idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.05.2016 13:21

Internationale Konferenz über Anwendungen der Mößbauer-Spektroskopie ehrt Professor Philipp Gütlich

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Auszeichnung für bedeutende wissenschaftliche Beiträge in der physikalischen anorganischen Chemie

    Die zweite Mediterrane Konferenz über Anwendungen der Mößbauer-Spektroskopie findet dieses Jahr zu Ehren von Prof. Dr. Philipp Gütlich von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) statt. Die Ehrung erfolgt in Anerkennung der vielen bedeutenden wissenschaftlichen Beiträge Gütlichs in der physikalischen anorganischen Chemie, insbesondere der Untersuchung von physikalischen und chemischen Festkörpereigenschaften von Koordinationsverbindungen und Legierungen der Übergangsmetalle mit physikalischen Methoden. Die Konferenz, die sich mit den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten des Mößbauer-Effekts befasst, findet nach 2015 dieses Jahr zum zweiten Mal statt. Die Teilnehmer treffen sich dazu vom 31. Mai bis zum 3. Juni 2016 in der kroatischen Stadt Cavtat.

    Philipp Gütlich, geboren 1934 in Rüsselsheim, studierte Chemie an der TU Darmstadt. Bereits kurz nach seiner Promotion 1963, ebenfalls in Darmstadt, begann er bei einem Postdoc-Aufenthalt am Brookhaven National Laboratory (USA) mit der Mößbauer-Spektroskopie zu arbeiten. Diese Arbeit bildete die Basis für seine Habilitationsschrift „Beiträge zur Anwendung des Mößbauer-Effekts in der Chemie“, die er 1968 an der TU Darmstadt vorlegte. 1969 erhielt er die Venia Legendi für Anorganische Chemie und Kernchemie. Seitdem stellt die Mößbauer-Spektroskopie für Gütlich die wichtigste Technik für seine Forschungen u.a. über Elektronen- und Molekülstruktur und damit zusammenhängend die magnetischen und optischen Eigenschaften von Übergangsmetallverbindungen dar – ein Arbeitsfeld, das ihn bis heute beschäftigt. Genannt seien hier vor allem die Präparation und physikalische Charakterisierung von sogenannten Spincrossover-Verbindungen. Das sind Materialien, die sich thermisch und optisch schalten lassen und Potenzial für technische Anwendungen als Sensoren besitzen. Die wegweisenden Arbeiten auf diesem Gebiet haben ihren Niederschlag in mehreren hundert Veröffentlichungen gefunden, darunter zahlreiche Übersichtsartikel, Buchkapitel und Monographien. Das wissenschaftliche Gesamtwerk von Gütlich wurde mit der Verleihung von mehreren Preisen sowie von zwei Ehrendoktortiteln (Tokyo, Budapest) gewürdigt.

    1975 folgte Gütlich dem Ruf auf eine Professorenstelle in der anorganischen Chemie und analytischen Chemie der JGU, wo er bis zu seiner Emeritierung 2001 eine Forschungsgruppe aus Chemikern und Physikern leitete und heute noch verschiedenen Aufgaben nachkommt. Durch großzügige Unterstützung von Kollegen des Physik-Instituts konnte Gütlich seinen Arbeitskreis in der Physik aufbauen und mit exzellenten Arbeitsbedingungen ausstatten. Andere Rufangebote konnten ihn nicht bewegen, die Mainzer Universität zu verlassen; er ist ihr bis zu seiner Emeritierung treu geblieben.

    Zu seinem Team gehörte auch die Arbeitsgruppe um Dr. Göstar Klingelhöfer, der auf Gütlichs Initiative hin nach Mainz kam und die unter Professor Kankeleit am Institut für Kernphysik der TU Darmstadt begonnene Entwicklung eines miniaturisierten Mößbauer-Spektrometers (MIMOS II) zur Einsatzreife weiter entwickelte. MIMOS II war an mehreren Weltraummissionen aktiv beteiligt. Insbesondere hatte MIMOS II auf den NASA-Rovern Spirit und Opportunity maßgeblichen Anteil an der Entdeckung, dass der Mars früher flüssiges Wasser geführt haben muss. Den entscheidenden Hinweis dafür lieferte die Mößbauer-Spektroskopie. Die von eisenhaltigen Mineralien gemessenen Spektren enthielten überwiegend Signale von Hämatit, Magnetit und Goethit, also Mineralien, die nur in Gegenwart von Wasser entstanden sein konnten. Das miniaturisierte Mößbauer-Spektrometer ist hervorragend als mobiles Messgerät geeignet. Beispielsweise wurde es für Untersuchungen von Kunstwerken (Klimt-Gemälde), Felsmalereien in Brasilien, Exponaten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, geologischen Bodenanalysen und Luftreinheitskontrollen eingesetzt.

    Die „2nd Mediterranean Conference on the Applications of the Mössbauer Effect in the Honour of Prof. Dr. Philipp Gütlich” wird Anfang Juni für vier Tage Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus vielen Ländern zusammenbringen, die sich mit der Mößbauer-Spektroskopie und verwandten Techniken befassen und sie auf vielen Gebieten der Festkörperforschung anwenden, darunter Materialwissenschaften, Festkörperchemie und Festkörperphysik, Umwelt- und Erdwissenschaften sowie Planetologie. Auch Anwendungen in der Biologie und Medizin stehen im Fokus. Eine wichtige Rolle kommt der Mößbauer-Spektroskopie bei industriellen Anwendungen zu. Beispiele sind die Untersuchungen über Entstehung und Vermeidung von Korrosion und Qualitätskontrollen bei der Stahl- und Glasproduktion.

    Der Mößbauer-Effekt, physikalisch korrekt als „rückstoßfreie Kernresonanzabsorption von Gammastrahlen“ bezeichnet, wurde von dem deutschen Physiker Rudolf Mößbauer im Verlauf seiner Promotionsarbeit 1958 entdeckt. Drei Jahre später erhielt er dafür den Nobelpreis für Physik. Der Mößbauer-Effekt ist an Nukliden von über 40 Elementen des Periodensystems entdeckt worden. Für praktische Anwendungen kommt jedoch nur etwa die Hälfte in Frage. Der Grund dafür sind Einschränkungen bei gewissen kernphysikalischen Daten, die die Messung der Kernresonanzabsorption erschweren. Neue, dem Mößbauer-Effekt verwandte Messmethoden basieren auf Kernresonanzstreuung mit Synchrotronstrahlung. Sie gleichen Nachteile der klassischen Mößbauer-Effekt-Messung aus und erweitern die Liste der nutzbaren Sondennuklide. Der gegenwärtige Entwicklungsstand wird ebenfalls auf der bevorstehenden Konferenz in Cavtat diskutiert werden.

    Foto:
    http://www.uni-mainz.de/bilder_presse/09_anorgchemie_guetlich.jpg
    Prof. Dr. Philipp Gütlich
    Foto/©: privat

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Philipp Gütlich
    Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
    55099 Mainz
    Tel. +49 6154 81373
    E-Mail: guetlich@uni-mainz.de
    http://www.ak-guetlich.chemie.uni-mainz.de/

    Weitere Links:
    http://mecame2016.irb.hr/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Personalia, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).