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22.05.2003 17:49

Die DDR im Bild

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    Tagung zur Ikonographie des anderen deutschen Staates

    Die Macht der Bilder ist unter allen Medien die offenkundigste Macht. Bilder sind im 20. Jahrhundert omnipräsent. Die Zeitgeschichtsforschung hat auf die Herausforderung des Visuellen insgesamt nur zaghaft reagiert. Insbesondere wenn es um die Geschichte DDR geht, gilt: Den Bildern des "zweiten deutschen Staates" ist bislang noch wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden. Das wollen Wissenschaftler der Universität Erfurt ändern. Unter Leitung von Prof. Dr. Alf Lüdtke und Dr. Karin Hartewig von der Arbeitsstelle für Historische Anthropologie des Max-Planck-Institutes für Geschichte an der Universität findet vom 22. bis 24. Mai 2003 in Erfurt eine Tagung "Die DDR im Bild. Zur Ikonographie des anderen deutschen Staates" statt.

    "Die Veranstaltung will einen Beitrag zur interdisziplinären Verankerung einer Bildgeschichte der DDR leisten", so die Initiatoren der Tagung. Aus Anlass des fünfzigsten Jahrestages des 17. Juni 1953 soll der Frage nachgegangen werden, welche öffentlichen, privaten und geheimen Fotografien von der Staatsgründung bis zum Mauerfall in der DDR in Umlauf waren. Die geplante Tagung soll einen Beitrag leisten zur Erhellung ihrer Bildwelten, und sie wendet sich der Frage zu, was über die DDR, die als "Diktatur", "Erziehungsdiktatur", "Polizeistaat", "durchherrschte Gesellschaft", "arbeiterliche Gesellschaft" oder "Nischengesellschaft" ganz unterschiedlich charakterisiert wird, aus ihren Fotografien zu erfahren ist. Welchen visuellen Inszenierungen von Staat und Gesellschaft waren die Bürger der DDR, die die SED "unsere Menschen" nannte, ausgesetzt, und welche Bilder produzierten sie selbst? Welcher Ästhetik folgten Fotos im Dienste des oktroyierten gesellschaftlichen Konsenses, der sich zwischen den Pathosformeln "Antifaschismus", "Aufbau- und Übergangsgesellschaft", "Arbeiter- und Bauernstaat" und "Kulturnation" bewegte? Die Tagung fragt nach Bildern, die "Geschichte machten", nach repräsentativen Bildern, die den Konsens des Sozialen ausdrücklich und ganz augenfällig visualisierten, aber auch nach abseitigen, privaten Bildern, die diesen Konsens bekräftigten oder ungewollt oder absichtsvoll unterliefen und schließlich nach den Sichtweisen der Betrachter auf solche Fotografien.

    Unwillkürlich kommt DDR-Bürgern bei der Frage nach bekannten Fotos die Aufnahme der "Kampfgruppen der Arbeiterklasse" in den Sinn, die im August 1961 in Uniform und bewaffnet am Brandenburger Tor Aufstellung nahmen und - die Reihe fest geschlossen - in Richtung Westen blickten. Sie wurden zum Symbol der Verteidigungsbereitschaft des "antifaschistischen Schutzwalls" Oder man denkt an den berühmten Bergarbeiter Adolf Hennecke, der zum Wohle des sozialistischen Aufbaus bereits 1947 freiwillig die Arbeitsnorm um 387 Prozent überschritt und sich auf diese Weise als sozialistischer Held an die Spitze der Aktivistenbewegung setzte. Zweifellos wurden diese Fotos zu Ikonen der frühen DDR, nicht allein weil sie den dramatischen Kern einer Parabel bildeten, die perfekt zu den politischen Argumenten passte, sondern auch weil die Bildkomposition "stimmte" und weil die Fotos wieder und wieder gezeigt wurden - wie der berühmte Händedruck Wilhelm Piecks und Otto Grotewohls auf dem Vereinigungsparteitag der SED, den Fotografen wie Herbert Hensky und Abraham Pisarek wirkungsvoll ins Bild setzten.

    In sieben Sektionen werden im Begegnungszentrum "Kleine Synagoge" bis Samstag einschlägige Aspekte einer Bildgeschichte der DDR thematisiert. "Die sozialistische Stadt" - ein Hauptthema der DDR-Fotografie - steht am Anfang. "Öffentliche Bilder" spannen einen Bogen von den politischen Plakaten über den Personenkult im Tod und die visuelle Konstruktion nationaler Identität bis zur Präsentation des Wartburg, einem Leitproduktes deutscher Wertarbeit, made in GDR. Die Sektion "Helden" wendet sich der DDR als vermeintlich heroischer Gesellschaft zu, deren Sieger (der Geschichte) - als sozialistische Helden, Diplomaten im Trainingsanzug und sowjetische Soldaten - in der Propaganda strahlend dargestellt wurden. Die Sektion "Selbst- und Fremdporträts" konzentriert sich exemplarisch auf Mauerfotos - Doppelbilder von Ost und West aus - von denen einige zu Ikonen wurden. Die Rubriken "Sozialistische Wachsamkeit" und "Bilder der Arbeit" stehen am Ende der Tagung.

    Die Teilnahme ist nur für geladenes Fachpublikum möglich. Medienvertreter wenden sich bei Interesse an die Pressestelle der Universität.


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-erfurt.de/anthropologie/ddr_im_bild/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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