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28.07.2016 14:22

Ozeanversauerung und die gesellschaftlichen Folgen

Eberhard Scholz Pressestelle
Universität Bremen

    Wissenschaftler der Uni Bremen entwickeln Ökosystemmodell in Zusammenarbeit mit Akteuren in Norwegen ein Ökosystemmodell, über das sie in der Fachzeitschrift „Frontiers in Marine Science“ berichten.

    Der Klimawandel führt nicht nur zu einer Erwärmung der Erde und einer Verstärkung von Wetterextremen – auch die Ozeane sind vom fortschreitenden Eintrag von Kohlendioxid aus der Atmosphäre betroffen, was ihren pH-Wert stetig absenkt. Diese Versauerung der Meere geht derzeit ungebremst voran, und die möglichen Folgen für die marinen Ökosysteme und menschliche Gesellschaften sind nur sehr unvollständig verstanden.

    Wissenschaftler der Universität Bremen haben jetzt erste Ergebnisse zu den erwarteten ökologischen Veränderungen und ihren Auswirkungen in Norwegen veröffentlicht. Sie haben in Zusammenarbeit mit potentiell betroffenen gesellschaftlichen Akteuren ein Ökosystemmodell entwickelt, das die relevanten Umweltprozesse integriert und die resultierenden ökologischen Veränderungen und deren sozioökonomische Auswirkungen untersucht. Diese partizipative Methode beschreiben sie in dem Artikel „Stakeholder-Informed Ecosystem Modeling of Ocean Warming and Acidification Impacts in the Barents Sea Region“ in der Open-Access-Zeitschrift „Frontiers in Marine Science”.
    (doi:10.3389/fmars.2016.00093)

    „Es bestehen noch große wissenschaftliche Unsicherheiten über die Folgen der Ozeanversauerung, dennoch müssen wir schon jetzt versuchen die möglichen Folgen für die Gesellschaft zu verstehen – denn wenn alle Unklarheiten ausgeräumt sind, könnte es zu spät zum Handeln sein“, beschreibt der Leiter der Studie, Professor Stefan Gößling-Reisemann vom artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen, die Motivation hinter der Arbeit, die innerhalb des deutschen Forschungsnetzes BIOACID (Biological Impacts of Ocean ACIDification) stattfindet. „Es ist daher wichtig, unter Berücksichtigung aller Unsicherheiten zu untersuchen, welche Akteure potentiell betroffenen sind und welche vorbeugenden Anpassungsmöglichkeiten es gibt. Unser Forschungsansatz basiert auf der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Dazu nutzen wir Computermodelle, die auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft sind und gleichzeitig die Wahrnehmungen und Interessen der Akteure berücksichtigen.“

    Vom Ökosystem zur Gesellschaft

    Das erstellte Modell wurde mit den Akteuren aus der Fischerei, dem Tourismussektor und von Umweltschutzorganisationen in einem Workshop in Tromsø, Nordnorwegen diskutiert, und gemeinsam über gesellschaftliche Anpassungsoptionen an die prognostizierten Veränderungen beraten. Nach übereinstimmender Meinung der Akteure ist das norwegische Fischerei- und Küstenmanagement generell gut aufgestellt, um mit den ökologischen Veränderungen der Zukunft umgehen zu können, wie z.B. mit dem Einwandern neuer Arten durch die Erwärmung der Meere. Die zusätzlichen Auswirkungen der Ozeanversauerung könnten jedoch den Druck auf die marinen Arten und damit die von ihnen abhängigen Gruppen stark erhöhen. Einige Akteure, wie Küstenfischer und lokale Tourismusunternehmen, sind stark abhängig von bestimmten Arten wie dem Kabeljau, Pottwalen oder Seevögeln, die durch indirekte Auswirkungen im Nahrungsnetz von der Versauerung und Erwärmung der Ozeane betroffen sein können. Wenn die Bestände sich verringern oder in andere Regionen abwandern, bedeutet dies daher zusätzliches gesellschaftliches Konfliktpotenzial und eine Herausforderung für das Management der Meere und Küsten.

    „Die Interaktionen zwischen den Arten im marinen Nahrungsnetz spielen eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung von marinen Ökosystemen bei den gesellschaftlichen Akteuren. Dieses Wissen basiert auf jahrzehntelanger Erfahrung und Beobachtung. Diese Interaktionen sind daher eine Grundlage, um zukünftige Verschiebungen im Ökosystem zu verstehen und diese mit den betroffenen Gruppen zu diskutieren“ erklärt Stefan Königstein, Meeresbiologe an der Uni Bremen. „So hilft dieses Wissen uns, zu verstehen, welche Kompromisse in der Nutzung des Meeres notwendig werden können. Selbst in einem wirtschaftsstarken Land wie Norwegen gibt es Gesellschaftsgruppen, die stärker unter den vom Klimawandel verursachten Umweltveränderungen leiden werden. Diese Auswirkungen können durch gutes gesellschaftliches Management und faire Verteilung der Nutzungsrechte abgefedert werden.“

    Das BIOACID-Forschungsprojekt

    Biological Impacts of Ocean Acidification III (Biologische Auswirkungen der Ozeanversauerung, Phase III) ist ein Verbundprogramm, das vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel koordiniert wird. Ziel von BIOACID III ist es, die biologischen Veränderungen in marinen Systemen zu integrieren und ihre Auswirkungen auf Gesellschaften besser zu verstehen. Das Themengebiet zu „Systemübergreifenden Auswirkungen der Ozeanversauerung für Ökosysteme und Gesellschaften“ wird dabei gemeinsam von Wissenschaftlern der Universität Bremen und dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven geleitet.

    Weitere Informationen:

    Universität Bremen
    artec – Forschungszentrum Nachhaltigkeit
    Prof. Dr. Stefan Gößling-Reisemann
    Tel. 0421 218 64884
    E-Mail: sgr@uni-bremen.de

    Stefan Königstein
    Tel. 0421 218 64894
    E-Mail: koenigstein@uni-bremen.de
    http://www.bioacid.de


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    Der Hafen von Tromsø
    Der Hafen von Tromsø
    "Foto: Stefan Königstein"
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    Fjord in der Finnmark: Gerade im hohen Norden Norwegens hat die Kleinfischerei eine hohe wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung.
    Fjord in der Finnmark: Gerade im hohen Norden Norwegens hat die Kleinfischerei eine hohe wirtschaftl ...
    "Foto: Stefan Königstein"
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Der Hafen von Tromsø


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    Fjord in der Finnmark: Gerade im hohen Norden Norwegens hat die Kleinfischerei eine hohe wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung.


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