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02.11.2015 15:50

Sehen schützt vor Blindheit nicht

Sabine Maas Presse und Kommunikation
Deutsche Sporthochschule Köln

    „Unaufmerksamkeitsblindheit“ hat auch Auswirkungen im Alltag

    WissenschaftlerInnen des Instituts für Kognitions- und Sportspielforschung der Deutschen Sporthochschule untersuchen Fehler in unserer bewussten Wahrnehmung. Tatsächlich können wir vollkommen „blind“ für auffällige Objekte in unserem direkten Blickfeld sein, wenn diese Objekte unerwartet auftauchen und unsere Aufmerksamkeit gerade von etwas anderem abgelenkt ist.

    Carina Kreitz und ihre Kollegen konnten nun im Rahmen einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG; Antragsteller Prof. Dr. Daniel Memmert) geförderten Studie zeigen, dass das Auftauchen solcher Objekte nicht einmal vollkommen unerwartet sein muss, damit die so genannte "Unaufmerksamkeitsblindheit" entsteht. Selbst wenn vermutet werden konnte, dass ein zusätzliches Objekt auftauchen würde, wurde dieses von der Hälfte der VersuchsteilnehmerInnen nicht bewusst wahrgenommen. Dies scheint immer dann der Fall zu sein, wenn die Eigenschaften des kritischen Objekts (z.B. seine Farbe oder Form) nicht zu den Eigenschaften der Stimuli passen, die gerade im Fokus der Aufmerksamkeit liegen. Wenn die Versuchsteilnehmer also innerhalb einer Aufgabe schwarze Objekte beachten und weiße ignorieren sollten, waren sie viel häufiger „blind“ gegenüber weißen Objekten, die unerwartet zusätzlich auf dem Bildschirm auftauchten, als gegenüber schwarzen Objekten. Ob die unerwartet auftauchenden Objekte dabei vollkommen unerwartet auftauchten oder sogar erwartet werden konnten, spielte für die Entdeckenswahrscheinlichkeit kaum eine Rolle.

    Überträgt man diese Ergebnisse aus dem Labor auf das reale Leben, könnten sie kritische Folgen haben. Ist man z.B. als AutofahrerIn im Straßenverkehr unterwegs und achtet vor allem auf andere Autos, kann es passieren, dass ein Radfahrer oder Fußgänger komplett übersehen wird. Die neuen Befunde legen nahe, dass diese Fehler der bewussten Wahrnehmung auch dann passieren können, wenn man erwartet, dass ein Fahrrad oder ein Fußgänger ins Blickfeld kommen könnte, und sind so auf viele Alltagssituationen übertragbar. Auch Fehler im Bereich der Medizin könnten so erklärt werden: Theoretisch wissen Ärzte, dass unterschiedliche Diagnosen zutreffen können, dass z.B. in einem Hirnbild auch überraschend ein Tumor zu sehen sein könnte. Dennoch kann es passieren, dass solche Objekte übersehen werden, wenn der Arzt seine Aufmerksamkeit auf völlig andere Objekte und Diagnosen richtet.

    Zusätzlich konnten Carina Kreitz und ihre Kollegen in ihrer wissenschaftlichen Studie zeigen, dass interindividuelle Unterschiede in der kognitiven Kapazität das Auftreten von Unaufmerksamkeitsblindheit nicht beeinflussen. Menschen mit besonders hohen kognitiven Fähigkeiten sind also nicht davor gefeit, „blind“ gegenüber unerwartet auftauchenden Objekten zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, der Unaufmerksamkeitsblindheit zum Opfer zu fallen, scheint für alle Personen ungefähr gleich groß zu sein.

    Der Beitrag “The influence of attention set, working memory capacity, and expectations on inattentional blindness” by Carina Kreitz, Philip Furley, Daniel Memmert, Daniel J. Simons wird in Kürze in der wissen¬schaftlichen Fachzeitschrift „Perception“ (www.perceptionweb.com) publiziert werden.

    Kontakt:
    Carina Kreitz (M.Sc.)
    Institut für Kognitions- und Sportspielforschung
    Tel.: +49(0)221 4982-4370
    E-Mail: c.kreitz@dshs-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Psychologie, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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