AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN Nr. 4/1998
In jedem Jahr wird bei etwa 20 000 Männern in Deutschland ein Karzinom der Vorsteherdrüse ( Prostata) entdeckt. Wenn der Tumor sich in einem frühen Stadium befindet, also in seiner Ausdehnung auf die Drüse beschränkt ist, wird dem Patienten allgemein geraten werden, die Prostata entfernen zu lassen. Lehnt er die Operation ab, kommt auch eine Bestrahlung des Tumors in Frage. Mit beiden Verfahren ist eine Heilung wahrscheinlich, d.h. 95% der Patienten leben auch nach 10 Jahren noch.
Hat der Tumor dagegen bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht, so haben die Betroffenen ein erhöhtes Sterberisiko und laufen Gefahr von Komplikation, weil der Tumor sich in die, umliegenden Organe, vor allem in den Darm, in die Blase und die Harnröhre hinein, ausbreiten kann. Diesen Kranken kann außer der Operation eine Hormonbehandlung angeboten werden. Für viele Patienten erscheint indessen eine Strahlentherapie besonders günstig, die an der Urologischen Klinik der Charité, der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität, seit 1992 durchgeführt wird und ständig entsprechend der Weiterentwicklung der Bestrahlungstechnik optimiert worden ist. Mit zur Zeit 275 mit dieser Therapie behandelten Patienten verfügen die Berliner Urologen über die weitaus größte Erfahrung in Deutschland und Europa .
Wie die Dissertation von Serdar Deger aus der Klinik für Urologie ausweist, eignet sich die Bestrahlungstherapie vor allem für Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs, der aber noch keine Fernabsiedelungen (Metastasen) gebildet hat. Außerdem sollten die Patienten am Harntrakt noch nicht operiert worden sein.
Praktisch besteht die Therapie aus zwei Formen der Bestrahlung, einer "von innen" und einer "von außen". Zunächst wird der Tumor unter örtlicher Betäubung mit dem Isotop Iridium-192 von innen bestrahlt. Dazu wird die sogenannte Nachladetechnik (Afterloading) verwendet: Unter Kontrolle von Ultraschall wird die Prostata mit 15 bis 24 Hohlnadeln möglichst gleichmäßig gespickt. Wenn die Lage der Nadeln optimal erscheint, wird dies einem Computer vermittelt, der dann Dosis und Dauer der Bestrahlung berechnet. Daraufhin werden die Hohlnadeln, die am vorderen Ende verschlossen sind, mit ihrem hinteren, offenen Ende an einen Tresor gekoppelt, der das Iridium-192 enthält und die Nadeln damit lädt. Deren hohe Dichte in der Prostata ermöglicht eine weitgehend gleichmäßige Verstrahlung des Tumorgewebes über eine Dauer von 10 bis 20 Minuten. Dann werden die Nadeln entfernt, und im Abstand von einer Woche wird das Vorgehen wiederholt.
Dieser Bestrahlung "von innen" schließt sich während der folgenden 20 Tage eine Radium-Bestrahlung von außen - durch die Haut der Dammregion - an. Insgesamt erhält der Patient durch diese kombinierte Therapie die hohe Strahlendosis von rund 80 Gray, die aber dennoch recht gut vertragen wird. So verschwinden gewisse Mißempfindungen beim Wasserlassen, die die meisten Männer (80%) in den ersten drei Monaten danach haben, mit der Zeit. Komplikationen treten vor allem bei Männern auf, bei denen zuvor schon chirurgische Eingriffe an den Harnwegen vorgenommen worden sind. Unter ihnen muß etwa jeder 10. mit Verengungen der Harnröhre rechnen und bei 3 von 100 Patienten entwickelt sich eine Blasenschwäche mit unfreiwilligem Harnabgang (Harninkontinenz).
Dr. med. Silvia Schattenfroh
Dekanat
Pressereferat-Forschung
Schumannstraße 20/21
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e-mail: Silvia.Schattenfroh@charite.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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