Öffentliche Filmreihe zeigt verschiedene Deutungen von Byzanz für nationale Sinnzuschreibungen / Start der Reihe am 18. Mai 2016
Vorbild? Feindbild? Ebenbild? Ob in der Türkei, Russland oder Bulgarien: In regional spezifischen Deutungen wird Byzanz als Argument genutzt, um die eigene Geschichte ins gewünschte Spotlight zu setzen. Wie bei einer Synchronisation wird dabei zugleich der Inhalt, hier also die jeweilige Vergangenheit, zwar transportiert, aber für Vokabular und Metaphern der Zielsprache und -kultur adaptiert. In ausgewählten Filmbeispielen will die Arbeitsgruppe "Das Vermächtnis von Byzanz" des Leibniz-WissenschaftsCampus Mainz "Byzanz zwischen Orient und Okzident" im Sommersemester 2016 zeigen, wie Byzanz zu bestimmten Anlässen "gedreht" wird, damit es zur Sinnstiftung und Festigung der eigenen Identität der Gegenwart beitragen kann.
Zum Auftakt der Reihe am 18. Mai 2016 steht der türkische Historienfilm "Fetih 1453" ("Die Eroberung 1453") auf dem Programm, der in der Türkei nicht nur als die teuerste, sondern auch als die erfolgreichste Inlandsproduktion 2012 gilt. Der Film stellt die Ereignisse um die Belagerung und die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen in den Mittelpunkt des Geschehens. Dabei steht Sultan Mehmed II. als prophetische Heldengestalt, die den byzantinischen Gegner besiegt, im Zentrum.
Am 1. Juni 2016 wird der englischsprachige Film "The Fall of an Empire – Lessons of Byzantinum" gezeigt, der Anfang 2008 – wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Russland – im russischen staatlichen Fernsehen zur Primetime ausgestrahlt wurde. Gedreht von Archimandrit Tichon Schewkunow, Vorsteher eines Klosters in Moskau und ausgebildeter Filmegisseur, der im Volk den Ruf als "Putins Beichtvater" hat, zeigt der Film das Ende des Byzantinischen Reichs in einer unverhohlenen historischen Analogie zur neuesten sozialpolitischen Geschichte Russlands, wobei der Fall des Imperiums ausdrücklich auf den verderblichen Einfluss des "Westens" zurückgeführt wird.
Der bulgarische Film "Khan Asparuh" – auch bekannt unter dem Titel "681 AD: The glory of the Khan" –, der am 15. Juni 2016 gezeigt wird, handelt von der Geschichte des Sohnes von Khan Kubrat, Asparuh, der die Herrschaft über die Bulgaren im Jahr 681 nach dem Tod seines Vaters übernimmt mit dem Ziel, sein Volk zur Freiheit und zu einem friedlichen Land zu führen, um dort ein eigenes Reich zu gründen. Die Geschichte wurde 1981 anlässlich des 1300. bulgarischen Nationalfeiertags mit gewaltigem Aufwand und tausenden von Statisten verfilmt. Ursprünglich mit einer Spielzeit von viereinhalb Stunden wird die auf 92 Minuten gekürzte Version von 1984 in englischer Sprache mit bulgarischen Untertiteln gezeigt.
Der 1986 erschienene historische Spielfilm "The Primordial Rus", der als letzter Film der Reihe am 13. Juli 2016 gezeigt wird, basiert auf den zwei Romanen des sowjetischen Schriftstellers Valentin Ivanov aus den 1960er-Jahren. Der Film erzählt vom Leben der Anten, den Vorfahren von Ostslawen, im 6. Jahrhundert und ihr Kampf gegen das Byzantinische Reich unter der Herrschaft von Justinian und Theodora sowie gegen das Nomadenvolk der Awaren. Als Produkt der spätsowjetischen Zeit diente der Film den Zielen der ideologischen Jugendbildung und patriotischen Erziehung. Der Film wird auf Russisch mit englischen Untertiteln gezeigt.
Der Filme der Reihe beginnen jeweils um 18:15 Uhr im Hörsaal P2 im Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Interessiertes Publikum ist herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei; Anmeldung nicht erforderlich.
Weitere Informationen unter
http://www.uni-mainz.de/veranstaltungskalender/07_histsem_byzanz-im-film.pdf
Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Christian Maner
Arbeitsbereich Osteuropäische Geschichte
Historisches Seminar
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel.: 06131 39-22113
E-Mail: maner@uni-mainz.de
http://www.osteuropa.geschichte.uni-mainz.de/
http://www.uni-mainz.de/veranstaltungskalender/07_histsem_byzanz-im-film.pdf - Programm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik
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