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05.06.2003 15:49

Prof. Ludwig: "Präziser werdende Diagnostik verbssert Krebstherapie"

Barbara Bachtler Kommunikation
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch

    In der Bundesrepublik erkranken jedes Jahr rund 11 000 Menschen an Blutkrebs (Leukämie), darunter etwa 600 Kinder bis zum 15. Lebensjahr an akuter Leukämie. In den vergangenen
    Jahren haben sich diagnostische Möglichkeiten und Klassifikation der verschiedenen Leukämieformen erheblich verbessert. Das hat auch Auswirkungen auf die Therapie. War die so genannte akute lymphatische Leukämie (ALL) 1950 noch eine innerhalb weniger Wochen tödlich verlaufende Krankheit, können heute rund 80 Prozent der betroffenen Kinder und 35-40 Prozent der Erwachsenen durch risikoadaptierte Therapiestrategien (Kombination verschiedener
    Zytostatika, Bestrahlung des zentralen Nervensystems) geheilt werden. Darauf hat jetzt Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Hämatologe und Onkologe in der Robert-Rössle-Klinik der Charité
    (Humboldt-Universität zu Berlin/HELIOS Klinikum Berlin) im Vorfeld eines Symposiums zur Leukämie- und Lymphomdiagnostik in Berlin-Buch hingewiesen. Schwerpunkte des viertägigen
    Symposiums (http://www.kieler-symposium.de), das am Mittwoch, den 18. Juni 2003, im Kommunikationszentrum des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin beginnt, sind unter anderen die neue Klassifikation der verschiedenen Blutkrebsformen durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), moderne Methoden zum Nachweis residualer Leukämiezellen (so genannte minimale Resterkrankung) unter Therapie, Genexpressionsanalysen bei akuten Leukämien mit Hilfe der Chip-Technologie sowie Blutkrebs bei Neugeborenen. Ergänzt werden die Vorträge der Referenten aus den USA, Frankreich, England und der Bundesrepublik durch zahlreiche praktische Kurse für Ärzte und Ärztinnen. Veranstalter des Symposiums, zu dem rund 150 Teilnehmer erwartet werden, sind neben der Robert-Rössle-Klinik das vom Bundesforschungsministerium geförderte Kompetenznetzwerk akute und chronische Leukämien, der Arbeitskreis Labor der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) und die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO).

    Prof. Ludwig wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren immer präziser werdende Diagnosemethoden dazu beigetragen haben, Leukämien besser nachzuweisen sowie unterschiedliche zellbiologische Tumormerkmale aufzuspüren. Anhand dieser Merkmale einer Tumorzelle können die Ärzte inzwischen feststellen, welches Risiko ein Patient mit einer bestimmten Form einer Leukämie trägt und daran angepasste Therapiestrategien zum Zeitpunkt der Erstdiagnose festlegen. Zur Untersuchung von Leukämie- oder Lymphomzellen setzen die
    Ärzte heute routinemäßig neben dem Lichtmikroskop moderne so genannte Durchflusszytometer zum Nachweis immunologischer Merkmale in Leukämiezellen und verschiedene zell- bzw.
    molekulargenetische Verfahren ein.

    Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung molekulargenetischer Befunde bei Leukämien in die klinische Praxis ist die Entwicklung des vor zwei Jahren zugelassenen Medikaments Imatinib (Glivec(r)) zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukamie (CML). "Es hat sich
    als sehr wirksam erwiesen und ist auch gut verträglich", sagte Prof. Ludwig. Bei der CML sind Bruchstücke der Chromosomen 9 und 22 in den blutbildenden Zellen vertauscht. Weshalb es zu diesem Fehler kommt, ist unbekannt. Dabei entsteht jedoch ein Krebsgen, kurz bcr/abl genannt. Es produziert ein Eiweiß, eine Tyrosinkinase, die weißen Blutzellen das Signal für unkontrolliertes Wachstum gibt. Imatinib hemmt die überschießende Produktion dieser
    Blutzellen, indem es die Signalwege der Tyrosinkinase blockiert. "Die Ansprechraten von Patienten mit CML auf Imatinib sind deutlich besser als auf die bisherige Standardtherapie (Interferon). Noch wissen wir allerdings nicht, ob die Überlebenszeit der Patienten durch Imatinib verlängert wird", sagte Prof. Ludwig. "Für eine Beantwortung dieser Frage ist es zu früh, da die Beobachtungszeit der bisher mit Imatinib behandelten Patienten noch relativ
    kurz ist", betonte er. "Auch für die Behandlung akuter Leukämien stehen inzwischen neuartige Wirkstoffe (z.B. Antikörper, Hemmstoffe der Signalweiterleitung in Tumorzellen) zur Verfügung, die gezielt gegen Membranbestandteile oder genetische Veränderungen in
    Leukämiezellen gerichtet sind und deren Wirksamkeit bzw. Sicherheit derzeit in kontrollierten klinischen Studien geprüft wird".

    Prof. Ludwig Vorsitzender von Expertengruppe des Bundesgesundheitsministeriums
    Kürzlich wurde Prof. Ludwig, der auch stellvertretender Leiter der Robert-Rössle-Klinik ist, zum Vorsitzenden einer vom Bundesgesundheitsministerium einberufenen Expertengruppe
    "Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs" ("Off-Label-Use") gewählt. Die Gruppe, die insgesamt sieben ständige Mitglieder hat, ist am
    Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn eingerichtet worden. Sie soll klären, in welchen Fällen Versicherte in der gesetzlichen Krankenkasse einen
    Leistungsanspruch auf Arzneimittel außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs haben. Anlass ist vor allem ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002, das einen relativ engen Rahmen für diesen "Off-Label-Use" gesteckt hat. "Off Label-Use" spielt insbesondere in der Krebstherapie, in der Neurologie, Psychiatrie, bei der Behandlung von Infektionskrankheiten und in der Kinderheilkunde eine Rolle.

    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
    Barbara Bachtler
    Robert-Rössle-Str 10
    13125 Berlin
    Tel: 030/94 06 - 38 96
    Fax:030/94 06 - 38 33
    e-mail:bachtler@mdc-berlin.de
    http://www.mdc-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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