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16.12.2015 12:29

Das Rätsel um die Herkunft der Elemente im Universum

Dr. Christine Bohnet Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

    Ein internationales Wissenschaftlerteam konnte im Gran-Sasso-Labor des Italienischen Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN) erstmals eine seltene Kernreaktion nachweisen, die sonst nur in den sogenannten Roten Riesen vorkommt. Zu solch einem Stern wird sich beispielsweise auch unsere Sonne entwickeln. Die beobachtete Produktion von Natrium ist ein Baustein für das Verständnis, wie die Elemente entstanden sind, aus denen das Universum besteht. An dem internationalen Experiment mit dem Namen LUNA waren Wissenschaftler aus dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) führend beteiligt. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ erschienen.

    Das LUNA-Experiment (Laboratory for Underground Nuclear Astrophysics) basiert auf einem kompakten Beschleuniger – dem weltweit einzigen, der untertage in einem Felslabor installiert ist. Eineinhalb Kilometer Gestein des Gran-Sasso-Massivs schützen die Experimente vor störenden Einflüssen durch die kosmische Strahlung. „Am LUNA-Beschleuniger wollen wir zusammen mit unseren internationalen Kollegen Ereignisse untersuchen, die im Inneren von Sternen stattfinden“, so Dr. Daniel Bemmerer vom HZDR, der die Arbeitsgruppe für das aktuelle Experiment leitete. „Wie in einer kosmischen Küche entstehen dort all die Elemente, aus denen die uns umgebende Materie gebildet wird und die durch gigantische Explosionen in den Kosmos hinausgeschleudert werden.“

    Rote Riesen sind große Sterne, deren rotes Leuchten oft mit bloßem Auge am Sternenhimmel zu sehen ist. Aldebaran im Sternbild des Stiers etwa gehört zu dieser Klasse. Erstmalig konnte nun ein Wissenschaftlerteam bei Experimenten am LUNA-Beschleuniger drei „Resonanzen“ im Neon-Natrium-Zyklus, der für die Natrium-Produktion und somit zur Energieerzeugung wichtig ist, beobachten (22Ne(p,gamma)23Na). Resonanzen sind zumeist aus der Akustik bekannt. Wie dort auch, geht es in der Teilchenphysik um Schwingungen, die bei besonderen Frequenzen hervorgerufen werden. Wenn also Atomkerne aufeinander stoßen, so kann sich unter gewissen Bedingungen ein neuer Zustand – eine Resonanz – bilden. Im LUNA-Beschleuniger werden Wasserstoff- und Heliumkerne beschleunigt und mit einem sogenannten Target zur Kollision gebracht. „Unser Target bestand aus dem Edelgas-Isotop Neon-22. Mit speziellen Detektoren haben wir die extrem seltenen Prozesse in kosmischer Stille aufgezeichnet“, so der HZDR-Physiker Dr. Bemmerer.

    „Dieses Ergebnis ist ein bedeutendes Puzzleteil, das uns hilft, die Frage nach der Herkunft der Elemente im Universum weiter aufzuklären“, betont Prof. Paolo Prati, Sprecher des LUNA-Experiments am INFN. „Sterne erzeugen Energie und schaffen neue Atome durch ein sehr komplexes System nuklearer Reaktionen. Eine sehr kleine Anzahl dieser Reaktionen konnte bisher unter Bedingungen, wie sie im Inneren von Sternen herrschen, erforscht werden. Der LUNA-Beschleuniger war daran in der Mehrzahl der Fälle beteiligt.“ LUNA deckt den Energiebereich von Kernreaktionen ab auf einer Skala von heute zurück in die Zeit bis 100 Millionen Jahre nach dem Big Bang. Damals bildeten sich die ersten Sterne, und die zugrundeliegenden nuklearen Prozesse nahmen ihren Anfang. Die meisten dieser Prozesse sind noch nicht verstanden. An der LUNA-Kollaboration sind rund 50 internationale Wissenschaftler folgender Einrichtungen beteiligt: Italienisches Nationales Institut für Kernphysik (INFN), Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), MTA-ATOMKI in Ungarn und Universität Edinburgh in Großbritannien.

    Publikation: “Three new low-energy resonances in the 22Ne(p,gamma)23Na reaction“, F. Cavanna, R. Depalo, M. Aliotta, M. Anders, D. Bemmerer**, A. Best, A. Boeltzig, C. Broggini, C.G. Bruno, A. Caciolli, P. Corvisiero, T. Davinson, A. di Leva, Z. Elekes, F. Ferraro, A. Formicola, Zs. Fülöp, G. Gervino, A. Guglielmetti, C. Gustavino, Gy. Gyürky, G. Imbriani, M. Junker, R. Menegazzo, V. Mossa, F. R. Pantaleo, P. Prati, D. A. Scott, E. Somorjai, O. Straniero, F. Strieder, T. Szücs, M. P. Takács, D. Trezzi (LUNA Collaboration), Physical Review Letters 115, 252501 (2015); DOI: 10.1103/PhysRevLett.115.252501.

    **Corresponding author; der Artikel wird von „Physical Review Letters“ als “Editor’s choice” hervorgehoben.

    Weitere Informationen:
    PD Dr. Daniel Bemmerer
    Institut für Strahlenphysik am HZDR
    Tel. +49 351 260-3581 | E-Mail: d.bemmerer@hzdr.de

    Medienkontakt:
    Christine Bohnet | Pressesprecherin & Leitung HZDR-Kommunikation
    Tel. +49 351 260-2450 | E-Mail: c.bohnet@hzdr.de
    Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
    Bautzner Landstr. 400, 01328 Dresden

    Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
    • Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
    • Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
    • Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
    Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen werden Großgeräte mit teils einmaligen Experimentiermöglichkeiten eingesetzt, die auch externen Nutzern zur Verfügung stehen.
    Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat vier Standorte (Dresden, Leipzig, Freiberg, Grenoble) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.


    Weitere Informationen:

    http://www.hzdr.de/presse/luna
    http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.115.252501


    Bilder

    Dr. Rosanna Depalo vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und Dr. Francesca Cavanna (links) vor dem Versuchsaufbau im Gran-Sasso-Labor des INFN
    Dr. Rosanna Depalo vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und Dr. Francesca Cavanna (links) vor de ...
    Quelle: Foto: R. Depalo (INFN / HZDR)

    Eingang zum Gran-Sasso-Labor des Italienischen Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN)
    Eingang zum Gran-Sasso-Labor des Italienischen Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN)
    Quelle: INFN


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Dr. Rosanna Depalo vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und Dr. Francesca Cavanna (links) vor dem Versuchsaufbau im Gran-Sasso-Labor des INFN


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    Eingang zum Gran-Sasso-Labor des Italienischen Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN)


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