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23.05.2003 15:04

Studie überprüft Vorsorge für Gebärmutterhalskrebs

Dr. Arnd Schweitzer Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Forscher vergleichen erstmals HPV-Test mit Abstrich unter Alltagsbedingungen

    Gebärmutterhalskrebs und Vorsorge-Situation in Deutschland

    Der Gebärmutterhalskrebs (das Zervix-Karzinom) nimmt nach dem Brustkrebs Platz zwei in der Rangliste der häufigsten bösartigen Veränderungen weiblicher Geschlechtsorgane ein. Seit 1971 existiert ein Vorsorgeprogramm - trotzdem sterben noch heute jährlich 30.000 von 190 Millionen Frauen in Europa an dieser Krebsart, alleine in Deutschland sind es etwa 2.600 Frauen pro Jahr. Zur Vorsorge gehört bei Frauen ab dem 20. Lebensjahr in Deutschland einmal pro Jahr ein Zellulärabstrich vom Gebärmutterhals. Die so gewonnenen Zellen werden nach einer bestimmten Färbemethode (Papanicolaou) unter dem Mikroskop auf Veränderungen untersucht.

    Für diese Veränderungen sind meist Humane Papillomaviren (HPV) verantwortlich - kleine, hüllenlose Viren, von denen Forscher bislang 100 verschiedene Typen entdeckten. Sie infizieren Haut- und Schleimhautzellen und können Warzen verursachen. Am Gebärmutterhals werden diese Viren fast immer durch sexuellen Kontakt übertragen, in den harmloseren Fällen verschwinden sie rasch wieder. Einige Hochrisiko-HPV-Typen wie HPV-16 und HPV-18 richten allerdings weitaus schlimmeren Schaden an. Eine andauernde Infektion von 12 bis 18 Monaten mit diesen Virus-Typen erhöht das Risiko um den Faktor 300 an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Bereits in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erkannten Forscher der Heidelberger Arbeitsgruppe um Professor Dr. Harald zur Hausen einen Zusammenhang zwischen den als Warzenviren bekannten HPV und Gebärmutterhalskrebs.

    Von einer HPV-Infektion bis zum Karzinom dauert es mindestens sieben Jahre. Nur bei 10 bis 40 Prozent der Frauen bleibt HPV dauerhaft (CIN I- und CIN II-Vorstufen), wiederum nur bei 10 bis 25 Prozent der länger infizierten Frauen entwickeln sich hochgradige Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs (CIN III). In diesen Fällen entwickelt sich meist ein Tumor.

    Wissenschaftler suchen deshalb nach Methoden, HPV in Zellen des Gebärmutterhalses möglichst frühzeitig und sicher zu erkennen, um gezielte Therapien einleiten zu können und eine bösartige Veränderung der Zellen zu verhindern. Der einzige, bisher nur in den USA zugelassene HPV-Test ist der so genannte HC2. Viele Studien haben bereits die hohe Sensitivität dieses Tests festgestellt: Er weist in fast allen Fällen eine Infektion nach. Die Spezifität des HPV-Tests ist allerdings relativ niedrig, weil er jede HPV-Infektion registriert, auch wenn diese noch harmlos ist.

    Neue Studie vergleicht HPV-Test mit Routineabstrich unter Bedingungen des Vorsorgealltags

    Den HPV-Test erstmals unter Alltagsbedingungen mit dem Routine-Abstrich zu vergleichen - dieses Ziel verfolgte eine Kooperationsstudie mehrerer Zentren, an der das Universitätsklinikum Tübingen und die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) maßgeblich beteiligt sind. Studienleiter in der MHH ist Privatdozent Dr. K.-Ulrich Petry aus der Abteilung Gynäkologische Onkologie. Während frühere Studien den Routine-Abstrich in speziell für die Studie eingerichtete Labore gaben, waren bei der jetzt vorgelegten Studie Routine-Labore beteiligt, die nicht über die Studie informiert wurden - um das Ergebnis nicht zu beeinflussen. Damit haben die Forscher erstmals die reale Vorsorgesituation in einer Studie dokumentiert. Insgesamt beteiligten sich 8.466 Frauen aus Hannover und Tübingen an dieser Erhebung, davon flossen die Ergebnisse von 7908 Frauen in die Veröffentlichung ein. Sie waren mindestens 30 Jahre alt und kamen zur Routineuntersuchung zu ihrem Gynäkologen. Gleichzeitig nahmen die Frauenärzte einen weiteren Abstrich für einen HPV-Test, den die Wissenschaftler in ihren Laboren in Hannover und Tübingen untersuchten. Getestet wurde auf Risiko-HPV-Typen. Zur Kontrolle untersuchte der behandelnde Gynäkologe zusätzlich den Gebärmutterhalskrebs mit Hilfe einer Spiegelung, der Kolposkopie. Das Ergebnis: Der HPV-Test erwies sich als weniger anfällig und brachte ein besseres Ergebnis als die zelluläre Routineuntersuchung. Während der HPV-Test aufgrund seiner geringen Spezifität bei Frauen unter 30 Jahren wenig geeignet ist, bringt er älteren Frauen offensichtlich eine größere Gewissheit. In dieser Gruppe erkannte der HPV-Test fast alle dauerhaften Infektionen, vor allem frühe und bösartige Krebsvorstufen. "Zum Vergleich: Der Routine-Test stellte nicht einmal die Hälfte aller echten Vorstufen des Karzinoms fest. Umgekehrt liefert ein HPV-Test Sicherheit", verdeutlicht Dr. K.-Ulrich Petry den Unterschied. Weist er keine Papillomviren nach, kann eine bösartige Erkrankung ausgeschlossen werden, selbst wenn der Routine-Test ein anderes Ergebnis aufweist.

    Auswirkungen auf die Vorsorge und das Gesundheitssystem

    Lässt sich mit einem HPV-Test eine Infektion ausschließen, können Frauen für mehrere Jahre mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sicher sein, nicht an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Weil die Viren mehrere Jahre benötigen, um nach einer chronischen Infektion zelluläre Veränderungen zu verursachen, ist eine erneute Untersuchung erst nach fünf Jahren erforderlich - und nicht wie beim zellulären Abstrich im Abstand von einem Jahr. Der HPV-Test ist zwar teurer als der Routine-Abstrich - da er aber nicht jährlich eingesetzt wird, ist er langfristig doch eine günstige Alternative. Zudem bringt er Frauen bei wesentlich geringerem Aufwand eine größere Sicherheit, da er eine höhere Sensitivität, besonders für bösartige Geschwulste, aufweist. Der Krebs kann so noch früher erkannt und behandelt werden. Der HPV-Test ist semi-automatisch und weist keinen Interpretations- und nur einen geringen Abnahmefehler auf. "Der HPV-Test könnte die Vorsorge in Deutschland effektiver machen, wenn man ihn bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr einsetzt", zieht Dr. Petry ein Fazit.

    Weitere Informationen geben gerne Privatdozent Dr. K.-Ulrich Petry, Telefon: (0511) 906-3705, E-Mail: kupet@aol.com und Privatdozent Dr. Hans Ikenberg, Telefon: (05042) 940-300, E-Mail: hikenberg@gmx.de.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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