Berlin – Flüchtlinge, die schnell eine Arbeit aufnehmen und in die Gesellschaft integriert werden, leiden seltener unter psychischen Erkrankungen. Angesichts anhaltend hoher Flüchtlingszahlen veranstaltete die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und ärztliche Psychotherapie (DGPM) eine Fachtagung, bei der Psychosomatiker, Psychiater und Psychologen Mindeststandards für die Versorgung traumatisierter Flüchtlinge erarbeiteten. Maßgeblich für die psychische Gesundheit von Flüchtlingen sei, so die Experten, eine zügige Integration in Schule, Arbeitsmarkt und Gesellschaft.
In vielen Fällen könne erst unter solch gesicherten Verhältnissen ein Trauma erkannt und behandelt werden. Außerdem brauchen auch die ehrenamtlichen Helfer mehr Unterstützung.
Ein ungeklärter Aufenthaltsstatus, keine Arbeitserlaubnis und zu wenige kompetente Ansprechpartner: Studien zeigen, dass nicht nur die traumatischen Erlebnisse im Herkunftsland der Zugewanderten, sondern anhaltende Frustrationen durch bürokratische Verwaltungsmaßnahmen die psychische Gesundheit der Flüchtlinge nachhaltig beeinträchtigen können. Umgekehrt erreichen Flüchtlinge, deren Aufenthalts- und Arbeitsstatus schneller geklärt werden, eine bessere Anpassung und Teilnahme an der Gesellschaft. In den ersten Monaten im Aufnahmeland sind Flüchtlinge mit der Sicherung ihrer existentiellen Bedürfnisse beschäftigt und suchen selten wegen psychischer Beschwerden den Kontakt zum Arzt, so die Erfahrung der Experten. „An erster Stelle müssen intensive Integrationsbemühungen in Gesellschaft, Schule und Arbeit stehen. Wenn Flüchtlinge dennoch Symptome psychischer Erkrankungen zeigen, beispielsweise eine Traumafolgestörung, müssen wir passgenaue Behandlungen anbieten“, so die DGPM-Expertin Professor Dr. Yesim Erim, die an der Hochschullehrerkonferenz der DGPM teilnahm. Die Flüchtlinge müssten dann in Zentren unterstützt werden, die neben der Psychotherapie, Sprach- und Kulturvermittler, Sozialarbeiter und beispielsweise auch juristische Beratung anbieten, so die Leiterin der Abteilung für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin am Universitätsklinikum Erlangen.
Liegt ein psychisches Leiden bei einem Flüchtling vor, ist dies immer auch eine Herausforderung für den behandelnden Arzt: Da die Flüchtlinge in den meisten Fällen keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben, müssen ausgebildete Dolmetscher die Therapiegespräche begleitetet. Bisher gibt es viel zu wenige davon. Beispielhaft führten die Experten bei der Konferenz das Modell der Sprach- und Kulturmittler in Nordrhein-Westfahlen an – hier können auch für diese Aufgabe geeignete Flüchtlinge mit Sprachkenntnissen ausgebildet werden, um Experten vor Ort zu unterstützen.
Nicht zuletzt die ehrenamtlichen Helfer waren Thema der Konferenz. „Wir haben erkannt, dass wir fachfremde Menschen, deren Hilfe in der Flüchtlingsbetreuung ja essentiell ist, darin unterstützen müssen, ihre Erlebnisse mit den Flüchtlingen zu verarbeiten – ansonsten droht eine sogenannte sekundäre Traumatisierung“, ergänzt Professor Dr. med. Harald Gündel, Mediensprecher der DGPM. Dazu gehörte es beispielsweise, die Helfer über verschiedene psychische Krankheitsbilder aufzuklären. Dann könnten sie schon in der alltäglichen Betreuung neu angekommener Flüchtlinge dabei unterstützen, jene auszumachen, die professionelle Hilfe aufgrund psychischer Störungen benötigten.
Zahlreiche psychosomatische Kliniken wie z.B. in Dresden, Düsseldorf, Regensburg, Heidelberg, Gießen, Erlangen, Bielefeld, Bochum und Esslingen halten spezifische Angebote für schwer traumatisierte Flüchtlinge vor.
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Kontakt für Journalisten:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)
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