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16.12.2015 16:05

Mechanismus der Autoimmunerkrankung bei Psoriasis aufgeklärt

Philipp Kressirer Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München

    "Diese Krankheit ist ein Fluch", sagte einmal der berühmte US-Schriftsteller John Updike und sprach seinen Leidensgenossen mit Schuppenflechte aus dem Herzen. Was viele Mitmenschen ekelt, aber nicht ansteckend ist, entsetzt Psoriasis-Patienten häufig selbst. Auf ihrer Haut bilden sich schuppige, zuweilen großflächige Beläge, sogenannte Plaques. Sie sind entzündet und jucken, sie spannen und schmerzen, dabei schimmern sie silbern wie zerknitterte Alufolie. Forscher des Klinikums der Universität München sind jetzt auf der Suche nach der Krankheitsentstehung einen entscheidenden Schritt weiter gekommen.

    Die Schuppenflechte, so hat es ein Dermatologe einmal formuliert, könne ein Dasein zwar nicht beenden, aber ruinieren – nicht nur durch die Erkrankung selbst, sondern vor allem durch die Stigmatisierung von außen.

    Forscher des Klinikums der Universität München sind jetzt auf der Suche nach der Krankheitsentstehung einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. „Wir haben erstmals nachgewiesen, dass die Psoriasis auf einer Autoimmunreaktion gegen die pigmentbildenden Zellen der Haut beruht“, sagt Prof. Jörg Prinz von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des LMU-Uniklinikums. „Das“, so Prinz weiter, „erklärt den hautspezifischen Charakter der Schuppenflechte, da diese Melanozyten vorwiegend in der Haut vorkommen.“ Der Dermatologe erhofft sich hieraus mittel- und langfristig neue Therapien gegen die Psoriasis.

    Neuen Daten zufolge werden allein in Deutschland jährlich zwei Millionen Menschen gegen die Schuppenflechte behandelt. Einmal ausgebrochen, kommen die entzündlichen „Plaques“ bei vielen immer wieder. Seit langem sind Wissenschaftler wie Prinz den Ursachen der Erkrankung auf der Spur. Offenbar spielt das Immunsystem der Haut einen bösen Streich. T-Zellen, potente weiße Blutkörperchen im Kampf gegen Krankheitserreger, greifen Zellen der Haut an und lösen die Entzündung aus. Nur welche Zellen zum Opfer werden, das war bisher unbekannt. So wie überhaupt die Krankheitsmechanismen von T-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankungen – dazu zählt beispielsweise auch das Rheuma – im Dunkeln liegen.

    Nicht, wie sonst in der medizinischen Forschung üblich, anhand von Tierversuchen, sondern mit menschlichem Psoriasis-Hautgewebe ist es den Forschern durch trickreiche, mehrjährige Experimente gelungen, die Art der attackierten Zellen zweifelsfrei zu bestimmen. Es sind die pigmentbildenden Zellen. Mehr noch: Das Team um Jörg Prinz und Klaus Dornmair hat auch den komplizierten Mechanismus der Erkrankung weitgehend aufgeklärt. Bisher war bekannt: Wer für die Krankheit empfänglich ist, trägt bestimmte Varianten (Allele) bestimmter Gene in seinen Zellen. Das Hauptrisiko-Gen für die Psoriasis heißt HLA-C*06:02. Es ist eines von vielen sogenannter HLA-Gene. Sie codieren die Bauanleitung für HLA-Moleküle, die auf der Oberfläche aller Zellen sitzen. Die HLA-Moleküle wiederum präsentieren den T-Zellen Teile von Krankheitserregern. Die T-Zellen erkennen daraufhin den Krankheitserreger und kurbeln eine Immunantwort gegen ihn an.

    Die Münchner Forscher haben gezeigt: Die Risikovariante von HLA-C*06:02 präsentiert Teile von Molekülen, die die Melanozyten selbst produzieren und die von den T-Zellen erkannt werden. So nimmt das Übel seinen Lauf. Prinz sieht einen „vollkommen unbekannten und unerwarteten autoimmunen Aktvierungsweg bei der Psoriasis” – für ihn eine „bahnbrechende Entdeckung“. Denn erstmals sei ein Krankheitsmechanismus für eine Autoimmunerkrankung derart umfassend aufgeklärt worden – beispielhaft für die Erforschung anderer entsprechender Leiden.

    Die Aufklärung der Psoriasis als T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion gegen Melanozyten bietet den Patienten „nun erstmalig eine Rationale zur Erklärung ihres Krankheitsbildes“. Hierdurch, so hofft Prinz, würden sich auch die soziale Wahrnehmung der Psoriasis verändern und die hiermit verbundenen Unsicherheiten und ablehnenden Reaktionen vermindern. Jörg Prinz: „Das sollte die soziale Akzeptanz und persönliche Selbstwahrnehmung von Patienten mit Psoriasis erheblich verbessern.”

    Literatur:
    Melanocyte antigen triggers autoimmunity in human psoriasis
    J. Exp. Med. 2015, Vol. 212, Nr. 13, 2203-2212
    www.jem.org/cgi/doi/10.1084/jem.20151093

    Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Dr. Jörg C. Prinz
    Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
    Klinikum der Universität München (LMU)
    Frauenlobstr. 9-11
    D-80337 München
    Tel.: +49 (0)89/4400-56063
    Fax: +49 (0)89/4400-56064
    E-Mail: joerg.prinz@med.uni-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.klinikum.uni-muenchen.de/de/das_klinikum/zentrale-bereiche/weitere-in...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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