idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.02.2016 09:52

Wissenschaftler schlagen Alarm: Bedeutung der Versalzung von Gewässern wird weltweit unterschätzt

Bernd Hegen Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Zu viel Salz ist nicht nur für den Menschen schlecht, es schadet auch Gewässern. Die Versalzung von Gewässern wird allerdings laut einer aktuellen internationalen Studie unter Beteiligung der Universität Koblenz-Landau weltweit unterschätzt und die Folgen zu wenig beachtet.

    Zu viel Salz ist nicht nur für den Menschen schlecht, es schadet auch Gewässern. Die Versalzung von Gewässern wird allerdings laut einer aktuellen internationalen Studie unter Beteiligung der Universität Koblenz-Landau weltweit unterschätzt und die Folgen zu wenig beachtet. Die Wissenschaftler fordern daher Politik und Behörden in einem in der Fachzeitschrift „Science“ gerade veröffentlichen Artikel auf, die Versalzung künftig in ihrem Gewässermanagement zu berücksichtigen. Die Forscher haben Ursachen und Lösungen für verschiedene Versalzungsphänomene zusammengetragen und schlagen ein Konzept vor, wie die Versalzung reguliert werden sollte.

    Weltweit gibt es viele Ursachen, die dazu führen, dass Gewässer versalzen: Landwirtschaft, Abwässer aus der Gewinnung von Ressourcen wie Berg- und Salzabbau oder das Ausbringen von Salz auf Straßen können eine erhöhte Salzkonzentration bewirken. In Deutschland liegen die Gründe für die Gewässerversalzung hauptsächlich in den Abwässern aus der chemischen und Kali-Industrie. Regional gibt es in Gewässern auch hohe Salzgehalte aufgrund der geologischen Bedingungen. „Künftig könnte auch Fracking zu einem erheblichen Anstieg an salzbelasteten Abwässern führen“, so Ralf Schäfer, Juniorprofessor für Landschaftsökologie am Institut für Umweltwissenschaften Landau der Universität Koblenz-Landau. Auch der Klimawandel und die zunehmende Nachfrage nach Trinkwasser sind Treiber der weltweiten Gewässerversalzung.

    Versalzen Gewässer, sterben gewässertypische salzempfindliche Arten wie Eintags-, Stein- und Köcherfliegen. Dadurch nehmen Ökosystemdienstleistungen wie das Bereitstellen von Trinkwasser und Biodiversität ab. Begünstigt wird dagegen eine massenhafte Entwicklung salzrobuster Tierarten, Algen und Wasserpflanzen. Auch die Einwanderung gebietsfremder Arten wird begünstigt. Die Gewässerqualität nimmt ab. „Das könnte bedeuten, dass durch die Versalzung von Gewässern in Europa die Zielstellung des guten Zustandes, wie ihn die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgibt, nicht erreicht werden kann“, gibt Schäfer zu bedenken. Bei gravierender Versalzung, wie sie insbesondere in Südost-Asien auch von Trinkwasserreserven und auf landwirtschaftlichen Flächen vorkommt, entstehen bedeutende wirtschaftliche Schäden und die Kosten für die Trinkwasserbehandlung steigen. Regional sind sogar Überlebensfragen mit der Umweltbelastung verbunden.

    Die Versalzung von Gewässern ist nicht neu. „Das Phänomen ist bekannt, es wird bisher allerdings kaum beachtet“, so Schäfer. Dies liegt einerseits daran, dass die Zunahme an Leitfähigkeit oder Ionen-Konzentration, die Versalzung anzeigt, typischerweise als Ausdruck von anderen Problemen betrachtet wurde wie Abwasserreinigung oder landwirtschaftliche Nährstoffeinträge. Andererseits sind sowohl Landwirtschaft als auch Ressourcenabbau wichtige wirtschaftliche Bereiche. „Deren starke Akteure dürften an einer strikten Regulierung allerdings kaum ein Interesse haben“, so Oliver Frör, Professor für Umweltökonomie am Institut für Umweltwissenschaften Landau der Universität Koblenz-Landau.

    Die 23 Ko-Autoren der Studie, die alle bewohnten Kontinente abdecken, haben auf Basis ihrer Erfahrungen, wie in den jeweiligen Ländern und Regionen Versalzung gemanagt wird, ein Konzept entwickelt, wie die Belastung durch Salz reguliert werden könnte. Wie bei anderen Schadstoffen auch, sollen dafür in Experimenten zunächst für unterschiedliche Salzbelastungen Schwellenwerte abgeleitet werden, deren Einhaltung Ökosysteme nicht gefährdet.

    „Es müssen dringend Umweltstandards entwickelt werden, um eine voranschreitende Versalzung von Gewässern aufzuhalten“, so Schäfer. Die Wissenschaftler sehen hierbei die Politiker über gesetzliche Regeln sowie Behörden und Ämter der Wasserwirtschaft gefordert. Auch sollten Forschung und Umweltverwaltung in enger Kooperation zusammenarbeiten, damit wissenschaftliche Erkenntnisse in Verwaltungshandeln umgesetzt werden können. „In unserem Konzept spielt die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, Politik und Verwaltung eine wesentliche Rolle“, so Frör. Dabei gelte es auch, Umweltschäden in ökonomische Rechnungen aufzunehmen, die bislang keine Beachtung gefunden haben. Wichtig sei außerdem der Erfahrungsaustausch mit Ländern, die bereits stark betroffen sind und schon Sanierungsmaßnahmen getroffen haben.

    In ihrem Artikel stellen die Autoren verschiedene Lösungsansätze vor, wie sie teilweise schon praktiziert werden. Die Belastung von Gewässern ließe sich bereits durch einen reduzierteren Wassereinsatz in der Landwirtschaft sowie durch Alternativen zum Streusalz minimieren. Salzhaltige Abwässer, wie sie durch den Kali-Abbau entstehen, müssten beispielsweise mittels Eindampfen entsprechend behandelt und in Kläranlagen ein Verfahren zur Entsalzung eingesetzt werden, um die Salzfracht aus städtischen Gebieten zu reduzieren. „In Forschung und Entwicklung zur Wertstoffrückgewinnung müsste investiert werden“, so Ralf Schäfer.

    Kurzprofil Institut für Umweltwissenschaften Landau

    Das Institut für Umweltwissenschaften Landau betreibt grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung, in deren Fokus die vielfältigen Interaktionen zwischen Mensch und Umwelt stehen. Das Institut vereint die Expertisen von neun interdisziplinären Arbeitsgruppen und damit aktuelle Forschung vom Molekül über Ökosysteme bis zur menschlichen Gesellschaft. Das Institut für Umweltwissenschaften Landau wurde 2004 an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau gegründet. Weitere Informationen: http://www.umwelt.uni-landau.de

    Die Studie:
    „Saving freshwater from salts: Ion-specific standards are needed to protect biodiversity“, Cañedo-Argüelles M., Hawkins C.P., Kefford B.J., Schäfer R.B., Dyack B.J., Brucet S., Buchwalter, D. B., Dunlop, J.E., Frör, O. et al. Die Studie wurde am 25.02.2016 in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht:
    http://science.sciencemag.org/content/351/6276/914


    Kontakt:

    Universität Koblenz-Landau
    Institut für Umweltwissenschaften Landau
    Jun.-Prof. Dr. Ralf Schäfer
    Fortstraße 7
    76829 Landau
    Tel.: (06341) 280-31536
    E-Mail: schaefer-ralf@uni-landau.de

    Universität Koblenz-Landau
    Institut für Umweltwissenschaften Landau
    Prof. Dr. Oliver Frör
    Fortstraße 7
    76829 Landau
    Tel.: (06341) 280-31534
    E-Mail: froer@uni-landau.de

    Pressekontakt:

    Universität Koblenz-Landau
    Bernd Hegen
    Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit
    Rhabanusstraße 3
    55118 Mainz
    Tel.: (06131) 37460-34
    E-Mail: hegen@uni-koblenz-landau.de


    Weitere Informationen:

    http://science.sciencemag.org/content/351/6276/914 Studie
    http://www.umwelt.uni-landau.de Homepage des Instituts


    Bilder

    Kali-Rückstandshalde Sondershausen mit Fließgewässer (Wipper) im Vordergrund, das anhand der Algen deutliche Spuren von Salzbelastung aufweist
    Kali-Rückstandshalde Sondershausen mit Fließgewässer (Wipper) im Vordergrund, das anhand der Algen d ...
    Foto: Claus-Jürgen Schulz, TLUG
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Politik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Kali-Rückstandshalde Sondershausen mit Fließgewässer (Wipper) im Vordergrund, das anhand der Algen deutliche Spuren von Salzbelastung aufweist


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).