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10.08.2016 14:59

Leere Bäuche lernen gerne?

Anke Schlee Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Psychiatrie

    Ein voller Bauch studiert nicht gern – dieses Credo kennen wir noch aus Schulzeiten. Aber wie steht es mit Phasen des Hungers? Seit mehr als einem Jahrzehnt ist bekannt, dass das Hunger-Hormon Ghrelin in Nagetiermodellen die Denkleistung verbessert, vor allem auf dem Feld des räumlichen Lernens. Forscher des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie sahen sich die Wirkung des Peptids am Menschen an. Hier ist die Lage komplexer.

    Nicht überall in der Natur ist der Akt der Nahrungsaufnahme so einfach, dass der Griff in den Kühlschrank genügt, um sich mit Energie und Nährstoffen zu versorgen. Nahrung in ausreichender Menge zu finden, zu horten, zu verteidigen und zu einem passenden Zeitpunkt zu konsumieren fällt im Tierreich in die Kategorie der kognitiven Höchstleistungen. Daher verwundert es nicht, dass zahlreiche Hormone, die den Energiehaushalt eines Organismus steuern, auch in Denkprozesse modulierend eingreifen und diese teils sogar positiv beeinflussen. So verhält es sich auch im Falle von Ghrelin – zumindest, wenn man den Blick auf Mäuse und Ratten richtet.

    Seit mehr als einem Jahrzehnt ist dieser Sachverhalt mehrfach publiziert, nur sehr wenig war jedoch bislang darüber bekannt, ob und wie Ghrelin am Menschen kognitive Leistungen beeinflusst. Zum ersten Mal in dieser Form untersuchten Forscher der Arbeitsgruppe Prof. Axel Steiger am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, welche Auswirkungen Ghrelin auf räumliches Lernen und eine ganze Reihe weiterer Hirnsport-Disziplinen am Menschen hat. Dazu mussten 21 gesunde, männliche Probanden zunächst einen virtuellen Spaziergang unternehmen: Die Forscher modifizierten ein Freeware-Computerspiel für ihre Zwecke, die Probanden „liefen“ durch eine digitale Vorstadt-Umgebung, während in Echtzeit mit einem hochmodernen 3T-Magnetresonanztomographie-Gerät die Aktivität verschiedener Hirnareale aufgezeichnet wurde (fMRT).

    Auf der digitalen Route wurden Begriffe eingeblendet, die sich die Probanden merken sollten. Einmal wurde dabei Ghrelin verabreicht, bei einem weiteren Termin Placebo. Welche Substanz jeweils im Spiel war, wussten weder die Probanden noch die verabreichenden Forscher – nur die im Hintergrund agierenden Ärzte waren informiert. In diesem doppelblinden Modus wurden die Probanden tags darauf gefragt, welche Begriffe ihnen im Gedächtnis geblieben waren. Das Ergebnis wurde jüngst im renommierten Fachmagazin NeuroImage publiziert: Es gab keinerlei Unterschiede zwischen Ghrelin und Placebo.

    Welche Schlussfolgerungen lassen sich also ziehen? Ghrelin scheint keine Wunderdroge für Menschen zu sein, die uns nach intravenöser Gabe zu wandelnden Gedächtniswundern werden lässt, so viel scheint festzustehen. Wie verhält es sich aber mit der langfristigen Gabe des Hormons? Wie werden kognitive Prozesse emotionalen Inhalts beeinflusst, zum Beispiel die Wahrnehmung einer Speise als attraktiv oder uninteressant? Welche Auswirkungen haben die endogenen, das heißt ohnehin vom menschlichen Organismus synthetisierten Mengen an Ghrelin auf unsere Gedächtnisleistung? Dieser Forschungsansatz hilft möglicherweise auch beim Verständnis von Entwicklung und Therapie von Krankheiten wie Anorexie, Diabetes und Parkinson sowie Alzheimer-Demenz.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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