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17.09.1998 00:00

MESROP - Zentrum für Armenische Studien in Wittenberg

Ingrid Godenrath Stabsstelle Zentrale Kommunikation
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Vorbereitung der "Weltkonferenz Armenien" im Jahr 2000

    Im Rahmen der "Kulturtage der Republik Armenien in der Bundesrepublik Deutschland", deren Veranstaltungen vom 3. September bis 16. Oktober 1998 in Bonn, Bielefeld, Halle an der Saale, in der Lutherstadt Wittenberg und in Magdeburg stattfinden, wurde am 6. September an der Stiftung Leucorea e. V. in Wittenberg an der Sektion "Sprach- und Kulturwissenschaften" das "MESROP - Zentrum für Armenische Studien" gegründet.
    Beim Festakt waren Vertreter der Republik Armenien, der armenischen Kirche, der Landesregierung von Sachsen-Anhalt, der Lutherstadt Wittenberg und der Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zugegen. Professor Dr. Hermann Goltz, Kirchenhistoriker, Ostkirchenkundler und Armenologe, langjähriger Studiensekretär der Genfer Konferenz der Europäischen Kirchen, Dekan der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Direktor des neuen Zentrums, hielt den Festvortrag über "Mesrop und Luther".
    Seit dem Jahr 301 ist der christliche Glaube in Armenien (in der Landessprache: Hajastan) Staatsreligion. Im Vorfeld des 1.700jährigen Bestehens der Armenischen Apostolischen Kirche findet im Jahr 2000 eine "Weltkonferenz Armenien" statt. Die Vorbereitungen, die seit geraumer Zeit laufen, haben nun mit dem neuen, wissenschaftlichen Zentrum auch einen entsprechenden organisatorischen Rahmen gefunden. Mit dem Namen des Zentrums wird der hl. Mesrop, Erfinder des armenischen Alphabets und - mehr als ein Jahrtausend vor Luther - Übersetzer der Bibel in die Sprache des armenischen Volkes, geehrt.
    Mesrop Maschtoz - nach seinem Wirken als Beamter und Militär wie Luther ein Mönch - war ein für seine Zeit außergewöhnlich gebildeter Mann. Bei literarischen und religiösen Studien fiel ihm auf, daß die damals für das Armenische gebräuchlichen fremden Alphabete zur lebendigen Sprache seines Volkes nicht recht passen wollten. Deshalb tat er dasselbe wie Jahrhunderte nach ihm sein "Ururenkel" Martin Luther: Er ging und schaute dem Volk aufs Maul. Eine Handvoll junger Leute nahm er mit und zog, wie man aus der später von seinem Schüler Koriun aufgezeichneten Biographie weiß, nach Aramäa, in die Städte Edessa (heute: Urfa) und Amida (heute: Diarbekir). Dort entwickelten sie, zusammen mit Syrern und Griechen, das neue armenische Alphabet. So entstand die heute noch übliche armenischen Schrift, die als einer der Faktoren gilt, die neben dem orthodoxen armenischen Christentum und vielen anderen das in alle Welt verstreute Volk eint.
    Sogar einige der Hymnen im "Scharaknoz", dem über tausend Jahre alten religiösen Hymnarium der armenischen Kirche, stammen höchstwahrscheinlich aus der Feder des hl. Mesrop. Zufall oder nicht, darauf wies Professor Goltz besonders hin: Mesrop und Luther starben am gleichen Tag, der eine 440 im armenischen Hochland, der andere 1546 in Wittenberg. Und ebenfalls am 17. Februar, im Jahr 1600, endete das Leben des Wittenberger Professors und "Ketzers" Giordano Bruno auf einem Scheiterhaufen in Rom. In seiner Lobrede auf die Wittenberger Universität hatte er damals schon Studenten aus dem Kaukasus begrüßt. Daher soll der 17. Februar für das MESROP-Zentrum ein besonderer Denk-Tag sein.
    Das Zentrum arbeitet eng zusammen mit der halleschen Theologischen Fakultät und nutzt auch die reichen Quellen im Johannes-Lepsius-Archiv, das sich auf Initiative von Professor Goltz seit 1981 in Halle befindet und mit Hilfe der VW-Stiftung erschlossen wird. Der deutsche Pastor Johannes Lepsius ist vor allem durch sein Engagement für das armenische Volk in der Zeit des Völkermordes, der 1915 von den Türken verübt wurde, bekannt. Franz Werfel setzte ihm 1933 ein literarisches Denkmal mit seinem weltbekannten Roman "Die vierzig Tage des Musa Dagh".
    Zieht man in Betracht, daß im 1. Weltkrieg das Deutsche Reich als Bundesgenosse der Türkei zu dem an den Armeniern begangenen Genozid nicht nur schwieg, sondern dieses Verbrechen sogar begünstigte, und daß die Armenier auch auf den Vernichtungslisten der Nazis standen, wird deutlich, daß dem Zentrum im Herzen Deutschlands nicht nur eine wissenschaftliche, sondern zugleich eine moralische Verpflichtung auferlegt ist.
    "MESROP" wird künftig ein Zentrum zur Erforschung armenischer Geschichte und Religion, Kunst und Kultur, des Austauschs zwischen deutschen und armenischen Wissenschaftlern und Studenten sowie der Begegnung zweier historisch miteinander verbundener Völker sein.

    Ansprechpartner:
    MESROP - Zentrum für Armenische Studien
    Dr. Vazrik Bazil - Geschäftsführer
    Stiftung Leucorea e. V.
    Collegienstraße 62
    06386 Lutherstadt Wittenberg
    Telefon: (0 34 91) 46 61 41
    Telefax: (0 34 91) 46 62 32


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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