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17.06.2003 14:03

Frauen und Herzinfarkt: die CORA-Studie

Dr. Marion Schafft Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

    Die CORA-Studie - Coronary Risk Factors for Atherosclerosis in Women - hat eine Reihe bemerkenswerter Erkenntnisse zum Verständnis dieser häufigen Erkrankung gebracht, die direkt therapeutisch umgesetzt werden können.

    Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere der Herzinfarkt, haben bei Frauen dramatisch zugenommen und sind zur führenden Todesursache geworden. Die CORA-Studie wurde seit 1997 unter der Leitung von Professor Dr. Eberhard Windler an der Medizinischen Klinik (Direktor Professor Dr. Heiner Greten) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) durchgeführt und mit 15 000 Euro aus Mitteln des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft unterstützt. Sie ist die erste populationsbezogene Fall-Kontroll-Studie für Frauen in Europa mit einer aussagekräftigen Probandenzahl, die sowohl Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil als auch klinische Parameter, anthropometrische Messungen und genetische Faktoren in die Untersuchung einbezieht. 200 Patientinnen der Medizinischen Klinik mit neu aufgetretener koronarer Herzkrankheit wurden mit 255 gleichaltrigen gesunden Frauen aus der Hamburger Bevölkerung verglichen.

    Einige Ergebnisse kurz zusammengefasst:
    - Ohne Ausnahme haben Frauen mit koronarer Herzkrankheit einen der bekannten Risikofaktoren wie hohen Blutdruck, Diabetes, Rauchen oder eine Fettstoffwechselstörung.
    - In über 90 Prozent der Fälle liegt eine Kombination von zwei, häufiger drei oder vier dieser Risikofaktoren vor.
    - Zwei Drittel der Frauen haben ein Metabolisches Syndrom (Diabetes und zwei weiteren Risiken), die damit häufigste Risikokonstellation.
    - Diabetes, aber ganz besonders die Insulinresistenz, ist mehrfach häufiger bei Frauen mit koronarer Herzkrankheit anzutreffen.
    - Da Insulinresistenz heute noch nicht diagnostiziert wird, bleibt das Risiko für das Herz meist unerkannt.
    - Obgleich die Entwicklung des Metabolischen Syndroms gewichtsabhängig ist, unterscheiden sich koronarkranke und -gesunde Frauen weder in ihrem Gewicht noch im BMI (Body Mass Index) bei Krankheitsausbruch. Sie unterscheiden sich jedoch darin, dass der Gewichtsanstieg bei den koronarkranken Frauen früher einsetzte.
    - Aussagekräftig ist der Taillenumfang als Parameter einer zentralen, mesenterialen Adipositas.
    - Koronarerkrankungen sind mit einer ungünstigen Ernährungsweise assoziiert: Koronarkranke Frauen haben eine höhere Aufnahme an Kalorien, tierischen Fetten durch Fleisch, Wurstwaren, Saucen, Desserts und Streichfetten, während gesunde Frauen Obst und Gemüse bevorzugen und deutlich mehr Sport treiben.
    - Daher können Medikamente allein nicht korrigieren, was ungünstiger Lebensstil anrichtet.
    - Die Wirkung der Ernährung ist dramatisch und stärker als die der bekannten Risikofaktoren.
    - Beispielsweise reduzieren 200 Gramm Obst und Gemüse täglich verzehrt (circa zwei Äpfel und Gemüse zu einer Mahlzeit) das koronare Risiko um etwa 60 Prozent. 100 Gramm Fleisch und Wurstwaren erhöhen hingegen das Risiko um etwa 150 Prozent. Ernährungsfaktoren erklären in dieser Studie einen Großteil der aufgetretenen Koronarerkrankungen.
    - Zusätzlich beeinflussen die Ernährungsformen die bekannten Risikofaktoren.
    - Wider Erwarten spielt Rauchen allein für Frauen keine entscheidende Rolle für die Entstehung koronarer Herzkrankheit.
    - Rauchen wird besonders im Zusammenspiel mit einem Metabolischen Syndrom für das Herz gefährlich.
    - Offenbar spielt das Rauchen auch im Zusammenhang mit einer Hormonersatztherapie (HRT) eine ungünstige Rolle.
    - Insgesamt erleiden aber signifikant weniger Frauen unter HRT einen Herzinfarkt.
    - Frauen unter HRT folgen einem gesünderen Lebensstil und haben deutlich weniger Risikofaktoren.
    - Frauen, die unter HRT einen Herzinfarkt erleiden, bilden Ausnahmen dieser Regel, haben einen exzeptionell schlechten Lebensstil, ernähren sich falsch und rauchen häufig. Niedriges HDL-Cholesterin und hohes Lipoprotein(a) trotz HRT weisen möglicherweise auf eine Untergruppe von Frauen hin, die auf genetischer Basis nicht positiv auf Östrogene reagieren.
    - Aus soziodemographischer Sicht sind besser ausgebildete und berufstätige Frauen im Vorteil.

    Zusammenfassend lässt sich sagen:
    - Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass nicht die bekannten Risikofaktoren allein zu koronarer Herzkrankheit führen, sondern falsche Ernährung einen entscheidenden Einfluss hat.
    - Daher wird es nicht gelingen, allein mit Tabletten die Effekte eines ungesunden Lebensstils auszugleichen.
    - Andererseits zeigt die Studie sehr eindrücklich einen einfachen Weg auf, sich wirksam vor Herzkrankheiten zu schützen: eine gesündere Ernährung mit weniger kalorienreichen und fettreichen Lebensmitteln zugunsten von mehr Obst und Gemüse, regelmäßige körperliche Aktivität und Rauchverzicht.
    - Für junge Frauen ist es entscheidend, einen Gewichtsanstieg zu vermeiden.
    - In der Menopause kann Hormonersatztherapie Teil einer allgemein gesunden Lebensführung ohne die befürchteten Risiken sein.

    Im April 2003 wurde der Arbeitsgruppe Professor Dr. Eberhard Windler, Dr. Birgit-Christiane Zyriax (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) und Privatdozent Dr. Heiner Boeing (Abteilung für Epidemiologie, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke) anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden der Preis "Prävention in der Inneren Medizin" für diese Studie verliehen. Um die Erkenntnisse umzusetzen, läuft zur Zeit eine Untersuchung zu Motivationsformen in der Prävention und darauf folgend wird ein großes Projekt zur Vermeidung des Typ 2 Diabetes in der Bevölkerung durchgeführt.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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