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04.11.2015 12:10

Psychologische Betreuung von Flüchtlingen dringend notwendig

Konrad Kästner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    In einem Kommentar des im Nature-Verlag erscheinenden Fach-Journals „Molecular Psychiatry“ beschreibt ein Team um Dr. med. Enrico Ullmann von der Medizinischen Klinik III des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus aktuelle Ergebnisse einer Erhebung unter Flüchtlingen in Dresden (DOI: 10.1038/MP.2015.164). Die Daten zeigen, dass 50 Prozent der Personen in der Stichprobe die diagnostischen Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung erfüllen. Besonders die ungenügende psychiatrische Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die aufgrund ihres Alters und der fehlenden Bezugspersonen intensive Hilfe benötigen, beunruhigt die Ärzte und Wissenschaftler.

    Für ihre Untersuchung zogen die Wissenschaftler eine Stichprobe von 23 Flüchtlingen heran, die sich im Rahmen der ehrenamtlichen psychiatrischen/psychosomatischen Sprechstunde vorstellten und die seit Juli in Dresden ankamen. In der Stadt befinden sich derzeit mehr als 1.700 Flüchtlinge, vorrangig aus Syrien und den umliegenden Krisengebieten. Die ärztliche Behandlung für diese Menschen wurde in der Stadt bereits nach zwei Wochen erweitert und schließt gegenwärtig sechs Stunden pro Woche an psychiatrischer Hilfe ein.

    Die sprachliche Barriere beim Umgang mit Flüchtlingen heben Enrico Ullmann, Stefan Bornstein, Julio Licinio und Kollegen als besondere Herausforderung in der psychiatrischen Versorgung hervor. So besteht auch ein Mangel an Dolmetschern – ein klares Hindernis beim Sammeln psychiatrischer klinischer Daten. „Hier hat unsere Arbeitsgruppe vor wenigen Tagen einen Projektantrag namens „SaxMedApp“ beim Freistaat Sachsen eingereicht, um den Ärztinnen und Ärzten zügig eine Lösung an die Hand zu geben“, erläutert Enrico Ullmann. Dabei handelt es sich um eine Applikation (app), die es ermöglicht, audiovisuell anamnestische Angaben digital vor dem Arztkontakt auf einem Tablet zu erfassen.

    Zusätzlich suchen die Forscher nach möglichen diagnostischen Markern wie Haarsteroiden oder epigenetischen Kandidaten (FKBP5), die unter Umgehung der sprachlichen Barriere Rückschlüsse auf seelische Traumata zulassen. Auch hier hat die Arbeitsgruppe soeben eine Veröffentlichung in Arbeit, die die Zusammenhänge zwischen Haarsteroiden und mentalen Belastungen sowie Sport aufzeigen.

    Ullmann und Kollegen weisen darauf hin, dass auch wenn alle Flüchtlinge Trauma und Stress erfahren, einige für das Entwickeln geistiger Krankheit verwundbarer sind als andere. In Anbetracht beschränkter Mittel empfehlen die Autoren, dass die Behandlung psychischer Erkrankungen besonders auf diejenigen eingestellt werden sollte, die mit größerer Wahrscheinlichkeit eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Depression entwickeln werden. Die Autoren unterstreichen, dass Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren besonders unter der Flucht und den vorgelagerten Kriegs- und Krisenzuständen leiden und eine hohe psychiatrische Aufmerksamkeit erfahren sollten.

    Quelle
    E. Ullmann, A. Barthel, S. Taché, A. Bornstein, J. Licinio and SR Bornstein: Refugee mental health: challenges and opportunities - Emotional and psychological trauma in refugees arriving in Germany in 2015; in: Molecular Psychiatry, advanced online publication, 3 November2015; doi:10.1038/mp.2015.164

    Kontakt
    Dr. med. Enrico Ullmann
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter
    Medizinische Klinik und Poliklinik III
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
    E-Mail: enrico.ullmann@uniklinikum-dresden.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uniklinikum-dresden.de/mk3


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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