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09.06.2016 15:20

Wie sich Seelilien vor 450 Millionen Jahren ernährten

Antje Karbe Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Computersimulationen ermöglichen Einblick in das komplexe Fressverhalten der Crinoiden, filtrierende Organismen aus der Triaszeit

    Mit Computersimulationen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals rekonstruiert, wie sich „Crinoide“ – wegen ihres pflanzenähnlichen Aussehens auch „Seelilien“ genannt ‒ vor etwa 450 Millionen Jahren ernährten. Die Ergebnisse wurden kürzlich online im Journal PLoS ONE veröffentlicht.

    Crinoide sind Verwandte der Seeigel und lassen sich in der Erdgeschichte wesentlich weiter zurückverfolgen als Dinosaurier, mindestens bis ins Ordovizium vor ca. 450 Millionen Jahren. In früheren Erdzeitaltern waren sie zeitweise weit verbreitet und besiedelten ausgedehnte Areale in Flachwasserbereichen. Ihre Nachfahren leben heute, bis auf wenige Ausnahmen, nur noch in der Tiefsee. Als sogenannte „passive Filtrierer“ ernähren sich Seelilien von Plankton, der vielarmige, kelchartige „Kopf“ dient als Filterapparat. Bislang war dabei die Frage, wie die fossilen Crinoiden filtrierten, sich also ernährten. Denn während die modernen Crinoiden in der Tiefsee eine gleichmäßige Strömung vorfinden, lebten ihre Vorfahren im Flachwasser mit weniger ausgeprägter Strömung und waren zudem vermutlich nicht in der Lage, ihren Filterapparat aufzustellen.

    Dieser Frage gingen Dr. Janina Dynowski und Professor James Nebelsick vom Fachbereich Geowissenschaften der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (PD Dr. Anita Roth-Nebelsick) und der Universität Bonn (Dr. Adrian Klein) nach. Mit modernen Methoden, dem PIV (Particle Image Velocimetry) und Strömungssimulationen an Modellen, gelang es dem Team, eine Filtrationsmethode „von rückwärts“ nachzuweisen. Demnach bewegten sich die Vorfahren der Seelilien mit der Strömung, ihre „Kelche“ öffneten sich unerwarteter Weise in Strömungsrichtung und nicht gegen die Strömung. Um dennoch Nahrungsteilchen aus dem Wasser zu filtern, nutzten sie deshalb eine Art „Rückströmung“. Das Plankton wurde dadurch quasi in den Apparat zurückgesaugt. Diese Art der Filterung war gleichzeitig hydrodynamisch günstig: weil sich die fossilen Crinoiden nicht gegen die Strömung bewegen mussten, wurden sie im dynamischen Flachwasser mechanisch nicht überbelastet.

    Publikation:
    “Computational Fluid Dynamics Analysis of the Fossil Crinoid Encrinus liliiformis (Echinodermata: Crinoidea)”, Janina F. Dynowski, James H. Nebelsick, Adrian Klein, Anita Roth-Nebelsick, PLoS ONE 11(5): e0156408. doi:10.1371/journal.pone.0156408
    Online: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156408

    Kontakt:
    Prof. Dr. James Nebelsick
    Universität Tübingen
    Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
    Fachbereich Geowissenschaften
    Telefon: +49 7071 29-77546
    nebelsick[at]uni-tuebingen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.pressefotos.uni-tuebingen.de/UT_20160609_Crinoide_Video.zip - Die Animation des Particle-Tracking veranschaulicht die Rückführung von planktonischen Nahrungspartikeln in den Kelch. (MP4) Video: Dynowski et al.


    Bilder

    Computersimulationen: Der Transport von Plankton-Teilchen in die Filtervorrichtung des Kelchmodells wird dargestellt.
    Computersimulationen: Der Transport von Plankton-Teilchen in die Filtervorrichtung des Kelchmodells ...
    Abbildung: Dynowski et al.
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    Fossiler Kelch eines Encrinus liliiformis. Maßstab: 1 cm
    Fossiler Kelch eines Encrinus liliiformis. Maßstab: 1 cm
    Abbildung: Dynowski et al.
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Computersimulationen: Der Transport von Plankton-Teilchen in die Filtervorrichtung des Kelchmodells wird dargestellt.


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    Fossiler Kelch eines Encrinus liliiformis. Maßstab: 1 cm


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