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26.05.2003 00:00

Qualitätssicherung in der Bildgebung: Mehr Kommunikation, weniger Selbstzuweisung

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    (Wiesbaden) Als "noch akzeptabel" beurteilten Experten bei einer repräsentativen Qualitätsstudie die Technik und Bildqualität von Röntgen-, CT- und MRT-Untersuchungen im ambulanten Bereich in Nordrhein-Westfalen. Die Ultraschall-Diagnostik erhielt jedoch das Prädikat "unzureichend". Eine bessere Kommunikation zwischen Hausärzten und Radiologen und weniger "Selbstzuweisungen" könnten die Defizite bessern, hoffen Radiologen von der Universität Köln auf dem Deutschen Röntgenkongress in Wiesbaden.

    Die Experten kämpften sich durch mehr als 2000 Fragebögen von Patienten und Ärzten, mehr als 1000 Befundberichte und über 600 Bilddokumentationen. Von den 3500 Hausärzten im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen waren 70 bereit, ihr ärztliches Tun einer kritischen Analyse zu unterziehen: Auf dem Prüfstand des Teams vom Institut für Radiologische Diagnostik der Universität Köln stand die Qualität bildgebender Verfahren im ambulanten Bereich. Dazu arbeiteten Radiologen und Ärzte anderer Fachrichtungen aus Klinik und Praxis mit Statistikern und Gesundheitsökonomen zusammen. Die 70 Hausärzte und ihre rund 900 Patienten mussten Fragebögen ausfüllen. Auch die beteiligten 240 Fachärzte stellten Bilddokumente und Befunde zur Verfügung und füllten Fragebögen aus. Die Patienten protokollierten zusätzlich bis zu drei Monate lang alle Untersuchungen. Dann machten sich die Kölner Experten an die aufwendige Auswertung.

    Sie überprüften beispielsweise die Plausibilität der hausärztlichen Verdachtsdiagnose, die eine Überweisung zum Radiologen zur Untersuchung mit bildgebenden Verfahren zur Folge hatte. Analysiert wurde auch, ob die Untersuchungen von einem Radiologen oder einem so genannten Teilradiologen - einem Arzt anderer Fachrichtung mit der Lizenz zum Röntgen - vorgenommen worden war. Ebenso kritisch nahmen die Experten die Qualität der Bildgebung - Röntgenaufnahmen, Schnittbilder von Computer- und Magnetresonanz-Tomographie und Ultraschalluntersuchungen unter die Lupe.

    Die Verdachtsdiagnosen der Hausärzte wurden zu 81 Prozent als medizinisch plausibel, zu acht Prozent als nicht plausibel und zu elf Prozent als nicht beurteilbar eingestuft. Die Frage, ob aufgrund der Verdachtsdiagnose eine bildgebende Diagnostik gerechtfertigt war, wurde zu 79 Prozent mit ja und von 11 Prozent mit nein beantwortet. Das eingesetzte Untersuchungsverfahren bewerteten die Experten in 66 Prozent der Fälle als angemessen (nicht angemessen: 25 Prozent).

    Die Untersuchungstechnik war in 56 Prozent der Fälle korrekt (unkorrekt: 17 Prozent). Die diagnostische Aussage des Befundberichtes wurde zu 50 Prozent als richtig angesehen (falsch oder teilweise richtig: 19 Prozent, nicht beurteilbar 16 Prozent). Die Frage, ob auf die Untersuchung hätte verzichtet werden können, wurde bei 32 Prozent der Erhebungen mit ja beantwortet (nein: 61 Prozent, nicht beurteilbar: 7 Prozent). Auffällig waren die teils unterschiedlichen Einstufungen der Auswerter: So stimmten nur bei 24 Prozent aller Untersuchungen drei oder alle vier Auswerter darin überein, dass auf die Untersuchung - im Nachhinein betrachtet - hätte verzichtet werden können.

    Auf den Hausarzt kommt es an. "Die Plausibilität der hausärztlichen Verdachtsdiagnose", erläutert Professor Barbara Krug, beeinflusst die Qualität der Untersuchung. Lag der Hausarzt mit seiner Vermutung richtig, zweifelten die Experten die Angemessenheit einer gewählten Untersuchung seltener an und hielten diese auch seltener für überflüssig.

    Unzureichende Qualität bei Ultraschall-Untersuchungen. Die Qualität der Ultraschall-Untersuchungen fiel gegenüber jener der anderen bildgebenden Verfahren ab: Befundberichte waren nur bei 42 Prozent der Untersuchungen vorhanden. Einen als medizinisch richtig eingestuften Befund hatte nur knapp jede fünfte Untersuchung.

    Radiologen liefern bessere Qualität. Die "hauptamtlichen" Radiologen schnitten bei der Untersuchung besser ab als ihre Medizinerkollegen, die als Teilradiologen bezeichnet werden, etwa Orthopäden oder Gynäkologen, die ebenfalls röntgen. Untersuchungstechnik und Befundberichte der radiologischen Diagnostik wurden etwa doppelt so häufig als korrekt eingestuft wie jene teilradiologischer Untersuchungen. Ebenso bestätigte sich auch in diesem Fall, dass die "Lizenz zum Röntgen" von Ärzten anderer Fachrichtungen zwar häufig großzügig genutzt wird, dass jedoch die Qualität der Bilder nicht selten zu wünschen übrig lässt. Im Schnitt diagnostizierten die Experten bei den Selbstzuweisern zwischen 20 und 30 Prozent mehr Mängel, etwa bei der Untersuchungstechnik und dem Befundbericht.

    Grundsätzlich betont Barbara Krug, "dass die Ergebnisse zwar Aussagen zur Über- und Fehlversorgung, nicht jedoch zur Unterversorgung erlauben.

    Radiologen warnen vor unkontrolliertem Einsatz der Bildgebung. "Die Kommunikation zwischen Haus- und Fachärzten muss intensiviert werden", diese Konsequenz zieht Professor Claus Claussen, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft aus diesen Daten. Ebenso gelte es, Selbstzuweisungen einzuschränken. Darüber hinaus belegen die Defizite bei den Ultraschall-Untersuchungen, dass hier Neustrukturierungen zur Qualitätssicherung geboten sind. "Zwar ist die einzelne Ultraschall-Untersuchung für sich genommen nicht teuer", erklärt Claussen. Doch der breite und oft unqualifizierte Einsatz der Methode in den verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen ist die Ursache für mangelnde Qualität und hohe Kosten für das Gesundheitssystem. Eine solche Entwicklung fürchten die Radiologen auch bei einer anderen Untersuchungsmethode: der teuren Magnetresonanztomographie. Auch hier bereitet den Experten Sorge, dass politische Fehlentscheidungen zu einer unkalkulierbaren Mengenausweitung dieser Methode führen könnten.

    Rückfragen an: Prof. Dr. med. Barbara Krug, Institut und Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Universität Köln, Kerpener Str., 50924 Köln; Tel.: 0221-4785663; Fax: 0221-4784213; E-mail: barbara.krug@medizin.uni-koeln.de
    Abstracts: VO50.5 + 50.6; Vortrag Freitag, 30.5. Sitzung "Strahlenschutz", 14.00 Uhr
    Prof. Dr. med. Claus Claussen Abt. für Radiologische Diagnostik, Eberhard-Carls-Universität, Hoppe-Seyler-Str. 3,
    72076 Tübingen, Tel.: 07071-2982087; Fax: 07071-295845; E-mail: claus.claussen@med.uni-tuebingen.de

    Pressestelle Röntgenkongress
    Barbara Ritzert · ProScientia GmbH ·
    Andechser Weg 17
    82343 Pöcking · Tel.: 08157-9397-0 ·
    Fax: 08157/9397-97
    ritzert@proscientia.de
    während der Tagung: Regine Schulte Strathaus
    Tel: 0611/144-203


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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