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10.09.1998 00:00

Leibfried-Preise 1998 des Forschungszentrums Jülich vergeben

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Dr. Maria-Marina Vrljic ist die Siegerin im diesjährigen Wettbewerb um den Günther-Leibfried-Preis des Forschungszentrums Jülich. Die Biologin verwies den Elektrotechniker Dr.-Ing. Helmut Stiebig und den Chemiker Dr. Karsten Seelbach auf die Plätze. Die jungen Wissenschaftler nehmen ihre Urkunden und Geldpreise während des Jahresempfangs des Forschungszentrums Jülich am 2. Oktober auf der Hauptbühne der Landesgartenschau entgegen.

    Das Forschungszentrum zeichnet alljährlich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Günther-Leibfried-Preis aus, denen es im Rahmen eines Wettbewerbs gelungen ist, ihre Doktorarbeit besonders anschaulich und verständlich zu präsentieren. Von 17 Bewerberinnen und Bewerbern der diesjährigen Ausschreibung kamen drei in die Endausscheidung. Am 3. September hielten die drei jungen Wissenschaftler vor einer neunköpfigen Jury und etwa 200 interessierten Zuhörern ihre Wettbewerbsvorträge. Erst nach dieser "live"-Präsentation fiel die Entscheidung: 5000 DM erhält Dr. Maria-Marina Vrljic, 3000 DM erhält Dr. Helmut Stiebig, und mit 2000 DM wird Dr. Karsten Seelbach belohnt.

    Der seit 1990 verliehene Preis erinnert an Prof. Dr. Günther Leibfried, den langjährigen Direktor am Jülicher Institut für Festkörperforschung. Prof. Leibfried, der 1977 verstarb, war maßgeblich am Aufbau des Forschungszentrums beteiligt und bekannt für seine lebendige Art, mit der er Forschung und Wissenschaft zu vermitteln verstand.

    Mit Engagement und anschaulichen Beispielen präsentierten die jungen Forscher ihre Themen: Dr. Marina Vrljic, ehemalige Doktorandin im Institut für Biotechnologie-1, erläuterte das Leben und Wirken des winzigen Bakteriums Corynebacterium glutamicum. Der hier vorgestellte Mikroorganismus sei, so Dr. Vrljic, trotz seiner geringen Größe ein Meister des Exports und wichtiger Lieferant eines für Mensch und Tier lebensnotwendigen Eiweißbausteins. Dr. Helmut Stiebig, ehemaliger Doktorand des Instituts für Schicht- und Ionentechnik, erklärte in seinem Vortrag, wie in Zukunft digitale Bilder mit Hilfe neuer Siliziumtechnologie durch mehr Farbe und Brillanz glänzen könnten. Dr. Karsten Seelbach, der im Institut für Biotechnologie-2 arbeitete, zeigte die Vorteile und möglichen industriellen Einsatzgebiete von Bio-Katalysatoren - den sogenannten "Enzymen" - auf. Durch neue Verfahren würden natürliche Enzyme in Zukunft auch die Produktion von Medikamenten erleichtern.

    Kleiner Exportmeister
    Dr. Maria-Marina Vrljic stellte den Mikroorganismus Corynebacterium glutamicum in den Mittelpunkt ihres Vortrags. Die junge Wissenschaftlerin beschrieb, wie dieses - seit 30 Jahren industriell genutzte - Bakterium in Laboruntersuchungen ein wichtiges Geheimnis preisgab: die Produktionswege und den Export des Eiweißbausteins "Lysin". Dieser Stoff ist für Mensch und Tier lebensnotwendig, weil er einer der wesentlichen Bausteine für Eiweiße ist, die unseren Stoffwechsel in Schwung halten. Allerdings kann unser Organismus Lysin nicht selbst herstellen. Wir erhalten dieses Molekül über die tägliche Nahrung, vergleichbar mit Vitaminen. Der Mikroorganismus Corynebacterium glutamicum hingegen stellt Lysin selbst her und ist deshalb schon seit Jahren das willige "Arbeitspferd" der Industrie: Mit seiner Hilfe werden heute pro Jahr weltweit 350 000 Tonnen Lysin produziert und verkauft. Bisher, so erklärte Dr. Vrljic, war allerdings nicht klar, wie das Bakterium Lysin aus der Zelle hinaustransportiert. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit fand die Wissenschaftlerin dann eine speziell auf Lysin abgestimmte "Schleuse" in der Zellwand des Bakteriums, die den begehrten Stoff gezielt nach außen bringt. Mit Hilfe der Gentechnik wurde die Anzahl dieser Schleusentore erhöht und dadurch sowohl der Export des Lysins aus der Zelle als auch die Nachschubproduktion in der Zelle um ein Vielfaches gesteigert. Die Ergebnisse der Arbeit werden in Zukunft helfen, wertvolle Eiweißbausteine noch effektiver als bisher zu gewinnen.

    Farbsensor für die digitale Fotografie
    Digitale Kameras sind heute schon Standard. Jedoch reicht die Qualität der digitalen Bilder noch nicht an die Brillanz und Schärfe von Dias oder Filmmaterial heran. Dies will Dr. Helmut Stiebig mit einem neuen digitalen Farbsensor ändern. Eine der Schwächen heutiger Digitalkameras, erklärte der Elektrotechniker, sei der sogenannte Moiré-Effekt: Dieser sorge dafür, daß gestreifte Krawatten oder karierte Jacketts im Fernsehbild stark flimmern. Abhilfe soll hier der neue Farbsensor schaffen, den der Forscher während seiner Doktorarbeit entwickelte. Dieser Sensor, der aus amorphem Silizium aufgebaut ist, wird in Zukunft auch die Auflösung der digitalen Bilder wesentlich verbessern. Das Prinzip des neuen Farbsensors basiert darauf, die Grundfarben nicht mehr - wie bisher - nebeneinander zu trennen, sondern untereinander, d.h. in der Tiefe; jeder Sensor ist stockwerkartig aufgebaut: Das oberste Stockwerk absorbiert vorwiegend die blauen Lichtkomponenten, das folgende die grünen und das unterste schließlich die roten. Dabei ist das Material - amorphes Silizium - sehr einfach und billig herzustellen. Die Farbtrennung erreicht der Forscher durch eine gezielte Verunreinigung des Siliziums mit verschiedenen Stoffen, z.B. Kohlenstoff und Germanium. So wird in jeder Schicht eine andere Farbe absorbiert, vergleichbar mit einem Sieb, das unterschiedliche Maschenweiten hat. Der junge Wissenschaflter rechnet mit einer guten Chance, daß sich dieses Sensor-konzept gegen die etablierte Technik durchsetzen kann. Industriekontakte seien schon geknüpft, erklärte er.

    Natürliche Helfer: Enzyme
    Chemiker Dr. Karsten Seelbach konzentrierte sich in seinem Vortrag ganz auf die Reaktionsspezialisten in der Natur: Enzyme. Diese kleinen Helfer sorgen im lebenden Organismus für den reibungslosen und gezielten Ablauf unzähliger Stoff-wechselprozesse. Enzyme arbeiten nach dem Schlüssel-Schloß-Prinzip. Wie ein Schlüssel, der nur in ein Schloß paßt, so katalysiert ein Enzym meist auch nur eine spezielle Reaktion: beispielsweise die gezielte Übertragung eines Sauerstoffatoms auf ein anderes Molekül. Diese Reaktion nennt man Oxidation. Enzyme haben zudem die Eigenschaft, sich während der Reaktion nicht zu "verbrauchen". Die Natur hat enorm viele dieser Spezialisten erfunden und über Millionen Jahre hinweg optimiert. Jedoch ist es oft schwierig, diese Spezialisten industriell zu nutzen. Denn natürlich vorkommende Enzyme arbeiten nur unter natürlichen oder sehr naturähnlichen Bedingungen, das heißt, in wässrigen Lösungen. Viele der für die Chemie und Pharmazie interessanten Stoffe und Produkte sind jedoch nur schlecht oder gar nicht wasserlöslich - z.B. Sulfoxide. Diese werden beispielsweise in entzündungshemmenden Medikamenten verwendet. Dr. Karsten Seelbach gelang es in seiner Doktorarbeit, mit Hilfe des natürlichen Enzyms Chlorperoxidase und des sauerstoff-liefernden Oxidations- und Bleichmittels Wasserstoffperoxid eine Oxidations-Reaktion zu katalysieren. So konnten über 30 Gramm verschiedener Sulfoxide gewonnen werden. Normalerweise würde Wasserstoffperoxid das empfindliche Enzym sofort zerstören; aber durch einen geschickten verfahrenstechnischen Trick schaffte es der Chemiker, das Enzym nur schubweise mit exakt auf die Reaktion abgestimmten Mengen Wasserstoffperoxid zu beliefern. Dadurch wird das Enzym einerseits vor der schädigenden Wirkung des Oxidationsmittels geschont; andererseits liefert das Wasserstoffperoxid genügend Sauerstoff, um die Reaktion zum Sulfoxid ungehindert ablaufen zu lassen. Dr. Seelbach ist davon überzeugt, daß dieser neue Ansatz die biologischen Enzyme für die Industrie sehr viel attraktiver machen wird.


    Weitere Informationen:

    http://www.kfa-juelich.de/aktuelles/pressemitteilungen.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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