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15.09.2016 18:00

Der Truthahn unter den Dinos

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Frankfurt, den 15.09.2016. Ein internationales Team um den Senckenberg-Wissenschaftler Dr. Gerald Mayr hat die Weichteilstrukturen des kreidezeitlichen Dinosauriers Psittacosaurus untersucht. Mittels einer neuen Technik konnten die Forscher bisher unbekannte Details der Schwanzborsten dieses kleinen Dinosauriers beschreiben. Erstmalig werden diese Hautstrukturen mit dem Truthahn-„Bart“ und anderen borstenartigen Bildungen heutiger Vögel verglichen und als evolutionäre Vorgänger moderner Federn identifiziert. Außerdem zeigen die Wissenschaftler, dass die Oberseite des Dinosauriers dunkler gefärbt war, als dessen Unterseite und interpretieren dies als Tarnfärbung in geschlossenen Habitaten.

    Das wohl auffälligste Merkmal des im Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt ausgestellten und aus China stammenden Psittacosaurus-Fossils sind dessen lange, borstenartige Strukturen am Schwanz. „Wir haben uns dieses Detail nun mit einer neuen Methode – der Laser-stimulierten Fluoreszenz – genauer angeschaut“, erklärt Dr. Gerald Mayr vom Senckenberg Forschungsinstitut und fährt fort: „Unsere Untersuchungen zeigen klar, dass es sich bei den Borsten um Hautstrukturen handelt.“

    In der im Fachjournal „Palaeontology“ erschienen Studie vergleichen Mayr und seine Kollegen diese Anhänge mit dem borstenartigen „Bart“ an der Brust heutiger Truthähne und dem Stirnhorn von Wehrvögeln, einer ursprünglichen Gruppe der Gänsevögel. „Bisher wurde kontrovers diskutiert, ob die Borsten des Psittacosaurus mit heutigen Federn zu vergleichen sind. Der Vergleich mit den Truthahn-Borsten zeigt, dass die fossilen Hautanhänge als evolutionäre Vorläufer von Federn gesehen werden können“, ergänzt Mayr.
    Dies ist im Falle von Psittacosaurus eine echte Überraschung. „Auch wenn in den letzten Jahren zahlreiche befiederte Saurier aus China beschrieben wurden, sind Psittacosaurier nur sehr entfernt mit den heutigen Vögeln verwandt“, erläutert der Frankfurter Ornithologe.

    Mittels der Fluoreszenz-Aufnahmen konnten Mayr und seine Kollegen zeigen, dass die Borsten in Bündeln aus 3 bis 6 einzelnen Borsten auftraten. Da der Schwanzbereich nur teilweise mit den Borsten bedeckt war, gehen die Forscher davon aus, dass diese keine wärmeisolierende Funktion hatten, wie das bei anderen Saurierarten der Fall war. „Vielmehr vermuten wir, dass die Saurier die Borsten zur Kommunikation, zum Beispiel bei der Balz einsetzten“, fügt Mayr hinzu.

    In einer weiteren, gerade in „Current Biology“ erschienenen Studie werden zusätzliche Merkmale der hervorragend erhaltenen Haut des knapp zwei Meter langen Sauriers beschrieben: Das Tier war an der Oberseite dunkler gefärbt, als an der Unterseite. Das Wissenschaftlerteam vermutet, dass diese Färbung zur Tarnung der Tiere diente. „Wir haben anhand unserer Untersuchung der Pigmentverteilung in der Haut ein Modell von Psittacosaurus angefertigt und dieses verschiedenen Lichtverhältnissen ausgesetzt. So konnten wir zeigen, dass sich diese Saurierart besonders gut in geschlossenen Waldgebieten tarnen konnten“, erklärt Mayr und resümiert: „Wir gehen daher davon aus, dass dies auch der bevorzugte Lebensraum von Psittacosaurus war.“

    Kontakt
    Dr. Gerald Mayr
    Senckenberg Forschungsinstitut
    und Naturmuseum Frankfurt
    Sektion Ornithologie
    Tel. 069- 7542 1348
    Gerald.Mayr@senckenberg.de

    Judith Jördens
    Pressestelle
    Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
    Tel. 069- 7542 1434
    pressestelle@senckenberg.de

    Publikation
    Mayr, G., Pittman, M., Saitta, E., Kaye, T. G., Vinther, J. (2016), Structure and homology of Psittacosaurus tail bristles. Palaeontology. doi: 10.1111/pala.12257

    Vinther, J., Nicholls, R., Lautenschlager, S., Pittman, M., Kaye, T.G., Rayfield, E., Mayr, G. & Cuthill, I.C.: 3D camouflage in an ornithischian dinosaur. Current Biology. doi: 10.1016/j.cub.2016.06.065

    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.

    2016 ist Leibniz-Jahr. Anlässlich des 370. Geburtstags und des 300. Todestags des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (*1.7.1646 in Leipzig, † 14.11.1716 in Hannover) veranstaltet die Leibniz-Gemeinschaft ein großes Themenjahr. Unter dem Titel „die beste der möglichen Welten“ – einem Leibniz-Zitat – rückt sie die Vielfalt und die Aktualität der Themen in den Blick, denen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der bundesweit 88 Leibniz-Einrichtungen widmen. www.bestewelten.de


    Bilder

    Modell des untersuchten Dinosauriers aus der Kreidezeit. Deutlich zu erkennen sind die langen Schwanzborsten und die Färbung.
    Modell des untersuchten Dinosauriers aus der Kreidezeit. Deutlich zu erkennen sind die langen Schwan ...
    © Jakob Vinther/Robert Nicholls
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    Die Schwanzborsten des Psittacosaurus-Fossil aus dem Senckenberg Naturmuseum wurden nun mit einer neuen Methode untersucht und als Hautstrukturen identifiziert.
    Die Schwanzborsten des Psittacosaurus-Fossil aus dem Senckenberg Naturmuseum wurden nun mit einer ne ...
    © Senckenberg
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Modell des untersuchten Dinosauriers aus der Kreidezeit. Deutlich zu erkennen sind die langen Schwanzborsten und die Färbung.


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    Die Schwanzborsten des Psittacosaurus-Fossil aus dem Senckenberg Naturmuseum wurden nun mit einer neuen Methode untersucht und als Hautstrukturen identifiziert.


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