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09.11.2015 11:06

Menschenwürdeanspruch auf Mindestversorgung? – Forschungsprojekt in Greifswald

Jan Meßerschmidt Presse- und Informationsstelle
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Im Kontext der aktuellen Flüchtlingspolitik ist in Deutschland über Möglichkeiten der Einschränkung von grundlegenden Sozialleistungen diskutiert worden. Gegen Einschränkungen wird angeführt, dass die Wahrung der Menschenwürde unmittelbar die Gewährleistung eines sozialen Minimums gebiete. In einem Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Praktische Philosophie der Universität Greifswald wird nun untersucht, inwieweit Menschenwürde als Grundlage einer Begründung und Begrenzung sozialer Anspruchsrechte geeignet ist.
    Das Vorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 260.000 Euro über drei Jahre gefördert.

    In juristischen Diskussionen wird regelmäßig ein Konzept der Menschenwürde ins Spiel gebracht, das den unantastbaren 'Kerngehalt' auch jener Grundrechte ausmache, die ansonsten gesetzlich einschränkbar sind. Analog greifen verschiedene philosophische Ethikkonzeptionen auf das Prinzip der Menschenwürde zurück, um innerhalb der Sphäre des Moralischen einen besonders zu achtenden Kern moralischer Ansprüche - etwa den der Menschenrechte - auszuzeichnen.

    Bei aller Kritik an der Idee der Menschenwürde wird ihr in bestimmten Argumentationskontexten offenbar eine zweifache normative Funktion zugetraut: Einerseits soll sie als 'Quelle' oder Legitimationsgrundlage normativer Minimalstandards dienen, andererseits soll sie Art und Umfang der damit einhergehenden Ansprüche auch auf rationale Weise begrenzen.

    Die moralphilosophische Auseinandersetzung dreht sich bislang vornehmlich um die Herleitung oder Begründung grundlegender Ansprüche aus dem Prinzip der Menschenwürde. Die Frage der Begrenzung stellt sich freilich umso dringlicher, je deutlicher Menschenwürde als Grundlage sozialer Teilhabeansprüche interpretiert wird. Vor dem aktuellen Hintergrund anhaltend hoher Flüchtlingszahlen gewinnt hier nicht zuletzt die jüngere Verfassungsrechtsprechung aus den Jahren 2010 und 2012 eine erhebliche soziopolitische und ökonomische Brisanz: Galten Leistungsansprüche gerade wegen ihrer strukturellen Unbestimmtheit lange als nachrangig, anerkennt das Bundesverfassungsgericht inzwischen ein subjektives Grundrecht auf Gewährleistung menschenwürdiger Minimalexistenz, das auch jenen zukommt, die sich als Flüchtlinge im Bundesgebiet aufhalten. Die Festlegung von Art und Umfang der Leistungen überlässt es der Gesetzgebung. Welche normativen Grundorientierungen können dabei leiten?

    Diese Frage nimmt das Forschungsprojekt zum Anlass, in einer vergleichenden Untersuchung aktueller philosophischer Konzeptionen die legitimierende und limitierende Funktion des Begriffs der Menschenwürde am Beispiel des Existenzminimums zu klären. Zugleich soll damit ein genereller Beitrag zum Verständnis des Prinzips der Menschenwürde in seinen gängigen Deutungsvarianten, zur Aufdeckung seiner Implikationen und zu größerer Transparenz seiner ethischen und rechtlichen Verwendung geleistet werden.


    Weitere Informationen
    Lehrstuhl für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie
    http://www.phil.uni-greifswald.de/bereich2/philosophie/lehrstuehle/lehrstuhl-fuer-philosophie-mit-dem-schwerpunkt-praktische-philosophie.html
    Die Studie wird finanziert mit Mittel aus dem DFG Sachmittelprojekt BR 4940/1-1

    Ansprechpartner an der Universität Greifswald
    Dr. Jens Peter Brune
    Institut für Philosophie
    Baderstraße 6-7, 17489 Greifswald
    Telefon: 01515 4040278
    brunej@uni-greifswald.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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