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18.06.2003 08:10

Werbung und Öffentlichkeitsarbeit müssen umsteuern

Bettina Augustin M. A. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachhochschule Mainz

    Studie an der FH Mainz: Unternehmen verlieren dramatisch an Bindungkraft gegenüber Kunden und Mitarbeitern

    Mainz, den 18.06.2003 - Die großen Unternehmen in Deutschland verlieren in dramatischer Weise ihre Fähigkeit, Kunden und Mitarbeiter langfristig an sich zu binden. Auch bei Aktionären und Öffentlichkeit sinkt das Vertrauen zusehends. Mit der Folge: Die Produkt- und Unternehmenskommunikation wird sich in den kommenden Jahren deutlich verändern müssen. Nur dann werde sie Absatz und Akzeptanz fördern können. Dies zeigt die große Management- Studie, die an der FH Mainz entstanden ist und in diesen Tagen veröffentlicht wird. Dort hat Prof. Dr. Lothar Rolke mit seinem Team 388 Führungskräfte aus Marketing und Public Relations der 1200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland intensiv befragt. Um ihre Erkenntnisse zu vertiefen und abzusichern, haben sie weitere 18 Studien einer Sekundäranalyse unterzogen.

    Niedrigpreis-Aktionismus ist Symptom für Treueverlust

    Mit einer anhaltenden Abnahme der Kundenloyalität rechnen rund 45 Prozent der Unternehmen. Nur 22 Prozent glauben an eine weitere Zunahme. Die Gründe dafür liegen beim Kunden, der sich verändert. Die ständige Reizüberflutung, neuartige Bedürfnisprofile und gestiegenes Selbstvertrauen erschweren es den Unternehmen, ihre Kunden zu erreichen. Diese finden sich allzu oft unverstanden und reagieren mit Abwanderung (Loyalitätsverlust). "Wer sie halten will, muss in der Kommunikation auf den Kunden zusteuern", erklärt Rolke. "Gezielt, verzahnt und auf den Kunden hörend" sei die Wegweisung für eine zukunftsfähige Kundenansprache.

    Tatsächlich reagierten aber viele Unternehmen mit blindem Preis-Aktionismus. Die allerorts zu beobachtenden Geiz-ist-geil-Strategien, Dauertiefpreise und Schnäppchenpreis-Happenings sollen die Kunden reflexartig in die Kaufhäuser treiben. Doch damit werde das Problem nur verschärft, so der Mainzer Professor. In der Massenbewegung der kleinen Preise sei Kundenbindung nicht mehr gefragt. Sie werde viel eher zerstört. Um wirkungsvoll gegenzusteuern, müssten Werbung und Öffentlichkeitsarbeit wieder die Meinungs- und Wunschführerschaft übernehmen. Wer Loyalität wolle, der müsse Menschen in seine (Werte-)Welt einbinden können. Das gehe aber nur über Vertrauen und Verstehen. Beides lasse sich nicht kaufen, sondern müsse verdient und erarbeitet werden.

    In der besseren Verzahnung von Marketing und Public Relations liegt der entscheidende Erfolgsschlüssel für eine erfolgreiche Kommunikation. Schon heute übernimmt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu fast 50 Prozent Aufgaben der Marketing-Kommunikation. (Produkt-)PR wird auch künftig noch dazu gewinnen. Klassische Werbung hingegen wird weiterhin an Budget verlieren. Immer wichtiger wird das Internet für die Kommunikation. Auch Direct-Marketing wird in Zukunft im Kommunikations-Mix eine größere Rolle spielen.

    Mitarbeiter gehören zu den großen Verlierern

    Die Loyalität der Mitarbeiter (im Durchschnitt mit 2,51 nach Schulnoten bewertet) ist heute geringer als die der Kunden (im Durchschnitt mit 2,14 benotet). Diesen Treueverlust in den Belegschaften haben Unternehmen selber verschuldet. So hat die Beachtung der Mitarbeiter(-Interessen) in den vergangenen 10 Jahren ständig abgenommen. "Ungezählte Reorganisationsprozesse und kommunikativ schlecht gemanagte Firmenübernahmen haben die Ablösebereitschaft weiter verstärkt", erläutert Rolke. In 40 Prozent aller befragten Unternehmen kommuniziert das Management deutlicher schlechter mit den eigenen Mitarbeitern als mit den Kunden.

    Die Internet-Technologie spielt in der Mitarbeiterkommunikation bereits eine sehr viel größere Rolle als in der Kundenansprache. Der Mainzer BWL-Professor sieht darin eine bislang unentdeckte Chance: "Denn Unternehmen könnten hier sehr viel schneller lernen, wie sie eines Tages mit ihren Kunden über diesen Weg optimaler Weise kommunizieren sollten." Die Lernkultur in den Unternehmen wird interessanterweise als so mittelmäßig bis gut (Durchschnittsnote: 2,43) wie die Kommunikationsleistung der Unternehmen insgesamt eingeschätzt (Durchschnittsnote: 2,45). Dazu Rolke: "Sollte es hier einen kausalen Zusammenhang geben, so wäre der Treiber für mehr kommunikativen Erfolg klar: die Lernfähigkeit des Managements und der Kommunikations-abteilungen."

    Börsennotierung führt zu einem vermehrten Kommunikations-aufwand. AG's müssen etwa das 2,4fache in Kommunikation investieren wie Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind. Ein entsprechend höherer Ertrag in Form positiverer Beachtung kann dagegen nicht nachgewiesen werden. Unterschätzt wird allzu oft das funktionierende Zusammenspiel von Analysten und Journalisten, das eine wesentliche Ursache für den Mehraufwand darstellt. Als Orientierungsmaßstab dienen der Investor Relations heute vor allem Analysen und Aktionärsmeinungen. Dem Aktienkurs wird im Gegensatz zur Situation vor zwei Jahren derzeit wenig Aussagekraft zugetraut.

    Die Mainzer Studie "Produkt- und Unternehmenskommunikation im Umbruch. Was Marketer und PR-Manager in Zukunft erwarten", ist unter Leitung von Prof. Dr. Lothar Rolke entstanden. Er lehrt BWL und Unternehmenskommunikation an der FH Mainz, University of Applied Sciences. Von den 1200 umsatzstärksten Firmen hat sich eine repräsentative Auswahl von 388 beteiligt. Erhebungszeitraum der Intensivbefragung war von Juni bis September 2002. Es ist die bislang umfangreichste Studie dieser Art in Deutschland. Die Untersuchung wurde als Drittmittelprojekt von der Allianz Versicherung, Aventis, BASF, Bertelsmann, IBM, die Landesbank Rheinland-Pfalz und RWE finanziert. Alle Entscheidungen zu inhaltlichen und methodischen Fragen wurden ausschließlich vom Leiter der Studie getroffen.

    Kontaktadresse Prof. Dr. Lothar Rolke: E-Mail: l.rolke-ho@t-online.de,Tel. 069/ 52 60 66.
    Studie: Prof. Dr. Lothar Rolke, FH Mainz, University of Applied Sciences: "Produkt- und Unternehmenskommunikation im Umbruch. Was Marketer und PR-Manager in Zukunft erwarten." (100,- Euro)
    Bezug: F.A.Z.-Institut; Fax: 069/7591-1966; E-Mail: branchen@faz-institut.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fh-mainz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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