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07.09.2016 11:29

Einnässen bei Kindern: frühzeitiges Abklären verringert seelische Belastung

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Hamburg – Einnässen ist das häufigste urologische Symptom bei Kindern und Jugendlichen. Von Ängsten und Schulproblemen bis hin zu funktionellen und organischen Störungen - Harninkontinenz kann viele Ursachen haben. Häufig entwickeln betroffene Kinder in der Folge negative Gefühle wie Scham, Ängste und Sorgen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) empfiehlt, frühzeitig die Ursachen von Harninkontinenz medizinisch abklären zu lassen. Sei das Problem benannt, falle der Umgang mit dem Krankheitsbild oft leichter.

    Was die Ursachen für Einnässen sein können, wann Abwarten Sinn macht und wann welche Behandlungen in Frage kommen, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH am 15. September in Hamburg.

    Mit sieben Jahren nässen nachts noch fünf bis 10 Prozent der Kinder ein. „Etwa sieben Prozent der Schulkinder machen sogar bis ins Erwachsenenalter nachts ins Bett“, berichtet Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. An einer vom nächtlichen Einnässen zu unterscheidenden sogenannten funktionellen Störung der Blasenfunktion litten zudem bis zu zehn Prozent der Schulkinder.

    Im dritten bis sechsten Lebensjahr entwickelt sich bei den meisten Kindern eine stabile Blasenkontrolle – zunächst tagsüber, später auch nachts. „Bis zum vollendeten fünften Lebensjahr sehen wir Einnässen als physiologisch an“, sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. Daure es jedoch nach dem sechsten Geburtstag an, sollten Eltern die Ursachen medizinisch abklären lassen: „Von seelischen Auslösern abgesehen liegen die Ursachen der Harninkontinenz meist in Reifungsverzögerungen und funktionellen Störungen – eher selten haben wir es mit anatomischen oder neurologischen Grunderkrankungen wie Fehlbildungen des Urogenitaltraktes zu tun“, so Schuster. Die Bandbreite der normalen Kontinenzentwicklung sei jedoch groß – und nicht immer eine Behandlung nötig, ergänzt er.

    Um die genaue Ursache zu klären, sind als erster Schritt Trink- und Ausscheidungsprotokolle entscheidend. Weiterführende Untersuchungen können Ultraschalluntersuchungen, Messungen der Blasenkapazität sowie der Blasenentleerung (Uroflow) mit Restharnbestimmung und Darstellung der Funktion des Beckenbodens (EMG) sein. Aber auch klassische urologische Untersuchungen wie etwa Blasendruckmessung oder eine Blasenspiegelung können erforderlich werden. Oft sei die Kapazität der Blase, Urin zu halten, und die Steuerung der Blasenfunktion durch das Gehirn noch nicht ausreichend entwickelt. Gar nicht so selten haben sich Kinder auch ein problematisches Zurückhalten ihres „Pipi“ antrainiert. „Wenn sie sich etwa vor dem Gang aufs dreckige Schulklo fürchten, kann sich ihr Beckenboden so verkrampfen, dass die normale Urinausscheidung nachhaltig gestört wird.“ Auch komme es vor, dass ein Hormon, das unter anderem die Urinproduktion über Nacht reduziert, noch nicht ausreichend wirkt.

    Die Therapie orientiert sich an der jeweiligen Diagnose und daran, ob das Kind nur nachts oder rund um die Uhr in die Hose macht. Sie reicht von klassischer Konditionierung mit Klingelhose, die den Patienten aufweckt, wenn er nachts einnässt bis hin zur Gabe von Medikamenten zur Beruhigung der Blase – und in seltenen Fällen zu kinderchirurgischen oder urologischen Eingriffen. „Unter konsequenter und manchmal durchaus auch langwieriger Therapie lassen sich die meisten Beschwerden erfolgreich behandeln“, sagt Schuster. Oft arbeiten hier Kinderchirurgen, Kinderärzte, Urologen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten Hand in Hand zusammen.

    Wichtig sei jedoch, mit dem Gang zum Kinderarzt oder Kinderchirurgen nicht zu lange zu warten. „Es gilt, auch sekundäre Folgen des Einnässens, wie reduziertes Selbstwertgefühl, sozialen Rückzug und einen gestörten Schlafrhythmus bei Kind und Familie in Grenzen zu halten“, bekräftigt Schuster.

    Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

    Quellen:
    Neveus, T., et al. (2010) Evaluation of and treatment for monosymptomatic enuresis: a standardization document from the International Children`s Continence Society. J Urol 183(2):441-7

    Austin, P., et al (2014) The standardization of terminology of lower urinary tract function in children and adolescente: Update report from the Standardization Comimittee oft the International Children`s Continence Society (ICCS). J Urol 191:1863-5

    Negoro, H., et al. (2013) Chronobiology of micturation: putative role oft he circadian clock. J Urol 190:843-9

    Glazener, C.M., et al. (2005) Alarm interventions for nocturnal enuresis in children. Cochrane Database Syst Rev, Cd002911

    Van Gool, JD., et al. (2014) Multi-center randomized controlled trial of cognitive treatment, placebo, oxybutinin, bladder training, and pelvic floor training in children with functional urinary incontinence. Neurourol Urodyn 33:482-7

    Sinha, R., et al (2016) Management of nocturnal enuresis – myths and facts. World J Nephrol 584):328-38

    ****************************************************

    Terminhinweis:

    Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) im Rahmen der 54. Herbsttagung der DGKCH

    Termin: Donnerstag, 15. September, 12.00 bis 13.00 Uhr
    Ort: Congress Center Hamburg (CCH), Raum “Planten und Bloemen”
    Anschrift: Am Dammtor/Marseiller Straße, 20355 Hamburg

    Vorläufige Themen und Referenten:

    Fehlbildungen an Penis und Hoden sind häufiger als gedacht –
    wie Kinderchirurgen heute bei Funktionsstörungen helfen können
    Prof. Dr. med. Maximilian Stehr, Nürnberg

    Immer noch nicht trocken? Beim Einnässen von Kindern an alles denken und optimal behandeln
    Dr. med. Tobias Schuster, Augsburg

    Stuhlinkontinenz bei Kindern durch Fehlbildungen des Darms: Mit Korrektur-OPs, Aufklärung und guter Nachsorge zur sozialen Teilhabe beitragen
    Dr. med. Sabine Grasshoff-Derr, Frankfurt

    Von der Schnittverletzung bis zur Verbrennung: Neues aus der Wundversorgung vom Neugeborenen bis zum Teenager
    Dr. med. Verena Ellerkamp, Tübingen

    Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, Thieme Kommunikation, Stuttgart

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    Kontakt für Journalisten:
    Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
    Dr. Adelheid Liebendörfer und Julia Hommrich
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-173
    Fax: 0711 8931-167
    hommrich@medizinkommunikation.org
    liebendoerfer@medizinkommunikation.org
    presse@dgkch.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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