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19.05.2016 13:52

Individuelle Vorstufen des Diabetes: Nicht jede birgt dasselbe Risiko für Herzkreislauferkrankungen

Dr. Silvia Grote Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung

    Tübingen, 19. Mai 2016. Menschen mit einem gestörten Blutzuckerstoffwechsel, die ein Vorstadium des Diabetes aufweisen (= Prädiabetes), haben ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Demenz und Krebs. Aber ihr individuelles Risiko für diese Erkrankungen unterscheidet sich deutlich. Neue Analysen zeigen, dass die Untersuchung auf Fettleber, vermehrtes Bauchfett sowie Störung der Produktion und Wirkung von Insulin helfen kann, das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Typ-2-Diabetes besser vorherzusagen und vorzubeugen. Diese Ergebnisse wurden von DZD-Wissenschaftlern im renommierten Journal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht.

    Diabetes und seine Vorstufen haben weltweit epidemische Ausmaße erreicht. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass ein erhöhter Blutzucker bereits bei Prädiabetes mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Demenz und Krebs einhergeht. Aber sogar im Stadium des Prädiabetes unterscheidet sich das Risiko für diese Erkrankungen deutlich zwischen den Menschen. Diese Erkenntnis nahmen Wissenschaftler der Abteilung für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Tübingen und des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München, Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), zum Anlass zu untersuchen, welche Faktoren diese Unterschiede im Krankheitsrisiko erklären könnten.

    Typ-2-Diabetes ist nicht gleich Typ-2-Diabetes

    Mehrere Mechanismen spielen bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes eine Rolle. Aber im klinischen Alltag ist es schwierig, diese Mechanismen auseinanderzuhalten – was für die personalisierte Prävention und Therapie des Diabetes sehr hilfreich wäre. Beispielsweise kann nur der Nüchternblutzucker erhöht sein oder es kann vorkommen, dass der Zuckerstoffwechsel innerhalb weniger Stunden nach der Nahrungsaufnahme entgleist. Bei anderen Patienten wiederum sind beide Phänomene zu beobachten. Anhand der Erscheinungsbilder lassen sich verschiedene „Risiko-Phänotypen“ unterscheiden.

    Phänotypen bestimmen das Herz-Kreislauf-Risiko

    Im Rahmen einer Analyse der Daten von 1.003 Teilnehmern der Tübinger Diabetes Familienstudie, bei der 405 Menschen Prädiabetes hatten, waren die vier Risiko-Phänotypen Fettleber, vermehrtes Bauchfett – gemessen im Rahmen einer Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) – und eine Störung der Produktion und Wirkung von Insulin ausschlaggebend für das Diabetes-Risiko. Die drei Risiko-Phänotypen Fettleber und eine Störung der Produktion und Wirkung von Insulin sagten auch voraus, wie erfolgreich eine Lebensstilintervention zur Normalisierung erhöhter Blutzuckerwerte bei Menschen mit Prädiabetes war. Zudem zeigten vor allem Patienten mit Fettleber und vermehrtem Bauchfettgehalt eine Verdickung der Halsschlagader und somit ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen.

    Phänotypen des Prädiabetes

    Basierend auf dem zunehmenden Wissen über das Vorliegen der verschiedenen Phänotypen des Stoffwechsels, die den stoffwechselgesunden fettleibigen Menschen und den stoffwechselkranken normalgewichtigen Menschen charakterisieren, haben die Wissenschaftler die Häufigkeit der vier Risiko-Phänotypen unter den unterschiedlichen BMI-Kategorien (Normalgewicht, Übergewicht, Fettleibigkeit) bei Menschen mit normalen Blutzuckerwerten und bei Menschen mit Prädiabetes untersucht. Sie konnten zeigen, dass zwischen den BMI-Kategorien eine unterschiedliche Verteilung dieser Phänotypen vorliegt (Abbildung). Während z.B. ein Insulinproduktionsdefekt der mit Abstand häufigste Risiko-Phänotyp bei normalgewichtigen Menschen mit Prädiabetes ist, nehmen die Häufigkeiten der Fettleber und des vermehrten Bauchfettgehalts bei übergewichtigen und adipösen Menschen deutlich zu.

    Schlussfolgerungen für Prävention und Therapie

    Norbert Stefan, Erstautor der Arbeit, schlägt vor, dass „nach der Klassifikation der Kategorien normale Zuckerstoffwechsellage und Prädiabetes, die Fettleber, der vermehrte Bauchfettgehalt und eine Störung der Produktion und Wirkung von Insulin bei der Beurteilung des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen und von Typ-2-Diabetes berücksichtigt werden sollen. Wenn sich dieses Vorgehen als erfolgsversprechend herausstellen sollte, dann könnte es Einzug in die medizinischen Leitlinien zur Prävention und Therapie von Diabetes und der damit verbundenen Erkrankungen halten.“ Hans-Ulrich Häring, Letztautor der Arbeit, fügt hinzu, dass „die Anwendung von präzisen Phänotypisierungsstrategien im Rahmen von klinischen Studien das Verständnis der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen und des Typ-2-Diabetes verbessern wird.“

    Original-Publikation:

    Norbert Stefan, Andreas Fritsche, Fritz Schick, Hans-Ulrich Häring. Phenotypes of prediabetes and stratification of cardiometabolic risk. Lancet Diabetes & Endocrinology 2016 [epub ahead of print] DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(16)00082-6

    Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner. Weitere Informationen: www.dzd-ev.de

    Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V.

    Ansprechpartner für die Medien:

    Dr. Astrid Glaser
    Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
    Ingolstädter Landstr. 1
    85764 Neuherberg
    Tel. 089-3187-1619
    E-Mail: contact@dzd-ev.de

    Fachlicher Ansprechpartner:

    Prof. Dr. med. Norbert Stefan
    Universitätsklinikum Tübingen
    Abteilung für Innere Medizin IV
    Otfried-Müller-Straße 10
    72076 Tübingen
    Tel. 07071 29-80390
    E-Mail: norbert.stefan@med.uni-tuebingen.de


    Weitere Informationen:

    https://www.dzd-ev.de/
    https://twitter.com/DiabResearch


    Bilder

    Anteil der Personen mit verminderter Insulinwirkung, verminderter Insulinproduktion, nicht-alkoholischer Fettleber und viszeraler Adipositas.
    Anteil der Personen mit verminderter Insulinwirkung, verminderter Insulinproduktion, nicht-alkoholis ...
    Quelle: Stefan et al. Phenotypes of prediabetes and stratification of cardiometabolic risk. Lancet Diabetes & Endocrinology 2016. © The Lancet Diabetes & Endocrinology
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Anteil der Personen mit verminderter Insulinwirkung, verminderter Insulinproduktion, nicht-alkoholischer Fettleber und viszeraler Adipositas.


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