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07.03.2016 11:43

Mannheimer Politikwissenschaftler bestimmen Koalitionswahrscheinlichkeiten

Katja Bär Pressestelle: Kommunikation und Fundraising
Universität Mannheim

    „Deutschland-Koalition“ für Baden-Württemberg und „Jamaika“ für Rheinland-Pfalz aktuell am wahrscheinlichsten / Berechnungsmodell von Professor Dr. Marc Debus prognostiziert unter aktuellen Voraussetzungen außerdem Schwarz-Rot für Sachsen-Anhalt / alle Landtagswahlen seit 1990 untersucht

    „Deutschland-Koalition“ in Baden-Württemberg, „Jamaika“ in Rheinland-Pfalz und Schwarz-Rot in Sachsen-Anhalt – das sind derzeit die wahrscheinlichsten Regierungsbündnisse nach den Landtagswahlen am 12. März. Was zumindest teilweise erstaunlich scheinen mag, beruht auf reiner Mathematik und politischer Notwendigkeit. Professor Dr. Marc Debus, Politikwissenschaftler am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim, hat die Wahrscheinlichkeiten möglicher Koalitionen basierend auf allen deutschen Landtagswahlen seit 1990 berechnet. Das Berechnungsmodell wird am Ende dieses Textes näher erläutert. Als Ausgangslage dienen Professor Debus die aktuellen Umfragewerte sowie die folgenden Rahmenbedingungen.

    Von folgenden Annahmen geht der Politikwissenschaftler aus:
    1. In die Landtage von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ziehen die CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, AfD und FDP ein. In den Landtag von Sachsen-Anhalt ziehen CDU, Linke, SPD, Grüne und AfD ein.
    2. Keine Partei will mit der AfD koalieren.
    3. Für eine „klassische“ Koalition aus Rot-Grün oder Schwarz-Gelb gibt es keine Mehrheit.
    4. In Baden-Württemberg gibt es keine Mehrheit für Schwarz-Rot und in Rheinland-Pfalz keine Mehrheit für Schwarz-Grün.
    Unter diesen Voraussetzungen errechnet Professor Debus die folgenden Koalitionswahrscheinlichkeiten.

    Baden-Württemberg: Fast nur „Deutschland-Koalition“ möglich – mit Einschränkungen
    De facto besteht in Stuttgart nur die Möglichkeit einer „Deutschland-Koalition“ aus CDU, SPD und FDP. Die von Marc Debus unter obigen Annahmen errechnete Wahrscheinlichkeit für dieses Bündnis beträgt rund 69 Prozent. Die Gründe dafür: Der CDU-Spitzenkandidat in Baden-Württemberg, Guido Wolf, hat eine Beteiligung der Christdemokraten an einer von den Grünen geführten Regierung ausgeschlossen. Gemäß den Ergebnissen des baden-württembergischen FDP-Landesparteitags vom 21. Februar muss auch eine sogenannte Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen als ausgeschlossen gelten. Somit bleibt – wenn die Grünen stärkste Fraktion werden – nur die Möglichkeit der „Deutschland-Koalition“. Sollte jedoch die Union stärkste Kraft werden, dann läge die Chance für Schwarz-Grün bei 45 Prozent. Für Schwarz-Rot ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 49 Prozent, sofern denn CDU und SPD eine Mehrheit im Landtag erreichen.

    Rheinland-Pfalz: Jamaika wahrscheinlicher als Große Koalition
    Dem rheinland-pfälzischen FDP-Spitzenkandidaten Volker Wissing zufolge muss eine Ampelkoalition derzeit auch in Mainz als ausgeschlossen gelten. In Rheinland-Pfalz ergibt sich damit laut Marc Debus eine Wahrscheinlichkeit von 57 Prozent für eine sogenannte Jamaika-Koalition aus Christdemokraten, Grünen und FDP sowie eine Chance von 37 Prozent für eine Koalition aus CDU und SPD. Würde die FDP auch das Jamaika-Bündnis ausschließen, dann bliebe – falls Schwarz-Grün alleine keine Mehrheit hat – nur eine Koalition aus CDU und SPD als Ausweg.

    Sachsen-Anhalt: Fortsetzung von Schwarz-Rot sehr wahrscheinlich
    Falls Schwarz-Rot im Magdeburger Landtag wieder eine Mehrheit erhält, so liegt die Wahrscheinlichkeit für die Fortsetzung der CDU/SPD-Koalition nach der Berechnung von Marc Debus unter obigen Annahmen bei knapp 89 Prozent.

    Wie werden die Wahrscheinlichkeiten berechnet?
    Doch wie kommt Debus zu diesen Prognosen? Gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Dr. Thomas Bräuninger, ebenfalls Politikwissenschaftler an der Universität Mannheim und am MZES, hat er ein Modell für Koalitionswahrscheinlichkeiten entwickelt. „Wir haben alle deutschen Landtagswahlen seit 1990 samt den daraus resultierenden Regierungsbildungen ausgewertet. In die Berechnungen fließen die programmatischen Positionen und die Anzahl der Parteien ein. Mit Hilfe von aktuellen Umfragen wissen wir, welche Parteien aller Voraussicht nach in die Landtage einziehen und wie viele Mandate sie ungefähr erhalten werden. Ebenso berücksichtigen wir die Koalitionsaussagen der Parteien und die parteipolitische Zusammensetzung der aktuellen Bundesregierung und der Opposition im Bundestag“, erklärt Debus. Im Modell enthalten seien auch machtpolitische Erfahrungswerte, so Debus weiter: „Koalitionen mit unnötig vielen Parteien und übergroßen Mehrheiten werden in der Regel vermieden, da sie keinen Nutzen für alle beteiligten Parteien bringen. Die stärkste Partei im Parlament hat einen Vorteil: Sie ist häufiger als die übrigen Parteien Teil der Koalitionsregierung.“

    Trägt man obige Informationen zusammen, so lässt sich mit statistischen Verfahren die Effektstärke der genannten Faktoren für den Regierungsbildungsprozess bestimmen. Auf dieser Grundlage können dann die Wahrscheinlichkeiten aller theoretisch möglichen Koalitionsoptionen berechnet werden. Marc Debus ist es damit möglich, 78 von 98 seit 1990 auf Landesebene gebildeten Regierungsbündnissen korrekt herzuleiten und auch Wahrscheinlichkeiten für künftige Koalitionen anzugeben. „Dieses Model erlaubt es uns, Koalitionen relativ verlässlich zu prognostizieren“, fasst Debus zusammen. „Entscheidend bleibt aber, wie die Parteien bei den Wahlen tatsächlich abschneiden. Und das haben bekanntlich allein die Wählerinnen und Wähler in der Hand.“

    Weitere Informationen und Kontakt:
    Bräuninger, Thomas, und Marc Debus (2012): Parteienwettbewerb in den deutschen Bundesländern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften

    Prof. Dr. Marc Debus
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim
    Telefon: +49-621-181-2082
    E-Mail: marc.debus@uni-mannheim.de
    http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/profiles/marc-debus

    Nikolaus Hollermeier
    Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim
    Telefon: +49-621-181-2839
    E-Mail: nikolaus.hollermeier@mzes.uni-mannheim.de
    www.mzes.uni-mannheim.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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