Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. hat am 05.03.2016 im Rahmen seiner 17. Jahrestagung in Köln zwei wissenschaftliche Teams zu Themen aus dem Bereich Physiotherapie mit dem David-Sackett-Preis ausgezeichnet.
Seit 2008 würdigt das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. herausragende Leistungen auf dem Gebiet der evidenzbasierten Medizin und Gesundheitsversorgung mit dem David-Sackett-Preis. 2016 wurde der Preis an zwei Wissenschaftler-Teams vergeben: an die Autorinnengruppe Anne Barzel, Gesche Ketels, Anne Stark und Britta Tetzlaff für die CIMT Arbeitsgruppe sowie an die Gruppe von Autorinnen und Autoren um Kerstin Luedtke für eine Studie zur Wirksamkeit von transkranieller Stimulation bei chronischem Kreuzschmerz.
Beide ausgezeichneten Arbeiten sind im Bereich der Physiotherapie angesiedelt, einem aufstrebenden therapeutischen Berufsfeld, das um die Verwissenschaftlichung seiner Arbeitsgrundlagen bemüht ist, sich aktiv an Leitlinienerstellung beteiligt und in den letzten Jahren viele Studiengänge etabliert und bereits eine ansehnliche Anzahl von promovierten Vertreterinnen und Vertretern hervorgebracht hat.
Anne Barzel und ihre aus ärztlicher, physio- und ergotherapeutischer Expertise bestehende Gruppe am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf haben mehrere Beiträge aus einem Zeitraum von über 10 Jahren vorgelegt zur Constraint-induced Movement Therapy – kurz CIMT – nach Schlaganfall. Ausgehend von Pilotstudien und vorbereitenden Studien mit quantitativen und qualitativen Methoden wurde eine komplexe Intervention für Schlaganfallbetroffene konzipiert und evaluiert. Die Arbeitsgruppe entwickelte das Konzept des CIMT Home, angepasst an ambulante Bedingungen. Das Kernstück der Bewerbung ist eine im Lancet Neurology erschienene Arbeit (1). 71 therapeutische Praxen in Norddeutschland, die Schlaganfallpatienten mit Dysfunktion der oberen Extremität nach Schlaganfall behandeln, waren eingeschlossen. Das Neue sind die eigenständigen physiotherapeutischen Übungen in der Häuslichkeit, die Beteiligung nicht-professioneller Übungsbegleiter (z. B. Angehöriger) und die spezifische Ausrichtung auf die Förderung der Teilhabe an Alltagsaktivitäten.
Die Jury würdigte mit dieser Preisvergabe eine sorgfältig entwickelte und einschlägig evaluierte Intervention, die ein relevantes Gesundheitsproblem mit einem multidisziplinären Team zu lösen sucht.
Das Forschungsprojekt der anderen mit dem David-Sackett-Preis ausgezeichneten Publikation von Kerstin Luedtke et al. "Effectiveness of transcranial direct current stimulation alone or preceding cognitive-behavioral management for chronic low back pain: a sham controlled, double blinded randomized controlled trial" (2) wurde vor dem Hintergrund initiiert, dass innerhalb weniger Jahre eine Serie von Studien veröffentlicht worden war, die trotz schwerer methodischer Mängel zu einem regelrechten "hype" von transkranieller Stimulation für jede Art von chronischen Schmerzerkrankungen geführt hat. Ohne eine solide Evidenzgrundlage wurden Patienten mit dieser Methode reihenweise behandelt.
Die im British Medical Journal veröffentlichte Arbeit von Luedtke und Kolleginnen und Kollegen ist die erste Studie zu elektrischer transkranieller Stimulation, hier bei Patienten mit nicht-spezifischem Kreuzschmerz, mit einer adäquaten Fallzahl von Probanden, die mit einer Scheinintervention kontrolliert und die methodischen Ansprüche einer nicht-pharmakologischen Studie auf höchstem Niveau erfüllt. Das zentrale Ergebnis der Studie ist ernüchternd: Eine Schmerzlinderung konnte nicht erreicht werden, die klinische Nutzung kann nicht unterstützt werden.
Das DNEbM gratuliert den Preisträgergruppen und freut sich über die wertvollen Beiträge zur wissenschaftlichen Fundierung der Physiotherapie.
http://www.ebm-netzwerk.de/pdf/david-sackett-preis/pm-sackett-preistraeger-2016....
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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