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21.09.2016 10:30

Fragen stellen statt Reden schwingen: Studie untersucht Wirkung auf Mitarbeiter-Motivation

Kristina Brümmer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kühne Logistics University - Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung

    Chefs, die Fragen stellen, haben motiviertere Mitarbeiter. Das legt eine Arbeit von Niels Van Quaquebeke, Professor für Leadership and Organizational Behavior an der Hamburger Kühne Logistics University (KLU), und Will Felps, PhD, von der australischen University of New South Wales (UNSW) nahe. Dabei kommt es nicht nur auf die Art der Fragen, sondern auch auf die Art des Zuhörens an. Die beiden Wissenschaftler prägen dafür den Begriff "Respectful Inquiry".

    In ihrer konzeptionellen Arbeit, die im Academy of Management Review erscheint, überprüfen Van Quaquebeke und Felps, warum Führungskräfte, die öfter Fragen stellen, auf engagiertere Mitarbeiter zählen können. Und kommen zu dem Ergebnis, dass die richtige Art, Fragen zu stellen, eine ganze Reihe von Effekten hat.

    „Fragen sind nicht einfach nur eine Möglichkeit, an Informationen zu kommen“, erklärt Niels Van Quaquebeke von der Kühne Logistics University. Sie tragen vielmehr dazu bei, drei grundlegende psychologische Bedürfnisse auf einmal zu erfüllen: „Mit den richtigen Fragen fördere ich erstens eine Beziehung zu meinem Gegenüber. Zweitens vermittele ich meinem Gesprächspartner, dass ich ihn für kompetent halte, mir zu antworten. Und drittens gestehe ich ihm Autonomie zu, indem ich ihm die Formulierung und Gewichtung seiner Antwort überlasse. Wenn diese drei Bedürfnisse erfüllt sind, steigen Zufriedenheit und Motivation bei den Mitarbeitern. Und damit das Engagement und die Leistungsbereitschaft.“

    Wie fragt man richtig?
    Um diese Effekte zu erzielen, müssen Chefs die richtige Art von Fragen stellen. Je offener die Frage, desto stärker der Effekt. „Einfach nur nach Ja oder Nein gefragt zu werden, motiviert niemanden“, stellt Van Quaquebeke klar. Der Gefragte sollte die Möglichkeit haben, in seiner Antwort eigene Schwerpunkte zu setzen. Und nicht das Gefühl bekommen, dass es eine ‚richtige‘ Antwort gibt, die der Fragende erwartet. „‘Wie läuft es Ihrer Meinung nach in Projekt A?‘ könnte so eine Frage sein“, erklärt Van Quaquebeke, „oder ‚Was ist Ihre Meinung zu B?‘“ Mindestens genauso wichtig wie Fragen ist das aufmerksame Zuhören. Auch wenn man nur gefragt hat, wie es dem Anderen geht. „Wenn ich direkt nach meiner Frage anfange, auf dem Smartphone herum zu wischen, oder schon halb im Gehen bin, signalisiere ich meinem Gegenüber, dass ich an seiner Antwort eigentlich gar nicht interessiert bin.“ Der positive Effekt der Frage wird dadurch zunichte gemacht. Oder sogar ins Negative verkehrt. Beides zusammen, offene Fragen und aufmerksames Zuhören, fassen Van Quaquebeke und Felps unter dem Begriff Respectful Inquiry zusammen.

    Wo passiert Respectful Inquiry?
    Ob in Meetings oder auf dem Flur – Führungskräfte verbringen bis zu 80 Prozent ihrer Zeit mit Kommunikation. „Wenn sie dabei auch nur teilweise offene Fragen stellen und ihren Mitarbeitern aufmerksam zuhören, können sie schon viel erreichen“, ist sich Van Quaquebeke sicher. „Solche alltägliche Kommunikation dürfte viel effektiver sein als das einstudierte Große-Reden-Schwingen.“ Allerdings setzt Respectful Inquiry eine gewisse Bereitschaft beim Chef voraus. Führungskräfte müssen sich heute eingestehen, dass sie nicht mehr alles selber wissen, dass sie nicht auf jede Frage eine Antwort haben können. Chefs, die ihre Mitarbeiter aktiv mit einbeziehen, sind klar im Vorteil. „Branchen und Unternehmen mit stark ausgeprägten Kontrollkulturen können da noch etwas lernen“, sagt Van Quaquebeke. „Wenn sie sich einmal dazu durchringen, würden sie von Respectful Inquiry aber auch besonders stark profitieren.“

    Wann nutzen Fragen am meisten?
    In ihrer Studie untersuchen Van Quaquebeke und Felps unter anderem Situationen, in denen der Einsatz der Respectful Inquiry besonders große Effekte hat. Und stoßen dabei auf ein Phänomen, das sie „ironische Situationen“ nennen. Denn oft fragen Führungskräfte gerade dann nicht, wenn es eigentlich am nötigsten wäre.
    Beispiele für solche ‚ironische Situationen‘ sind zum Beispiel Zeitdruck beim Chef, eine hohe Komplexität der Aufgaben oder physische Distanz zwischen Führungskraft und Mitarbeitern. „In diesen Situationen hängt die Leistung der Mitarbeiter notwendigerweise besonders von ihrer eigenen Motivation ab“, erläutert Van Quaquebeke, „Der Chef ist nämlich damit beschäftigt, seinen Terminplan zu koordinieren, oder zerbricht sich den Kopf über hochkomplizierte Sachverhalte.“ Oder ist gar nicht vor Ort, weil er in einem anderen Gebäude, in einer anderen Stadt oder gleich auf einem anderen Kontinent sitzt. Eigentlich wäre es in diesen Situationen also gut, mit Hilfe von Respectful Inquiry die Motivation bei den Mitarbeitern zu steigern. „Die meisten Chefs gehen in solchen Situationen aber dazu über, kurze, knappe Anweisungen zu geben, statt ihren Mitarbeitern Fragen zu stellen“, resümiert Van Quaquebeke. „Und verbauen sich damit die Chance, ihre Mitarbeiter zu selbstständigen Leistungsträgern aufzubauen.“ Ein weiteres Paradoxon: Wenn sie fragen, fragen Chefs meistens die Mitarbeiter, die von vorn herein motiviert sind. Denn von ihnen bekommen sie angenehmere Antworten. Einen viel stärkeren Effekt hätte Respectful Inquiry aber bei den wenig motivierten Kollegen.

    Was steckt hinter Respectful Inquiry?
    Der Ratschlag, Mitarbeitern Fragen zu stellen, um sie zu motivieren, zieht sich durch zahlreiche Management-Ratgeber. Mit ihrer Untersuchung zur Respectful Inquiry liefern Van Quaquebeke und Felps aber zum ersten Mal eine wissenschaftlich-theoretische Erklärung dafür, warum das so ist. In ihrer Studie stützen sie sich auf Erkenntnisse aus der Self-Determination Theory (SDT; Selbstbestimmungstheorie). Diese geht davon aus, dass jeder Mensch psychologische Grundbedürfnisse hat und stets bemüht ist, diese zu erfüllen. Dazu gehört der Wunsch, selbst entscheiden zu können (Autonomie), angemessene Aufgaben meistern zu können (Kompetenz) und sich zugehörig zu fühlen (soziale Eingebundenheit). Je stärker das soziale Umfeld die Erfüllung dieser Bedürfnisse unterstützt, desto zufriedener ist ein Mensch und desto mehr autonome Motivation entwickelt er.
    Für den beruflichen Kontext bedeutet das: Mitarbeiter, deren Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit erfüllt werden, machen nicht nur Dienst nach Vorschrift. Sie begeistern sich für ihre Aufgaben, engagieren sich mehr und stoßen Veränderungen an.

    Die Studie "Respectful Inquiry: A Motivational Account of Leading Through Asking Questions and Listening" ist derzeit im Pre-Print Bereich des Academy of Management Review einsehbar, einer der fünf einflussreichsten und meist zitierten wissenschaftlichen Theoriezeitschriften zum Thema Management.


    Weitere Informationen:

    http://amr.aom.org/content/early/2016/07/12/amr.2014.0537 Hier finden Sie den Abstract der Studie zu Respectful Inquiry.


    Bilder

    Professor Niels Van Quaquebeke, KLU
    Professor Niels Van Quaquebeke, KLU
    Foto: KLU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Professor Niels Van Quaquebeke, KLU


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