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04.06.2003 15:12

Adam Smith als Moralphilosoph

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Anders als Immanuel Kant oder David Hume ist Adam Smith mit seiner Moralphilosophie in den aktuellen Debatten selten präsent - Vom 19. bis 21. Juni 2003 Konferenz im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg

    Prominente Stichwörter in der aktuellen moralphilosophischen Debatte, soweit sie einer grundsätzlichen Explikation der Moralität gewidmet ist, sind: Rationalität, Unparteilichkeit, Universalität, Relativität, Konventionalität und Motivation. Kontrovers diskutiert werden folgenden Fragen: Haben vernünftige und insbesondere moralische Gründe schon als solche eine motivierende Kraft? Kann für moralische Urteile eine Geltung beansprucht werden, die weiter reicht als die historisch kontingente Bereitschaft, die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien faktisch anzuerkennen? Lässt sich Moralität zurückführen auf Unparteilichkeit oder ist umgekehrt Unparteilichkeit als ein moralischer Wert zu begründen? Folgt aus der Annahme einer universellen Geltung moralischer Prinzipien, dass diese ihrerseits nur a priori begründet sein können? Anders gefragt: Läuft die Berücksichtigung empirischer Gesichtspunkte bei der Begründung moralischer Geltungsansprüche zwingend hinaus auf eine Relativierung solcher Ansprüche, oder fällt dies sogar zusammen mit dem berüchtigten naturalistischen Fehler ("naturalistic fallacy")?

    In den heute geführten Debatten über diese Fragen sind Kant und Hume nahezu omnipräsent. Naturgemäß liefert Kant die entscheidenden Anhaltspunkte für alle diejenigen, die sich vor allem mit der Universalität, Rationalität oder Apriorität moralischer Ansprüche beschäftigen. Die entsprechende Funktion hat Hume für all jene, deren Interesse vor allem den motivationspsychologischen Aspekten der Moral gilt. Bis heute setzt die mit seinem Namen verbundene belief-desire-Psychologie allen Versuchen, die motivierende Kraft vernünftiger und insbesondere moralischer Gründe verständlich zu machen, eine schwer überwindbare Grenze.

    Anders als Kant oder Hume ist Adam Smith mit seiner Moralphilosophie in den aktuellen Debatten nur ausnahmsweise präsent. Das mag historisch gut erklärbar sein, ist aber schwerlich darauf zurückzuführen, dass Smith' Konzept der Moralität hinter den von Hume und Kant gesetzten Maßstäben einfach zurückbliebe. Mit den Grundideen der Hume'schen Moralpsychologie verbindet Smith die Rolle, die er dem Vermögen der Sympathie zuweist. Mit dem kantischen Universalismus verbindet ihn der Stellenwert, den er der Unparteilichkeit zuweist. Dies allein macht es zu einer hinreichend interessanten Frage, ob sich beides zu einem konsistenten Ganzen fügt. Das Interesse wächst in dem Maße, in dem man die Interferenz von Universalität und Empirizität moralischer Einsicht für einschlägig hält.

    Heute ist kaum noch jemand der Auffassung, dass sich erklären lässt, worin moralische Ansprüche bestehen, ohne die nur empirisch zugängliche menschliche Natur zu berücksichtigen, insbesondere den natürlichen Affekthaushalt von Menschen und dessen verhaltenssteuernde Rolle. Lassen sich aber umgekehrt auf einer empirischen Grundlage, die Letzteres zum Gegenstand hat, bestimmte universell geltende Ansprüche begründen? Die Antwort auf diese Frage ist in der gegenwärtigen Debatte gewiss umstritten. Smith jedoch scheint der Überzeugung gewesen zu sein, im Ausgang von seinen Konzepten der Sympathie und der Unparteilichkeit eine affirmative Antwort auf diese Frage begründen zu können.

    Die Relevanz von Smith als Moralphilosoph soll auf der geplanten Konferenz vor allem im Hinblick auf die oben skizzierten Sachfragen diskutiert werden. Da jedoch die Geschichte der Philosophie, nach einem Wort von Wilfrid Sellars, die Lingua franca der Philosophie ist, der sich speziell Philosophen mit einem unterschiedlichen Hintergrund zu bedienen haben, sollen auch Beiträge zur historischen Relevanz der Moralphilosophie von Adam Smith nicht ausgeschlossen sein. Das betrifft sowohl ihre Quellen, wie auch ihre Wirkungsgeschichte. Zur Relevanz der Moralphilosophie von Smith gehört darüber hinaus auch deren Zusammenhang mit der politischen Ökonomie, auf die sich Smiths Ruhm in einer breiteren Öffentlichkeit gründet.

    Die Konferenz soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen und aus dem angelsächsischen Raum zusammenführen. Zwar ist, wie oben angedeutet, Adam Smith als Moralphilosoph auch in den angelsächsischen Diskussionen bei weitem nicht in dem Maße präsent wie Hume oder Kant; in der deutschsprachigen Philosophie ist er aber noch sehr viel weniger präsent (eine bemerkenswerte Ausnahme sind Ernst Tugendhats Vorlesungen über Ethik aus dem Jahre 1993). Die Konferenz dient daher auch dem Zweck, die Relevanz von Adam Smiths Moralphilosophie für die deutschsprachige Diskussion zu unterstreichen. Aus pragmatischen Gründen wird die Konferenzsprache Englisch sein. Wir planen jedoch, alle Beiträge in deutscher Sprache in Buchform zu veröffentlichen.

    Tagungsort ist das Internationale Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg, Hauptstraße 242, 69117 Heidelberg, Tel. 543690.
    Konferenzsprache ist englisch.

    Rückfragen bitte an:
    Priv.-Doz. Dr. Christel Fricke, Philosophisches Seminar der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542282, Fax 542278
    r19@ix.urz.uni-heidelberg.de
    und
    Prof. Dr. Hans-Peter Schütt, Universität Karlsruhe (TH)
    HP.Schuett@philosophie.uni-karlsruhe.de

    Rückfragen von Journalisten auch an:
    Dr. Michael Schwarz, Pressesprecher der Universität Heidelberg
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de

    und
    Irene Thewalt
    presse@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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