Weltweit sind Seen, Flüsse und Küsten durch hohe Nährstoffeinträge bedroht. Zu einem Überangebot (Eutrophierung) führen etwa Nitrat oder Phosphate aus Abwässern oder Düngemitteln. Die Folge: Algen und Cyanobakterien – wachsen unkontrolliert und können Giftstoffe freisetzen. Für Trinkwasserversorgung und Gewässerschutz ist eine Überwachung daher unverzichtbar. In einem Verbundprojekt entwickeln Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zusammen mit Partnern nun ein intelligentes Monitoringsystem. Ziel ist es, Technologien in einer tiefenprofilierenden Multisensor-Messboje zusammenzuführen, mit der sich Gewässer und Algenwachstum überwachen lassen. Das BMBF fördert das Vorhaben
„Ein guter Zustand unserer Gewässer ist von enormer gesellschaftlicher Bedeutung. Ein weltweites Problem ist allerdings die Schadstoffbelastung, welche die Qualität der Gewässer – beispielsweise als Trinkwasserressource, Schutzgebiet oder Aquafarming-Standort – stark beeinträchtigen kann. Insbesondere die Blüten von Cyanobakterien können für Menschen und das Ökosystem gefährliche Giftstoffe freisetzen“, sagt Dr. Andreas Holbach, der das Verbundprojekt „WAQUAVID“ zusammen mit Professor Stefan Norra am KIT koordiniert. Herkömmliche Monitoringstrategien setzten sich häufig aus einer Vielzahl unabhängig agierender Sensorsysteme zusammen, so Norra. Das erschwere und verlangsame eine integrierte Datenauswertung. „Wir müssen den Gewässerzustand schnell und ganzheitlich erfassen, um mögliche Maßnahmen fundiert, effektiv und unmittelbar ableiten zu können.“
Gesamtziel von WAQUAVID ist daher die Entwicklung einer innovativen Multisensor-Tiefenprofilmessboje. Gewässer sind oft nicht einheitlich vermischt, sondern weisen eine tiefenabhängige Schichtung der physikalischen, chemischen und biologischen Parameter auf. Das neue Multisensorsystem wird in der Lage sein, die Gewässerqualität in den verschiedenen Tiefen zu ermitteln. Dieses Tiefenprofil von Gewässern ermöglicht die umfassende Erforschung der die Wasserqualität beeinflussenden Prozesse. Die Boje wird sowohl bei Untersuchungen der Wissenschaftler vor Ort (in situ) eine Vielzahl von Parametern messen – wie Temperatur, Sauerstoffkonzentration, Algengehalt und Treibhausgase – als auch ferngesteuert ein gezieltes Entnehmen von Wasserproben ermöglichen. Diese Messmethode ist sehr genau, aber lokal begrenzt. Um auch größere Wasserflächen untersuchen zu können, nutzen die Forscher zusätzlich hyperspektrale Fernerkundungsdaten: Fluggeräte wie Drohnen, Flugzeuge oder Satelliten zeichnen dazu die spektralen Eigenschaften – vor allem besonders auffällige Merkmale der reflektierten Strahlung – von Wasser, Schwebstoffen, Algen und anderen Stoffen mit sehr hoher Empfindlichkeit großflächig auf. Über spezielle Auswertealgorithmen lassen sich daraus Parameter ableiten, die in Verbindung mit den Bojendaten den jeweiligen Wasserzustand für ausgedehnte Wasserflächen mit hoher räumlicher Auflösung beschreiben. Die Integration einer Hyperspektralkamera bildet damit die Schnittstelle zwischen punktuellem in-situ-Monitoring und flächenhaften Methoden der Gewässerüberwachung über die Fernerkundung. Hierfür arbeiten am KIT die Arbeitsgruppe Umweltmineralogie und Umweltsystemanalyse (ENMINSA) – eine gemeinsame Einrichtung des Instituts für Angewandte Geowissenschaften und des Instituts für Geographie und Geoökologie – und das Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF) mit den beiden Firmen ADM Elektronik (ADM) und bbe Moldaenke (bbe) zusammen.
Neu ist dabei die Kopplung des Multisensorsystems – das sich über Windkraft und Solarzellen selbst mit der benötigten Energie versorgt – mit Sensoren für CO2 und Methan, Probenahme, Fließrichtungsanalyse und meteorologischer Messstation. Weiterhin werden neue Methoden in die Sonde „Fluoroprobe“ der Firma bbe integriert, welche insbesondere die photosynthetische Aktivität verschiedener Algen messen kann. So wird unter anderem über das Erfassen des an der Photosynthese beteiligten Pigments Phycocyanin eine Frühwarnung zu Giftstoffen aus Cyanobakterien möglich. Ergänzend können die Wissenschaftler die fernerkundlichen Sensoren zur Erfassung flächenhafter Daten für Gewässer auf der Grundlage von differenzierten Algenmessungen grundlegend kalibrieren und validieren.
Künftig soll das Monitoringsystem in Kombination mit der fern-erkundlichen Anwendung eine bedeutende Lücke in der Gewässerüberwachung in Hinblick auf nationale, europäische und internationale Qualitätsansprüche schließen. Insbesondere wird es dabei unterstützen, die ökologische Funktionstüchtigkeit von Gewässern in situ und online zu analysieren. Damit ermöglicht es den zuständigen Behörden und Unternehmen auch, zeitnahe Entscheidungen im Hinblick auf den Erhalt einer hohen Wasserqualität und der Gewässerökosysteme zu fällen.
Das Verbundprojekt „Entwicklung einer Tiefenprofilmessboje zur in situ und online Multisensor-Überwachung der Wasserqualität, Algenvitalität und -diversität (WAQUAVID)“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Es ist Teil der Fördermaßnahme „KMU-innovativ“, Anwendungsbereich „Nachhaltiges Wassermanagement“, im Technologiefeld „Ressourceneffizienz und Klimaschutz“.
Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu
Weiterer Kontakt:
Margarete Lehné, Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-48121, Fax: +49 721 608-43658, E-Mail: margarete.lehne@kit.edu
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas.
KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft
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Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu
http://www.klima-umwelt.kit.edu
Derzeitige Einsatzmethode des Multialgensensors – künftig wird sie im Verbund mit weiteren Sensoren ...
(Foto: bbe Moldaenke)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Elektrotechnik, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
Derzeitige Einsatzmethode des Multialgensensors – künftig wird sie im Verbund mit weiteren Sensoren ...
(Foto: bbe Moldaenke)
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