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12.04.2016 13:47

Verführerischer Geruch sichert Samenausbreitung

Dr. Susanne Diederich Stabsstelle Kommunikation
Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung

    Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum haben die ökologische Rolle von Fruchtaromen untersucht

    Die Obsttheke im Supermarkt quillt über vor exotischen Früchten in den schönsten Farben, es riecht nach Urlaub. Wir greifen nach einem roten Apfel und schnuppern an der Ananas: Ob sie schon reif genug ist? Früchte sind eine beliebte Nahrungsquelle, sie schmecken nicht nur gut, sie stecken auch voller Vitamine und Nährstoffe. Pflanzen produzieren attraktive Früchte, um ihre Vermehrung und Verbreitung sicher zu stellen. Werden die Früchte nämlich von Tieren gefressen, so breiten diese die Pflanzensamen mit ihrem Kot über weite Strecken aus. Es ist daher von Vorteil für die Pflanze, wenn ihre reifen Früchte leicht erkannt und gefunden werden. Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen und ihre internationalen Kooperationspartner haben in zwei kürzlich veröffentlichten Studien gezeigt, dass manche Pflanzen Früchte tragen, die je nach Reifegrad unterschiedlich riechen. Da Affen für den Geruch von Früchten empfänglich sind, werden sie von reifem Obst angelockt. Früchte von Pflanzen, deren Samen über Vögel ausgebreitet werden, zeigen ihren Reifegrad dagegen nicht über Düfte an (Scientific Reports, 2015; Journal of Chemical Ecology, 2016).

    Pflanzen sind ortsgebunden und daher auf Wirbeltiere wie Affen, Vögel und Fledermäuse angewiesen, um ihre Samen über weite Strecken auszubreiten und sich fortzupflanzen. Damit die Tiere die Samenausbreitung zuverlässig übernehmen, müssen die Früchte für sie attraktiv sein. So haben sie im Laufe der Evolution ein nahrhaftes Fruchtfleisch entwickelt, das reich ist an Zuckern, Fetten, Eiweißen, Vitaminen und Mineralien. Außerdem sollten sie leicht erkennbar sein für nahrungssuchende Tiere. Neben der Farbe könnte der Geruch der Früchte eine wichtige Rolle spielen, um Reifegrad und Qualität anzuzeigen, insbesondere bei Tieren, die sich über ihren Geruchssinn orientieren.

    Affen als Samenausbreiter

    Affen gehören zu den wichtigsten Samenausbreitern in tropischen Ökosystemen. Bis vor kurzem ging man davon aus, dass sich Affen vor allem visuell orientieren. Dass sie auch einen gut entwickelten Geruchssinn haben, wurde erst in den letzten Jahren nachgewiesen. Daher könnte es sein, dass Pflanzen, die auf Affen als Samenausbreiter angewiesen sind, den Reifegrad und die Qualität ihrer Früchte neben Farbänderungen auch durch Düfte anzeigen. Wissenschaftler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) haben zusammen mit Kollegen aus Deutschland, Schweden und Mexiko zwei Studien durchgeführt, um diese Hypothese zu testen.

    Geruch der Früchte zeigt Reifegrad an

    In der ersten Studie haben die Forscher den Geruch gemessen, der von reifen und unreifen Früchten ausgeht. Dazu haben sie an der DPZ-Feldstation im peruanischen Amazonasregenwald Früchte von vier verschiedenen Pflanzenarten gesammelt und entsprechende Duftproben genommen. Es stellte sich heraus, dass sich der Geruch von reifen und unreifen Früchten bei den Pflanzen unterscheidet, deren Samen von Affen verbreitet werden. Die Tiere könnten reife Früchte also zuverlässig am Geruch erkennen. Bei den Pflanzen, die auf Vögel als Samenausbreiter angewiesen sind, war der Geruch jedoch unabhängig vom Reifegrad der Früchte. Da Vögel sich vor allem visuell und nicht über den Geruchssinn orientieren, würde hier ein unterschiedlicher Duft auch keinen Vorteil für die Pflanze bringen. Dass ein veränderter Geruch nur bei den Früchten auftritt, die von Affen gefressen werden, zeigt, dass dies eine Anpassung der Pflanze an den jeweiligen Samenausbreiter ist.

    Affen können reife Früchte am Geruch erkennen

    In einer zweiten Studie haben die Forscher untersucht, ob Affen reife und unreife Früchte auch tatsächlich zuverlässig am Geruch unterscheiden können. Dazu haben sie verschiedene Duftmischungen hergestellt, die den Geruch von Früchten verschiedener Reifegrade imitieren. Die Versuche wurden an Klammeraffen durchgeführt, da diese Tiere sich vornehmlich von reifen Früchten ernähren und damit wichtige Samenausbreiter für verschiedene Pflanzen sind. Es zeigte sich, dass die Klammeraffen unreife, teilreife und reife Früchte zuverlässig am Geruch unterscheiden konnten. Damit ist der Geruch ein verlässliches Signal für Klammeraffen, um reife Früchte zu erkennen.

    „Unsere Studien zeigen, dass der angenehme Geruch, den viele reife Früchte ausströmen, eine wichtige ökologische Funktion hat: Er dient der Kommunikation zwischen Pflanze und Affe“, sagt Omer Nevo, Hauptautor der beiden Veröffentlichungen. Affen profitieren von der Möglichkeit, reife Früchte leicht und zuverlässig zu erkennen. Im Gegenzug bringt es Pflanzen Vorteile, wenn sie ihre Früchte durch Düfte attraktiver für Primaten machen und dadurch die Samenausbreitung gewährleisten können.

    Originalveröffentlichungen

    Nevo O, Heymann EW, Schulz S & Ayasse M. 2016. Fruit odor as a ripeness signal to seed-dispersing primates? A case study on four Neotropical plant species. Journal of Chemical Ecology. DOI: 10.1007/s10886-016-0687-x.

    Nevo O, Orts Garri R, Hernandez Salalzar LT, Schulz S, Heymann EW, Ayasse M & Laska M. 2015. Chemical recognition of fruit ripeness in spider monkeys (Ateles geoffroyi). Scientific Reports 5: 14895. DOI: 10.1038/srep14895.

    Kontakt und Hinweise für Redaktionen

    Dr. Omer Nevo
    Verhaltensökologie und Soziobiologie, Deutsches Primatenzentrum Göttingen und
    Institute of Evolutionary Ecology and Conservation Genomics, Universität Ulm
    E-Mail: omer.nevo@evolutionary-ecology.de

    Dr. Susanne Diederich (Kommunikation, Deutsches Primatenzentrum Göttingen)
    Tel: +49 551 3851-359 bzw. 0151 42616141
    E-Mail: sdiederich@dpz.eu


    Weitere Informationen:

    http://www.dpz.eu/de/startseite/einzelansicht/news/verfuehrerischer-geruch-siche...


    Bilder

    Tamarine fressen die Früchte des Leonia-Baumes und breiten so die Samen der Pflanze aus.
    Tamarine fressen die Früchte des Leonia-Baumes und breiten so die Samen der Pflanze aus.
    Foto: Adrian Reinehr
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    Reife und unreife Früchte des Baumes Leonia cymosa an der DPZ-Feldstation in Peru. Affen breiten die Samen dieser und anderer Pflanzen über ihren Kot aus.
    Reife und unreife Früchte des Baumes Leonia cymosa an der DPZ-Feldstation in Peru. Affen breiten die ...
    Foto: Adrian Reinehr
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Tamarine fressen die Früchte des Leonia-Baumes und breiten so die Samen der Pflanze aus.


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    Reife und unreife Früchte des Baumes Leonia cymosa an der DPZ-Feldstation in Peru. Affen breiten die Samen dieser und anderer Pflanzen über ihren Kot aus.


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