Vortrag von Benjamin Lahusen im Mercedes-Benz Museum
22. September 2016 um 19 Uhr
im Mercedes-Benz Museum, Großer Saal
Mercedesstraße 100, 70372 Stuttgart
Der Vortrag findet im Rahmen der Reihe „Dialog im Museum“ statt.
Noch im Februar 1945 schrieb Reichsjustizminister Otto Thierack an alle Gerichte, bei Feindannäherung erwarte er von seinen Behördenleitern, dass „in ihren Geschäftsbereichen in voller Ruhe“ weitergearbeitet werde. Obwohl die Gerichte unter Personalmangel litten, nicht selten in zerstörten Gebäuden tagten und Akten teilweise verbrannt waren, gab es kurz vor Kriegsende kaum einen Fall, der für die Justiz zu unbedeutend gewesen wäre. Deutsche Gerichte fällten in dieser Zeit nicht nur die sattsam bekannten Todesurteile; auch Ehescheidungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Straßenverkehrsdelikte verhandelten sie mit stoischem Gleichmut weiter.
In Straßburg wurde noch getagt, als die US-amerikanischen Panzer bereits den Stadtkern erreicht hatten, die Oberlandesgerichte von Breslau und Posen verlegten ihre Dienstsitze auf die andere Seite von Oder und Neiße, die Kollegen in Karlsruhe und Köln zogen ostwärts, um weiter judizieren zu können. In seinem Vortrag erläutert Benjamin Lahusen nicht nur, wie und worüber in den letzten Tagen und Wochen des Krieges Recht gesprochen wurde, sondern zeigt auch, wie zahlreiche dieser Prozesse erstaunlich nahtlos über die „Stunde Null“ hinweg in der jungen Bundesrepublik fortgeführt wurden. Dabei berichtet der Jurist von vielen unbekannten historischen Ereignissen – nicht zuletzt von erschütternden Einzelschicksalen, die ihm bei seiner Recherche in den Archiven begegnet sind.
[zur Person] Dr. Benjamin Lahusen studierte in Tübingen, Lausanne, Berlin und New York (Columbia) Rechtswissenschaften. Nach seiner Doktorandenzeit am Frankfurter Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte wurde er 2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. Dort leitet er derzeit die wissenschaftliche Nachwuchsgruppe „Die Verwaltung von Normalität. Deutsches Recht und deutsche Gesellschaft, 1944–1952“. 2012 wurde er in das Stipendienprogramm für Postdoktoranden und Juniorprofessoren der Daimler und Benz Stiftung aufgenommen, 2014 wurde er Freigeist-Fellow der VolkswagenStiftung.
http://www.daimler-benz-stiftung.de
Der Rechtswissenschaftler Dr. Benjamin Lahusen erforscht, wie die deutsche Rechtsprechung in den let ...
Quelle: Mirko Krenzel/VolkswagenStiftung
Der zerstörte „Prinzenbau“ am Stuttgarter Schillerplatz im März 1946. Der Prinzenbau war Amtssitz d ...
Quelle: Helga Glassner/Stadtarchiv Stuttgart
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Recht
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).