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30.05.2016 09:43

Wenn leistungsstarke Klassen ein Nachteil sind

Antje Karbe Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Studie der Tübinger Bildungsforschung zeigt: Besonders begabte Kinder werden in überdurchschnittlich guten Klassen oft übersehen

    Sehr begabte Kinder haben in Klassen mit einem überdurchschnittlich hohen Intelligenzniveau oft das Nachsehen. Denn, wenn es darum geht, ihre hohe Begabung zu erkennen und zu fördern, werden ihre Begabungen leichter übersehen. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen in einer Studie herausgefunden. Das Forscherteam hat außerdem untersucht, welche Rolle die Einstellung und Vorerfahrung des Lehrers spielen, wenn sie begabte Kinder für Förderprogramme nominieren.

    Die bisherige Forschung zur Förderung von sehr begabten und hochbegabten Kindern zeigt, dass diese Kinder von außerschulischen Förderprogrammen in ihrer Entwicklung nachhaltig profitieren. In den vergangenen Jahren wurden daher in Baden-Württemberg mehr Angebote zur Begabungsförderung eingerichtet, beispielsweise die Hector-Kinderakademien, die an rund 60 Standorten spezielle Kurse für begabte Grundschulkinder anbieten. Die Lehrkräfte wählen die Kinder aus, die an diesen Programmen teilnehmen können. Um herauszufinden, wie die Kinder für diese speziellen Förderprogramme ausgewählt werden, hatten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 105 Lehrkräfte zu ihren Überzeugungen und Erfahrungen hinsichtlich Begabung und Intelligenz befragt. Um die Ergebnisse zwischen Kindern, die nominiert oder nicht nominiert wurden, vergleichen zu können, absolvierten 1.468 Drittklässlerinnen und Drittklässler aus den Klassen der befragten Lehrkräfte einen Intelligenztest.

    Die Vermutung der Bildungsforscherinnen und Bildungsforscher: In Klassen mit einem überdurchschnittlichen Intelligenzniveau sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind für ein Begabtenförderprogramm vorgeschlagen wird. So würden sich unter anderem auch Schwankungen in der Intelligenz der nominierten Kinder von verschiedenen Schulen erklären lassen. „Unsere Studie zeigt, dass das Urteil einer Lehrkraft über ein einzelnes Kind häufig durch die Eigenschaften der ganzen Klasse mit beeinflusst wird“, sagt Sandra Rothenbusch, Erstautorin der Studie. Wie stark eine Lehrkraft vom Klassendurchschnitt beeinflusst wird, hängt allerdings auch mit ihren Überzeugungen hinsichtlich Hochbegabung zusammen. „Lehrkräfte, die der Überzeugung sind, dass ein hochbegabtes Kind in allen Fächern überdurchschnittlich gut sein muss, orientieren sich stärker am Intelligenzniveau der Klasse als Lehrkräfte, die auch dann von Hochbegabung sprechen würden, wenn ein Kind nur in bestimmten Bereichen wie zum Beispiel in Mathematik oder Musik besonders hervorsticht“, fügt Sandra Rothenbusch hinzu.

    „Das Ergebnis fügt sich nahtlos ein in die Befunde früherer Studien, in denen wir zeigen konnten, dass auch Übertrittsentscheidungen nach der Grundschule davon abhängen, wie leistungsstark die Klassenkameraden sind“, sagt Ulrich Trautwein, Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung. „Der neue Befund unterstreicht erneut, wie wichtig es ist, dass Lehrkräfte noch systematischer diagnostische Kompetenzen erwerben und darin unterstützt werden, die Begabungen ihrer Schüler zu erkennen“.

    Originalpublikation:
    Rothenbusch, S., Zettler, I., Voss, T., Lösch, T., & Trautwein, U. (in press). Exploring reference group effects on teachers’ nominations of gifted students. Journal of Educational Psychology. Online first: http://psycnet.apa.org/psycarticles/2016-03226-001

    Kontakt:
    Prof. Dr. Ulrich Trautwein
    Universität Tübingen
    Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung
    Telefon +49 7071 29-73931
    ulrich.trautwein@uni-tuebingen.de
    www.hib.uni-tuebingen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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