suchen.

    Auch die Tagesklinik für Somatoforme Störungen setzt auf einen Behandlungsdreiklang. Nach zwei umfangreichen Voruntersuchungen und sogenannten Probetherapien beginnt für acht Teilnehmer eine teilstationäre Therapie mit einem enggesteckten Stundenplan. Im Rahmen von Einzel- und Gruppengesprächen, Körper- und Kunsttherapien, Genuss- und sozialen Kompetenztrainings sowie weiteren Therapieeinheiten lernen die Betroffenen ein neues Körperbewusstsein zu entwickeln. „Nach Abschluss der sechswöchigen Therapie beschreibt eine Vielzahl der Patienten einen Rückgang der Beschwerden. Durch intensive Nachbetreuung im Rahmen eines begleiteten Übergangs in die ambulante Psychotherapie, gefolgt von ‚Boosterwochen‘ bietet die Tagesklinik den Betroffenen ein umfassendes Programm“, erklärt Christoph Schilling, Leiter der Tagesklinik für Somatoforme Störungen. Zusätzlich arbeitet die Tagesklinik interdisziplinär mit dem Universitäts Schmerz Centrum und der Speziellen Orthopädischen Schmerztherapie des Uniklinikums zusammen, um den Patienten frühzeitig Hilfsangebote verschiedener Fachbereiche zur Verfügung zu stellen.

    Behandlungsaussichten
    Die Behandlungsaussichten der beiden Spezialtageskliniken sind vielversprechend. Bei ungefähr zwei Dritteln der Angstpatienten gibt es eine wesentliche Verbesserung der Angstsymptomatik. Auch Patienten mit somatoformen Störungen verspüren nach der ersten Behandlung ein deutliches Nachlassen der Beschwerden und der allgemeinen psychischen Belastungen. Die Betroffenen werden am Uniklinikum umfassend betreut. Fünf Ärzte und Psychologen verantworten gemeinsam mit vier psychologischen Nachwuchstherapeuten die Einzel- und Gruppentherapien.

    Informationsveranstaltung „Alles unter Dach und Fach“
    Im Rahmen einer Veranstaltung informieren sich heute, am 7. Oktober, Experten über die Arbeit der Spezialtageskliniken. Begleitet wird der Besichtigungstermin von einem wissenschaftlichen Programm, das über die Therapiemöglichkeiten bei psychosomatischen Störungen informiert.

    Kontakt
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
    Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik
    Direktorin: Prof. Dr. med. Kerstin Weidner
    Tel. (Sekretariat): 0351/ 458 70 89
    E-Mail: kerstin.weidner@uniklinikum-dresden.de


    Weitere Informationen:

    http://www.psychosomatik-ukd.de/patienteninformation/tageskliniken/tagesklinik-f...
    http://www.psychosomatik-ukd.de/patienteninformation/tageskliniken/angst-tageskl...


    Bilder

    Angstpatienten werden je nach Therapiefortschritten mit der die Panik auslösenden Situation ausgesetzt. Bei Höhenangst kann diese sogenannte Exposition zum Beispiel in einem Hochhaus stattfinden.
    Angstpatienten werden je nach Therapiefortschritten mit der die Panik auslösenden Situation ausgeset ...
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches
    Deutsch


     

    Angstpatienten werden je nach Therapiefortschritten mit der die Panik auslösenden Situation ausgesetzt. Bei Höhenangst kann diese sogenannte Exposition zum Beispiel in einem Hochhaus stattfinden.


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