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28.07.2016 14:46

Siri Hustvedt und Vittorio Gallese bei der Tübinger Poetik-Dozentur

Antje Karbe Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    US-amerikanische Schriftstellerin begegnet italienischem Neurowissenschaftler – Jubiläumsveranstaltung im November 2016 – 20 Jahre Poetik-Dozentur

    Die Schriftstellerin Siri Hustvedt und der Neurowissenschaftler Professor Vittorio Gallese sind die diesjährigen Gäste der Tübinger Poetik-Dozentur. „Siri Hustvedt ist in den vergangenen Jahren ohne Zweifel eine der wichtigsten US-amerikanischen Schriftstellerinnen geworden“, sagt Dorothee Kimmich, Professorin für Literaturwissenschaft und Kulturtheorie an der Universität Tübingen: „Sie verbindet die Tradition des amerikanischen Realismus mit einer großen reflexiven Kraft.“ Dies werde nicht nur in ihren Romanen deutlich, sondern mehr noch in ihren Essays über Ästhetik, Neurowissenschaften und Psychologie. „Die Begegnung von Hustvedt und Gallese im Rahmen der Poetik-Dozentur verspricht einen außerordentlich interessanten Austausch“, sagt Kimmich. „Galleses Arbeiten bieten nicht nur ein Modell zur Erklärung menschlicher Interaktion und Lernprozesse, sie geben uns auch Hinweise, warum Menschen fiktionale Erzählungen brauchen.“ Der Neurowissenschaftler habe mit seiner Forschung Grundlegendes zu einer zeitgenössischen ästhetischen Theorie beigetragen, die künstlerische Nachahmung als existentielle Form menschlicher Wahrnehmung und menschlicher Erkenntnis beschreibe.

    Siri Hustvedt wurde 1955 in Northfield im US-Bundesstaat Minnesota als Tochter einer Norwegerin und eines US-Amerikaners norwegischer Herkunft geboren. Ihr Vater unterrichtete norwegische Sprache und Literatur am St. Olaf College in Northfield, wo auch Siri Hustvedt 1977 ein Bachelorstudium der Geschichte abschloss. Ein Jahr später wechselte sie an die New Yorker Columbia University, um dort Englisch zu studieren. 1986 promovierte sie mit einer Doktorarbeit über Charles Dickens. Schon während des Studiums veröffentlichte sie erste Gedichte. Hustvedt ist seit Anfang der 1990er Jahre vor allem mit Romanen einem breiten Publikum bekannt geworden. Werke wie „The Blind-fold“ (1992, dt. „Die unsichtbare Frau“), „What I loved“ (2003, dt. „Was ich liebte“) oder „The blazing world“ (2014, dt. „Die gleißende Welt“) wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Darüber hinaus ist sie als Essayistin hervorgetreten. Seit mehr als zehn Jahren befasst Hustvedt sich zudem mit Neurowissenschaft, klinischer Psychiatrie und Psycho-analyse. 2004 entwickelte die Schriftstellerin ein Nervenleiden, dem sie in ihrem Buch „The Shaking Woman or A History of My Nerves“ (2009, dt. „Die zitternde Frau“) wissenschaftlich fundiert auf den Grund ging.

    Vittorio Gallese wurde in Parma geboren, wo er auch aufwuchs, Medizin studierte und sich anschließend auf Neurologie spezialisierte. Der italienische Neurowissenschaftler ist vor allem durch Arbeiten zum Konzept der Spiegelneuronen hervorgetreten. Gallese gehörte zur Forschergruppe von Professor Giacomo Rizzolatti, die in den 1980er und 1990er Jahren an der Universität Parma durch Versuche mit Makaken auf spezialisierte Nervenzellen im Gehirn stieß. Die Forscher entdeckten, dass diese Neuronen im Hirn von Primaten dasselbe Aktivitätsmuster zeigen, wenn eine bestimmte Handlung ausgeführt oder die gleiche Handlung bei einem anderen Primaten beobachtet wird. Spiegelneuronen gelten vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern daher als Schlüsselelement für nachahmendes Lernen, aber auch für die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden und sozial mit anderen zu interagieren. Galleses Forschungsinteresse konzentriert sich vor allem auf kognitive Neurologie und das sensor-motorische System des Menschen. Darüber hinaus befasst er sich mit neurologischen Ansätzen zum Verständnis von Krankheiten wie Autismus und Schizophrenie, aber auch mit Philosophie, Linguistik, Ästhetik, Psychoanalyse und Erzähltheorie. Gallese forscht heute am Institut für Neurowissenschaft der Universität Parma und ist seit 2010 zusätzlich als Gastwissenschaftler an der Columbia University tätig.

    Die Tübinger Poetik-Dozentur, die in diesem Jahr zum 30. Mal – im 20. Jahr – stattfindet, wird eröffnet mit einer öffentlichen Lesung von Siri Hustvedt am 13. November in der Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall. Weitere öffentliche Lesungen und Vorträge der Schriftstellerin finden vom 14. bis 16. November an der Universität Tübingen statt. Vittorio Gallese kommt am 17. und 18. November für zwei Vorträge nach Tübingen. Daran anschließen wird sich eine Jubiläumsfeier aus Anlass der 30. Poetik-Dozentur. Geplant sind darüber hinaus Workshops für Studierende der Universität. Genauere Termine wird die Universität im Herbst bekanntgeben.

    Die Tübinger Poetik-Dozentur ist ein gemeinsames Projekt des Deutschen Seminars der Universität, der Stiftung Würth und der Adolf Würth GmbH & Co. KG. Gäste der Poetik-Dozentur waren in den vergangenen Jahren unter anderem Christoph Ransmayr, Jonathan Franzen, Daniel Kehlmann, Juli Zeh, Feridun Zaimoğlu, Ilija Trojanow, Péter Esterházy, Terézia Mora, Lars Gustafsson, Ruth Klüger, Susan Sontag, Amos Oz, Herta Müller und Günter Grass.

    Weitere Informationen: http://www.uni-tuebingen.de/de/10669

    Kontakt:
    Prof. Dr. Dorothee Kimmich
    Universität Tübingen
    Deutsches Seminar
    Telefon +49 7071 29-75323
    dorothee.kimmich[at]uni-tuebingen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Medizin, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Pressetermine
    Deutsch


     

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