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30.05.2003 12:31

RUB-Physiker: Neuer Leiter im Paul Scherrer Institut

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Der Bochumer Physiker Prof. Dr. Dr. h. c. Hartmut Zabel (Institut für Experimentalphysik/Festkörperphysik der Ruhr Universität) ist neuer Vorsitzender des Scientific Councils der Spallations-Neutronenquelle SINQ des renommierten Schweizer Paul Scherrer Institutes (PSI). Für eine Amtszeit von drei Jahren leitet er das Komitee von zehn internationalen Wissenschaftlern.

    Bochum, 30.05.2003
    Nr. 170

    Hartmut Zabel: Neuer Leiter im Paul Scherrer Institut
    Schweizer Forschungslabor wählt RUB-Professor
    Einzigartige Methode zur Neutronengewinnung

    Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Zabel vom Institut für Experimentalphysik/Festkörperphysik der Ruhr Universität Bochum ist neuer Vorsitzender des Scientific Councils der Spallations-Neutronenquelle SINQ des renommierten Schweizer Paul Scherrer Institutes (PSI). Für eine Amtszeit von drei Jahren leitet er das Komitee von zehn Wissenschaftlern aus Frankreich, Dänemark, England, Spanien, den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz. Das Scientific Council ist zuständig für die wissenschaftliche Beratung zu Ausstattung, Nutzung und Weiterentwicklung des SINQ, einem besonderen Verfahren der Neutronengewinnung. Im Paul Scherrer Institut, der einzigen nationalen Forschungseinrichtung in der Schweiz, arbeiten rund 1.450 Angestellte aus 47 Ländern, überwiegend Wissenschaftler und Techniker.

    Neutronen untersuchen Materie

    Neutronen sind sehr begehrt für viele naturwissenschaftliche Experimente. Die elektrisch neutralen Kernteilchen werden aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften zur Analyse von flüssigen oder festen Materialien gebraucht. Atome sind für eine Untersuchung unter dem Lichtmikroskop zu klein. Tunnelmikroskope können lediglich Atome direkt an der Oberfläche eines Stoffes sichtbar machen. Neutronen können mehr. "Sie gehen direkt durch die Materie durch." Dort sind sie Ablenkungskräften ausgesetzt. "Neutronen reagieren empfindlich auf die so genannte Kernwechselwirkung, werden also vom Atomkern aus ihrer Bahn abgelenkt." Vom Kern werden die Neutronen gestreut. "Das ist vergleichbar mit einem Tennisball, den sie gegen einen Wand werfen. Die Wand ist für den Ball eine unendliche Potentialbarriere, ähnlich wie der Kern für die Neutronen. Genau wie der Ball werden auch die Neutronen von den Kernen reflektiert", beschreibt Zabel. Die Art und Weise der Streuung bzw. Reflexion lässt Rückschlüsse auf die atomare Struktur einer Materie wie Proteinen, Polymeren oder Metallen zu. Elektrisch geladene Teilchen, wie die positiven Protonen und negativen Elektronen, sind für diese Aufgabe nicht geeignet, da die Wechselwirkung zu anderen geladenen Bestandteilen des Atoms zu groß ist. Neutronen reagieren nicht auf die inneren elektrischen Felder, sondern nur auf die Kernkräfte.

    Das Spallations-Verfahren

    Normalerweise sind Neutronen im Atomkern gebunden und damit stabilisiert. Als eigenständiges Teilchen kommen sie in der Natur nicht vor. Sie würden zerfallen, da sie nur eine Halbwertszeit von etwa 660 Sekunden haben. Deshalb müssen sie mit einem speziellen Verfahren aus dem Atomkern gelöst werden. Bei der herkömmlichen Methode der Kernspaltung im traditionellen Reaktor wird spaltbares Uran in so genannten Brennstäben benötigt. Bei der Spaltung entsteht radioaktiver Abfall. In der Schweiz gibt es diese Hindernisse bei der Neutronengewinnung nicht. "Im Paul Scherrer Institut wird das weltweit einmalige Verfahren der Spallation angewandt. Dabei wird kein spaltbares Material gebraucht. Hier werden zunächst Protonen beschleunigt und auf ein Target geschossen. Dabei werden die Atomkerne hoch angeregt und 'verdampfen' Neutronen. Anschließend werden die schnellen Neutronen moderiert, d.h. sie werden verlangsamt, um sie für Strukturuntersuchungen brauchbar zu machen", erklärt Zabel. Das SINQ, eine sehr große, komplexe Maschine mit vielen angeschlossenen Untersuchungsinstrumenten, gibt kontinuierlich einen Strahl von Neutronen ab. 1995 begannen im Paul Scherrer Institut nahe Zürich die Aufbauarbeiten für das SINQ, das seit etwa vier Jahren arbeitet.

    Magnetische Künstler

    "Neutronen sind unglaublich raffinierte Teilchen. Sie tragen einen magnetischen Dipol mit sich herum, der wie eine kleine Kompassnadel wirkt. Und mit dieser Kompassnadel erkennt es magnetisches Material, überprüft also den Magnetismus einer Materie", beschreibt Zabel. Damit sind Neutronen in der Lage, eine weitere wichtige Eigenschaft von Stoffen zu erkennen. "Es gibt Kristalle, die magnetisch sehr komplex aufgebaut sind. Über die wüssten wir ohne Neutronenstreuung nichts."

    Großer Andrang

    Da die Gewinnung von Neutronen aufwendig ist und sie dementsprechend nur wenige Labore auf der Welt anbieten, gibt es viele Bewerber für die Strahlzeit. So wird der Zeitraum bezeichnet, in dem der Neutronenstrahl des SINQ für Experimente genutzt werden darf. "Eine meiner Aufgaben im Scientific Council wird sein, die Anträge für die Strahlzeit zu prüfen. Die Wissenschaftler reisen dann meist mit einer Probe an, die sie untersuchen wollen und werden vor Ort von Wissenschaftlern und Technikern des SINQ betreut", sagt Zabel.

    Zabels Laufbahn

    In der RUB leitet Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Zabel neben dem Institut für Experimentalphysik/Festkörperphysik den Sonderforschungsbereich 491 "Magnetische Heteroschichten", in dem neue Materialien für die Informations- und Kommunikationstechnik entwickelt werden. Das Projekt wird mit mehr als drei Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Zabel erhielt seinen Doktortitel 1978 von der Münchner Universität und arbeitete danach u. a. in der University of Houston, Texas, und der University of Illinois in Urbana-Champaign. Er war Gastwissenschaftler in Dänemark, Schweden und Frankreich. Er ist Fellow der "Japanese Society for the Promotion of Sciences" und der "American Physical Society". Seit 1989 lehrt er in der Ruhr-Universität. Den Ehrendoktor verlieh Zabel die Königliche Technische Hochschule in Stockholm. Der Physiker forscht vor allem auf den Gebieten des Magnetismus und der Supraleitung von ultradünnen Schichten, der Oxidation von Metallen und der Eigenschaftsänderung von Metallen durch Aufnahme von Wasserstoff.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Zabel, Institut für Experimentalphysik/Festkörperphysik, Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/32-23649/50, E-Mail: hartmut.zabel@rub.de,
    Internet: http://www.ep4.ruhr-uni-bochum.de/fk/people/zabel/welcome.html, Paul Scherrer Institut: http://www.psi.ch/


    Weitere Informationen:

    http://www.ep4.ruhr-uni-bochum.de/fk/people/zabel/welcome.html
    http://www.psi.ch/


    Bilder

    Prof. Dr. Dr. h. c. Hartmut Zabel
    Prof. Dr. Dr. h. c. Hartmut Zabel

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Dr. h. c. Hartmut Zabel


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