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29.05.2003 10:32

Virtopsie: Wenn Schnittbilder Krimis erzählen

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    (Wiesbaden) Bildgebende Verfahren könnten in Zukunft die Autopsie ergänzen oder ersetzen. Das berichten Radiologen von den Universitäten Magdeburg und Frankfurt auf dem 84. Deutschen Röntgenkongress in Wiesbaden. "Die Methoden sind noch nicht ausgereift, aber wir konnten alle relevanten Befunde entdecken", resümiert Dr. Thomas Heinrichs von der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg erste Ergebnisse.

    Es ist eine unappetitliche Angelegenheit. Bei Verdacht auf einen unnatürlichen Tod greifen Gerichtsmediziner zum Skalpell. Der Körper wird eröffnet, Organe werden entnommen, in Scheiben geschnitten und Gewebeproben unter dem Mikroskop und im Reagenzglas analysiert. Liegt keine gerichtliche Anordnung vor, ist die Zustimmung der Angehörigen zu einer Obduktion nötig. Doch immer weniger Menschen sind dazu bereit.

    Darum erproben Radiologen elegantere Methoden,dem toten Körper sein Geheimnis zu entlocken. Mit dem Magnetresonanztomographen (MRT) und dem Computertomographen (CT) führen sie die Schnitte virtuell. An der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität untersuchte Dr. Thomas Heinrichs mit diesen Verfahren 28 Herzen, 29 Lebern und 27 Nierenpaare, sowie 15 unsezierte Verstorbene. Nach der radiologischen Virtopsie fand dann die gerichtlich angeordnete herkömmliche Autopsie statt. Anschliessend verglichen Gerichtsmediziner und Radiologen ihre Ergebnisse und fanden eine hohe Übereinstimmung.

    Weichteile können mit einem CT allein nicht exakt inspiziert werden, weil der tote Körper kein Kontrastmittel mehr transportieren kann. Die Magnetresonanztomographie dient daher als ergänzendes Verfahren. "Die Leichenschau können wir nicht ersetzen", betont Heinrichs. "Die Virtopsie ist jedoch besonders hilfreich, wenn etwa die Angehörigen eine Autopsie ablehnen."

    Am Universitätsklinikum Frankfurt untersuchte eine Arbeitsgruppe um Dr. Kerstin Engelmann über 50 Leichen mit verschiedenen Verletzungen und Todesursachen mit einem so genannten Multidetektor Computertomographen. Bei diesem Verfahren beschleunigen mehrere Spiralen die Aufzeichnung der Daten. "In wenigen Minuten ist der gesamte Körper gescannt", schwärmt Engelmann. Dieses Bild dient als Grundlage für die Planung der CT-Untersuchung. Ein weiterer Vorteil der Methode: Schnitte sind nicht nur quer, sondern auch längs möglich. So werden beispielsweise kleine Frakturen der Wirbelsäule sichtbar, nach denen bei einer Autopsie kein Arzt gesucht hätte.

    Dreidimensionale Rekonstruktionen liefern Bilder über die Verläufe von Stich- oder Schussverletzungen. "In den meisten Fällen konnten wir die Todesursache bestimmen", so die Radiologin. Die Diagnosen entsprachen weitgehend denen der Autopsie.

    Kindesmisshandlungen werden sichtbar

    Besonders bewährt hat sich der Einsatz des Computertomographen bei der Suche nach Fremdkörpern wie Projektilen, Gasansammlungen,aber auch zur Diagnose von versteckten Knochenbrüchen und Kindesmisshandlungen. Länger zurückliegende, verheilte Knochenbrüche hinterlassen äusserlich keine Spuren. Doch der Computer-Scanner macht alte, unsichtbare Verletzungen sichtbar. "Auch Gehirnverletzungen können wir erkennen, die durch heftiges Schütteln entstanden", berichtet Engelmann.

    Pressestelle Röntgenkongress
    Barbara Ritzert · ProScientia GmbH ·
    Andechser Weg 17
    82343 Pöcking · Tel.: 08157-9397-0 ·
    Fax: 08157/9397-97
    ritzert@proscientia.de
    während der Tagung: Regine Schulte Strathaus
    Tel. 0611/144-203

    Kontakt zu den Wissenschaftlern:
    Dr. Thomas Heinrichs
    Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Klinik für Diagnostische Radiologie
    39120 Magdeburg Tel. 0391 67 13030; thomas.heinrichs@medizin.uni-magdeburg.de

    Poster 148: Befunde der Virtopsie an isolierten menschlichen Organen im Vergleich zu Ergebnissen der Autopsie
    Heinrichs TH., Beuing O., Jachau K. , Jackowski C., Kuchheuser W., Reck , J.

    Dr. Kerstin Engelmann
    Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Uni-Klinikum Frankfurt, 60590 Frankfurt
    Tel. 069-63017292; engelmann@em.uni-frankfurt.de

    Poster 147: Postmortale Multidetektor Computer Tomographie:
    Engelmann K., Reinsch H., Herzog C., Bratzke H., Vogl, TJ.


    Weitere Informationen:

    http://www.drg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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