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30.06.2016 10:41

Pneumokokken: Impfraten bei Senioren zu gering

Barbara Ritzert Pressestelle Versorgungsatlas – ProScience Communications
Versorgungsatlas

    Ältere Menschen zwischen 60 und 64 Jahren werden – vor allem in den alten Bundesländern – zu selten gegen Pneumokokken geimpft. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt für Senioren ab 60 Jahren eine solche Standardimpfung. Eine neue Studie der Wissenschaftler vom Versorgungsatlas liefert eine Landkarte der Impflücken.

    http://www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&a...

    »Das Präventionspotenzial der Pneumokokken-Impfung bei Senioren wird zu wenig genutzt, aber regional unterschiedlich.« So lautet das Fazit der Wissenschaftler vom Versorgungsatlas in einer jetzt veröffentlichten Studie. Bei ihrer Untersuchung haben die Forscher die Behandlungsdaten von mehr als 500.000 gesetzlich Versicherten ausgewertet, die 2010 60 Jahre alt geworden waren. Das Team überprüfte, ob diese Menschen zwischen 2010 und 2014 die empfohlene Impfung gegen Pneumokokken erhalten haben.

    Nur zehn Prozent sind geschützt.

    Die Auswertung zeigt, dass am Ende des Beobachtungszeitraums im Jahr 2014 insgesamt nur 10,2 Prozent der Senioren in der untersuchten Gruppe gegen Pneumokokken geimpft war, Frauen mit 10,9 Prozent etwas häufiger als Männer (9,3 Prozent).

    Deutliches Ost-West-Gefälle.

    Wie bei anderen Impfungen sind die Raten auch bei der Pneumokokken-Impfung in den neuen Bundesländern (mit 20 bis 25 Prozent) generell höher als die in den alten (knapp 5 bis 15 Prozent). Am geringsten sind die Impfquoten im Süden und Südwesten der Republik: Baden-Württemberg (4,6%), Rheinland-Pfalz (4,7%) und Bayern (5,7%). Durchgängig höher lagen die Impfraten bei jenen Versicherten, bei denen im Laufe des Beobachtungszeitraums eine »impfrelevante« Erkrankung diagnostiziert wurde, beispielsweise eine Lungenerkrankung.

    Gender-Aspekt: höhere Impfraten bei Frauen.

    Die Forscher fanden auch moderate Unterschiede bei der Impfhäufigkeit zwischen Männer und Frauen, die größtenteils signifikant waren. Auf Bundesebene hatten Frauen eine um knapp 20 Prozent höhere Chance, im Untersuchungszeitraum geimpft zu werden als Männer.

    Chronische Krankheiten beeinflussen Impfhäufigkeit.

    Tritt eine chronische Erkrankung auf, verdoppelt sich die Chance der betroffen Patienten, eine Impfung zu erhalten. Liegt eine impfrelevanten Erkrankung in dieser Altersgruppe vor wirkt sich diese »doppelte Impfindikation« positiv auf die Impfquote aus.
    Mögliche Ursachen. Gründe für die geringen Impfquoten lassen sich aus der Datenanalyse nicht ableiten. Allerdings liefert die Analyse der Rahmenbedingungen einige Anhaltspunkte. Die eher niedrige Impfquote bei Menschen ohne impfrelevante Erkrankungen in dieser Altersgruppe, deutet darauf hin, dass das Alter für sich genommen eher als schwächerer „Risikofaktor“ eingeschätzt wird. Auch die komplexe Diskussion, welcher Impfstoff eingesetzt werden soll, könnte vielen Ärzte die Entscheidung erschweren. Nicht zuletzt geben in Einzelfällen auch die Leitlinien wissenschaftlicher Fachgesellschaften Empfehlungen zur Impfung, die teilweise von jenen der STIKO abweichen. »Hier könnte eine noch engere Abstimmung der STIKO mit den medizinischen Fachgesellschaften hilfreich sein«, erklärt Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, der Leiter des Versorgungsatlas.

    Impfraten verbessern.

    »Um die Impfraten zu verbessern, müssen die Zielgruppen intensiver über die Bedeutung dieser Schutzimpfung aufgeklärt werden«, betont Dr. Bätzing-Feigenbaum. »Dies dürfte am ehesten über die Ärzte gelingen, die den Gesundheitszustand ihrer Patientinnen und Patienten sowie Notwendigkeit und Risiken einer Impfung am besten einschätzen können«. Ebenso empfehlen die Wissenschaftler vom Versorgungsatlas, aufgrund der nahezu identischen Indikationen bei älteren Erwachsenen, die eine Influenza-Impfung erhalten, auch gleichzeitig den Status der Pneumokokken-Impfung abzufragen und falls indiziert die Impfung zu empfehlen.

    DIE STUDIE.
    Die Wissenschaftler des Versorgungsatlas haben in ihre Studie alle GKV-Versicherten aufgenommen, die im Jahr 2010 das 60. Lebensjahr vollendet hatten (Jahrgang 1950) und die ab 2010 bis zum Jahr 2014 mindestens ein Arztkontakt pro Jahr gehabt hatten. Ausgeschlossen wurden Patienten, bei denen 2009 mindestens eine impfrelevante Erkrankung diagnostiziert worden war. Die übrigen Patienten (307.904 Frauen und 221.835 Männer) wurden in mehrere Gruppen aufgeteilt: eine Gruppe umfasste Personen ohne impfrelevante Erkrankungen; eine weitere Gruppe enthielt Personen die im Untersuchungszeitraum eine impfrelevante Erkrankung bekamen.
    Braeter U, Schulz Mandy, Goffrier B, Schulz Maike, Ihle P, Bätzing-Feigenbaum J.
    Pneumokokkenimpfung bei GKV-Versicherten im Altersbereich 60 bis 64 Jahre - Regionalisierte Analyse zur Umsetzung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission anhand bundesweiter vertragsärztlicher Abrechnungsdaten. | Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi).
    Versorgungsatlas-Bericht Nr. 16/04. | Berlin 2016 | DOI: 10.20364/VA-16.04

    PNEUMOKOKKEN. Das Bakterium Streptococcus pneumoniae kann schwere Infektionen bis hin zu Todesfällen verursachen. Gefährdet sind vor allem Säuglinge und Kleinkinder sowie ältere Menschen. Die Erreger verursachen einerseits nicht invasive Erkrankungen wie Nasennebenhöhlen-, Mittelohr- und Lungenentzündungen. Gelangen die Bakterien ins Blut, können sie invasive Erkrankungen verursachen: Blutvergiftung (Sepsis), Hirnhautentzündung (Meningitis) oder schwere Lungenentzündungen mit Streuung der Bakterien. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass jährlich acht bis 34 von 100.000 Menschen an einer solchen invasiven Pneumokokken-Infektion erkranken. Die Sterblichkeitsraten liegen bei zehn Prozent, können bei Risikogruppen aber bis auf 30 Prozent steigen. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt darum eine Grundimmunisierung für Säuglinge und Kleinkinder und für ältere Erwachsene ab 60 Jahren eine Standardimpfung sowie für Patienten mit »impfrelevanten Erkrankungen«, etwa bei bestimmten chronischen Krankheiten und geschwächtem Immunsystem unabhängig vom Alter eine Pneumokokken-Impfung.

    DER VERSORGUNGSATLAS. www.versorgungsatlas.de ist eine Einrichtung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Er wurde institutionalisiert als öffentlich zugängliche Informationsquelle mit Studien zur medizinischen Versorgung in Deutschland. Schwerpunkt der Studien sind regionale Unterschiede in der Versorgung sowie deren unterschiedliche Strukturen und Abläufe. Die Analysen sollen Anhaltspunkte liefern, wie die Versorgung verbessert werden kann. Die Studien der Wissenschaftler des Versorgungsatlas basieren auf den bundesweiten Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland. Zuschriften von Nutzern zu den Beiträgen sind ausdrücklich erwünscht. Die Internet-Plattform steht auch anderen Forschergruppen zur Verfügung, die vorzugsweise regionalisierte Untersuchungsergebnisse nach einem Peer-Review veröffentlichen wollen.

    Pressestelle: Dipl. Biol. Barbara Ritzert · ProScience Communications – die Agentur für Wissenschaftskommunikation GmbH
    Andechser Weg 17 · 82343 Pöcking Fon 08157 9397-0 · presse@versorgungsatlas.de · www.versorgungsatlas.de


    Weitere Informationen:

    http://www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&a...


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    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei  Personen ab 60 Jahren in Prozent
    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen ab 60 Jahren in Prozent
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    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen mit einer impfrelevanten  Erkrankung ab 60 Jahren in Prozent
    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen mit einer impfrelevanten Erkrankung ab 60 Jahren in Pro ...
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen ab 60 Jahren in Prozent


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    Kummulierte 5-Jahres-Impfraten bei Personen mit einer impfrelevanten Erkrankung ab 60 Jahren in Prozent


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