Mannheim/Düsseldorf – Telemedizin könnte jeden Tag hunderten Herzpatienten einen Krankenhausaufenthalt ersparen. Studien zeigen, dass die digitale Rundumbetreuung zudem Lebenserwartung und -qualität deutlich verbessern kann. Experten sehen in der Telekardiologie ein vielversprechendes Frühwarnsystem, um die Qualität der Versorgung von Herzpatienten – vor allem auch in ländlichen Regionen – zu verbessern. Wie digitale Anwendungen die Zukunft der Kardiologie prägen, diskutieren Experten am 16. November auf der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016 in Düsseldorf.
Etwa 1.200 000 Menschen in Deutschland leiden an einer chronischen Herzschwäche. Mit rund 1000 stationären Aufnahmen pro Tag ist die Erkrankung der häufigste Grund für einen Krankenhausaufenthalt. „Viele chronische Erkrankungen verschlechtern sich, ohne dass spürbare Symptome auftreten, bis plötzlich der Notfall eintritt“, sagt Professor Dr. med. Friedrich Köhler, Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Meist seien diese Verschlechterungen aber bereits im Vorfeld messbar.
Das gilt auch für die Herzschwäche: Mittels Telekardiologie, so Köhler, lässt sich der Krankheitsverlauf beobachten und bei auffälligen Werten frühzeitig eingreifen. Dafür bekommen die telemedizinisch mitbetreuten Patienten entweder Messgeräte nach Hause (z. B. Telewaage und Tele-EKG) oder die Daten von vorhandenen therapeutischen Implantaten (z. B. implantierte Defibrillatoren) werden telemedizinisch für das Therapiemanagement ausgelesen. Neue Entwicklungen sind speziell für das telemedizinische Therapiemanagement entwickelte Diagnostikimplantate, die zum Beispiel in der Lungenstrombahn des Patienten den Druck in der Lungenarterie messen. Auf der Basis dieser Werte kann ein Kardiologe, falls nötig, die Medikamentendosis individuell anpassen, den Patienten zur Sprechstunde bitten oder eine sofortige Aufnahme ins Krankenhaus anordnen. „Dank dieses digitalen Frühwarnsystems können wir Herzpatienten rund um die Uhr betreuen und ersparen ihnen unnötige Arztbesuche oder gar Krankenhausaufenthalte“, so Köhler. Insbesondere in ländlichen Regionen, wo der Weg zum Kardiologen weit ist, könnten Patienten besser versorgt werden. Dabei soll die Telemedizin den Arztbesuch aber nicht ersetzen, betont Köhler: „Eine rein telemedizinische Betreuung ist in Deutschland verboten und wäre aus ärztlicher Sicht auch nicht wünschenswert.“
Dass Telekardiologie sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität erhöhen kann, zeigen zwei große klinische Studien. So wurden bei der CHAMPION-Studie täglich via Telekardiologie die Herzwerte der Teilnehmer ermittelt und die Medikamentendosis entsprechend angepasst. Die Anzahl der Krankenhauseinweisungen sank bei diesen Patienten um ein Drittel. In der IN-TIME-Studie setzen Ärzte Telekardiologie ein, um Herzpatienten mit einem implantierten Defibrillator zu betreuen: Die Teilnehmer hatten ein deutlich geringeres Sterberisiko als Patienten, die keine Fernnachsorge erhielten.
Welche telemedizinischen Methoden für Menschen mit Herzerkrankungen zur Verfügung stehen und wie Ärzte sie erfolgreich einsetzen können, erörtern Experten am 16. November auf der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016 in Düsseldorf. An diesem Tag liegt der Schwerpunkt auf dem Thema „Innere Medizin: Zukunftstechnologien und Remote Patient Management“. Die MEDICA EDUCATION CONFERENCE ist eine interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Messe Düsseldorf, die unter dem Motto „Wissenschaft trifft Medizintechnik“ vom 14. bis 17. November 2016 in Düsseldorf stattfindet. Weitere Informationen unter http://www.medica.de/mec1.
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