idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.10.2015 20:00

Neue Architektur für Quantencomputer

Dr. Christian Flatz Büro für Öffentlichkeitarbeit und Kulturservice
Universität Innsbruck

    Theoretiker aus Innsbruck schlagen einen Bauplan für einen skalierbaren Quantencomputer vor. Das von Wolfgang Lechner gemeinsam mit Philipp Hauke und Peter Zoller entwickelte, neue Modell beseitigt grundlegende Einschränkungen der Programmierbarkeit bisheriger Ansätze und öffnet den Weg zur Lösung sehr allgemeiner Optimierungsprobleme mit Hilfe der Quantenmechanik.

    Die Entwicklung eines Quantencomputers, der manche Aufgaben sehr viel effizienter lösen kann als klassische Computer, hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Heute können Physiker im Labor sehr gezielt Quantenbits erzeugen, sie kontrollieren und mit ihnen einfache Rechnungen durchführen. Für den praktischen Einsatz sind dabei besonders sogenannte „adiabatische“ Quantencomputer sehr interessant. Diese sind dafür konzipiert, Optimierungsprobleme zu lösen, die am herkömmlichen Computer nicht mehr machbar sind. Allen bisherigen Konzepten für diese Art von Quantencomputer ist allerdings gemeinsam, dass sie die Quantenbits direkt in Verbindung bringen müssen, um über deren Wechselwirkungen ein Programm ablaufen zu lassen. Die möglichen Wechselwirkungen und damit die Rechenschritte sind aber durch die räumliche Anordnung der Quantenbits beschränkt. „Die Programmiersprache in diesen Systemen ist die Wechselwirkung zwischen den physikalischen Quantenbits. Sie ist durch die Hardware vorgegeben. Damit unterliegenden alle diese Ansätze einer sehr grundlegenden Einschränkung, wenn es darum geht einen voll programmierbaren Quantencomputer zu bauen“, erklärt Wolfgang Lechner vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck.

    Quantencomputer wird frei programmierbar

    Gemeinsam mit Philipp Hauke und Peter Zoller hat Lechner einen gänzlich neuen Weg eingeschlagen. Die Theoretiker am Quantenphysik-Standort Innsbruck umgehen die Einschränkungen durch die Hardware, indem sie die Programmierung des Quantencomputers von der Ebene der physikalischen Quantenbits lösen und neue Quantenbits einführen. Die physikalischen Quantenbits repräsentieren jeweils ein Paar von logischen Quantenbits und können über lokale Felder angesteuert werden. Bei Atomen oder Ionen sind das zum Beispiel elektrische Felder, bei supraleitenden Quantenbits Magnetfelder. „Die logischen Quantenbits können über diese Felder frei programmiert werden“, erklärt Mitautor Philipp Hauke vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck. „Damit wird nicht nur die Beschränkung durch die Hardware umgangen, sondern auch die technologische Umsetzung skalierbar.“

    Eingebaute Fehlerkorrektur

    Weil in der vorgeschlagenen Architektur die Anzahl der Freiheitsgrade ansteigt – was auch zu nichtphysikalischen Lösungen führen würde –, ordnen die Physiker die Quantenbits räumlich so an, dass jeweils vier von ihnen lokal wechselwirken. „Damit sorgen wir dafür, dass nur noch physikalische Lösungen möglich sind“, erklärt Wolfgang Lechner. Das Ergebnis eines Rechenvorgangs wird in mehreren physikalischen Quantenbits gleichzeitig gespeichert. „Die Lösung liegt in redundanter Form vor. Damit ist unser Modell auch gleichzeitig fehlertolerant“, freut sich Lechner. Umgesetzt werden kann die neue Architektur auf allen Quantenbit-Plattformen: von supraleitenden Schaltkreisen bis zu ultrakalten Gasen in optischen Gittern. „Unser Ansatz erlaubt auch den Einsatz von Technologien, die bisher für diese Art der Quanteninformationsverarbeitung nicht genutzt werden konnten“, sagt der Physiker, der nun gemeinsam mit Hauke und Zoller das neue Modell in der Fachzeitschrift Science Advances vorstellt. In der Wissenschaftsgemeinde und darüber hinaus stößt es bereits auf großes Interesse. „Der Schritt von mechanischen Rechenmaschinen zu freiprogrammierbaren Computern hat vor 80 Jahren das IT-Zeitalter eingeleitet, heute stehen wir in Hinblick auf die Quanteninformationsverarbeitung an einem ähnlichen Punkt“, zeigt sich Peter Zoller überzeugt.

    Die neue Architektur für Quantencomputer wurde Anfang dieses Jahres auch als Patent eingereicht. Finanziell unterstützt wurden die Arbeiten vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und dem europäischen Forschungsrat ERC.

    Publikation: A quantum annealing architecture with all-to-all connectivity from local interactions. W. Lechner, P. Hauke, P. Zoller. Science Advances 1, e1500838 (2015).
    doi:10.1126/sciadv.1500838

    Rückfragehinweis:
    Wolfgang Lechner
    Institut für Quantenoptik und Quanteninformation
    Österreichische Akademie der Wissenschaften
    Tel.: +43 512 507 4788
    E-Mail: Wolfgang.Lechner@uibk.ac.at

    Christian Flatz
    Öffentlichkeitsarbeit
    Universität Innsbruck
    Tel.: +43 512 507 32022
    Mobil: +43 676 872532022
    E-Mail: Christian.Flatz@uibk.ac.at


    Weitere Informationen:

    http://dx.doi.org/10.1126/sciadv.1500838 - A quantum annealing architecture with all-to-all connectivity from local interactions. W. Lechner, P. Hauke, P. Zoller. Science Advances 1, e1500838 (2015) (nach Ablauf der Sperrfrist verfügbar)
    http://www.iqoqi.at - Institut für Quantenoptik und Quanteninformation, Österreichische Akademie der Wissenschaften


    Bilder

    Philipp Hauke, Wolfgang Lechner und Peter Zoller
    Philipp Hauke, Wolfgang Lechner und Peter Zoller
    Quelle: IQOQI/Knabl


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Philipp Hauke, Wolfgang Lechner und Peter Zoller


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).