idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.07.2016 10:51

Bindegewebe im Herz: Weit mehr als ein Gerüst

Benjamin Waschow Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitäts-Herzzentrum Freiburg - Bad Krozingen

    Übersichtsartikel in Nature Reviews Drug Discovery fasst rasante Fortschritte bei der Erforschung des Bindegewebes im Herzen zusammen / Hauptautor Prof. Dr. Peter Kohl leitet neu gegründetes Forschungsinstitut am Universitäts-Herzzentrums Freiburg · Bad Krozingen

    Die Forschung zu Bindegewebszellen bei Herz-Erkrankungen wächst in den letzten Jahren extrem schnell. Im bislang wohl umfangreichsten Übersichtsartikel fasst Prof. Dr. Peter Kohl, Wissenschaftlicher Direktor am Universitäts-Herzzentrum Freiburg · Bad Krozingen (UHZ), gemeinsam mit Kollegen des Virginia Tech, USA, und der Goethe-Universität Frankfurt den Stand der Forschung zusammen und gibt ihr neue Impulse. Der Artikel ist am 24. Juni 2016 vorab in der sehr renommierten Fachzeitschrift „Nature Reviews Drug Discovery“ online erschienen und hat bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung eine größere Online-Resonanz erfahren als 99 Prozent der weltweit über fünf Millionen wissenschaftlichen Publikationen, die im Auswertungsdienst Altmetric erfasst sind.

    Lange Zeit galt Bindegewebe als reines Stützgerüst für Muskel- und Gefäßzellen im Herzen. Anfang der 1990er Jahre entdeckte Prof. Kohl, der am UHZ das neu gegründete Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Forschung leitet, dass Bindegewebezellen auch an der Weiterleitung elektrischer Reize im Herzgewebe beteiligt sein können.

    Eine der medizinisch auffälligsten Funktionen des Herz-Bindegewebes ist die Vernarbung von Herzgewebe. Dadurch wird das Gewebe zwar strukturell repariert, aber die für den Herzschlag wichtige elektrische Reizweiterleitung kann unterbrochen werden. Als Folge eines Herzinfarkts besteht die Narbe oft dauerhaft, was durch die Reizunterbrechung zu Störungen des Herzrhythmus führt. In anderen Fällen, etwa zur Behandlung von Vorhofflimmern, setzen Ärzte gezielt Narben, um die fehlerhafte Reizleitung zu unterbrechen. Doch häufig sind diese Narben bereits nach wenigen Wochen abgeheilt und sozusagen elektrisch unsichtbar geworden. „Wir möchten verstehen, warum Narben im einen Fall dauerhaft die Reizweiterleitung blockieren und im anderen Fall schnell unsichtbar werden. Diese natürlichen Reparaturmechanismen könnten wir dann nutzen, um Narben bei Vorhofflimmern gezielt zu stabilisieren oder bei Herzinfarkt abzubauen“, sagt Prof. Kohl, der weltweit als einer der führenden Wissenschaftler im Bereich der Biophysik des Herzens gilt.

    Von seiner Forschung verspricht sich Prof. Kohl auch wichtige Impulse für die Behandlung von weit verbreiteten Fibrosen. Dabei kommt es zur übermäßigen Vermehrung von Bindegewebe und dadurch zu einer Beeinträchtigung der Herzmechanik. Aktuelle Forschungen haben gezeigt, dass Medikamente wie blutdrucksenkende ACE-Hemmer und den Cholesterinspiegel kontrollierende Statine auch die Vermehrung von Herz-Bindegewebe hemmen. „Aber wir wissen bislang noch nicht, ob das eine Nebenwirkung oder ein wesentlicher Wirkmechanismus ist“, sagt Prof. Kohl. „In jedem Fall ist es wichtig, dass wir lernen, mit – nicht gegen – Reparaturmechanismen von Mutter Natur zu handeln.“

    Neues Forschungsinstitut besteht aus sechs Säulen

    Der Biophysiker und Mediziner Prof. Peter Kohl kam Ende 2015 vom Imperial College London an das Universitäts-Herzzentrum Freiburg · Bad Krozingen und leitet seither das neu gegründete Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin. Das Institut besteht aus sechs Säulen: im Bereich Bioinstrumentation werden spezialisierte Apparaturen zur Erforschung aktueller Fragen der Herzforschung entwickelt. Die Arbeit der Abteilung 4D-Imaging soll durch die Kombination experimenteller und computergestützter Bildgebung helfen, die Herzstruktur vom einzelnen Molekül bis zum ganzen Organ und seine Funktion im Bereich von Millisekunden bis zu Monaten aufzuklären. In der Sektion Optogenetik entwickeln Wissenschaftler genetisch kodierte, licht-aktivierbare Proteine, mit denen sich die Funktion des Herzens durch Licht steuern lässt. Wie Zellen mechanische Reize wahrnehmen und sich daran anpassen, wird in der Sektion Zellbiophysik untersucht. Die Entwicklung möglichst realistischer Modelle durch Forscher der Sektion Computermodellierung soll helfen, die Herztätigkeit besser zu verstehen, komplexe molekulare Mechanismen zu integrieren, und Wirkprinzipien neuer therapeutischer Ansätze zu überprüfen. Die Sektion Angewandte medizinische Forschung schließt den Bogen zwischen Grundlagenforschung und klinischem Einsatz.

    Originaltitel der Publikation: Novel therapeutic strategies targeting fibroblasts and fibrosis in heart disease
    Link zur Publikation: www.nature.com/nrd/journal/vaop/ncurrent/full/nrd.2016.89.html
    DOI: 10.1038/nrd.2016.89

    Kontakt:
    Prof. Dr. Peter Kohl
    Direktor
    Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin
    Universitäts-Herzzentrum Freiburg · Bad Krozingen
    Telefon: 0761 270-63950
    peter.kohl@universitaets-herzzentrum.de

    Johannes Faber
    Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Universitätsklinikum Freiburg
    Telefon: 0761 270-84610
    johannes.faber@uniklinik-freiburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/nrd/journal/vaop/ncurrent/full/nrd.2016.89.html Link zur Publikation
    http://www.herzzentrum.de/kliniken-fachbereiche/institut-fuer-experimentelle-kar... Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin


    Bilder

    Prof. Dr. Peter Kohl
    Prof. Dr. Peter Kohl
    Britt Schilling / Universitätsklinikum Freiburg
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Peter Kohl


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).