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18.10.2016 12:03

Neue Rezeptoren für Magenkeim Helicobacter pylori entdeckt

Beate Kostka M.A. Ressort Presse - Stabsstelle des Rektorats
Universität Duisburg-Essen

    Helicobacter pylori ist ein spiralförmiges Bakterium, das den menschlichen Magen besiedeln kann – zum Teil mit fatalen Folgen. Einen vollkommen neuen Ansatz für die Prävention oder Therapie der Infektion mit diesem Bakterium und der Folgeerkrankungen hat nun eine Forschungsgruppe um Prof. Markus Gerhard von der Technischen Universität München (TUM) und PD Dr. Bernhard B. Singer vom Institut für Anatomie der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am Universitätsklinikum Essen entdeckt. Darüber berichtet die Fachzeitschrift „Nature Microbiology“ in ihrer aktuellen Ausgabe.

    Mit Helicobacter pylori infiziert man sich meist schon als Kind. Das Bakterium ist weit verbreitet: Jeder dritte Mensch in Deutschland und weltweit sogar jeder zweite trägt ihn in sich. In der Folge kann man an Gastritis, Magengeschwüren und Zwölffingerdarm-Entzündungen erkranken. Außerdem steigt das Risiko, Magenkrebs zu bekommen. Eine Helicobacter pylori-Infektion therapiert man derzeit in der Regel mit Antibiotika. Der Nachteil ist allerdings, dass dabei nicht nur das Bakterium zerstört wird, sondern gleichzeitig auch die nützlichen Keime der Darmflora. Hinzu kommt, dass immer häufiger Resistenzen auftreten.

    Um im menschlichen Magen dauerhaft zu überleben muss sich Helicobacter pylori an die Epithelzellen in der Magenschleimhaut anheften. Forschungsgruppen in München und Essen konnten nun erstmals eine sehr spezifische und besonders starke Variante dieser Bindung nachweisen: Das bakterielle Oberflächenmolekül HopQ verknüpft sich im Magen mit sogenannten „Carcinoembryonic antigen related cell adhesion molecules“, oder kurz CEACAMs.

    „Diese Bindung ist im Gegensatz zu den bisher bereits bekannten Bindungspartnern des Bakteriums unabhängig von Zuckerstrukturen. Das scheint dafür zu sorgen, dass sie im sauren Milieu des Magens besonders stabil ist“, erläutert Bernhard B. Singer. CEACAMs kommen nicht im gesunden Magengewebe, sondern vor allem bei einer Magenschleimhautentzündung (Gastritis) vor, die durch eine Infektion mit Helicobacter pylori hervorgerufen wird.

    „Man könnte also sagen, dass sich die Keime zusätzliche und besonders starke Bindungsmöglichkeiten verschaffen, indem sie die Bildung von CEACAMs anregen“, fügt Singer hinzu. Einmal an CEACAM gebunden, kann Helicobacter pylori weitere Proteine, sogenannte Virulenzfaktoren, auf die Magenzellen übertragen. Dieses Sekretionssystem trägt maßgeblich dazu bei, dass Magengeschwüre und Magenkrebs entstehen können. „Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass HopQ diagnostisch und therapeutisch genutzt werden könnte“, sagt Markus Gerhard, Professor am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene des Klinikums rechts der Isar der TUM.

    Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen derzeit verschiedene Ansätze, um die bisherigen nebenwirkungsbelasteten Therapieformen bei Helicobacter pylori-Infektionen zu ersetzen. Mit einer löslichen Variante von HopQ oder Teilen des Proteins könnte die Bindung des Bakteriums an die Magenzellen verhindert und somit möglicherweise schädliche Effekte des Keims unterbunden werden. Als weitere therapeutische Option verfolgen die Forscher den Ansatz, gegen CEACAMs gerichtete, eigens entwickelte Antikörper einzusetzen und so mit dem Bakterium zusammenhängende Krankheiten zu bekämpfen. Darüber hinaus wird erwogen, gegen das Protein HopQ zu immunisieren und damit den Körper gegen die Bakterieninfektion zu impfen.

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sieht in dem Projekt einen vielversprechenden Ansatz und fördert die weitere Forschung in den kommenden drei Jahren. Die Ergebnisse wurden in einer Arbeit einer unabhängigen Arbeitsgruppe um Prof. Wolfgang Haas vom Max von Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München bestätigt. Der Beitrag erscheint ebenfalls in der aktuellen Ausgabe von „Nature Microbiology“.

    Kontakt:
    PD Dr. rer. nat. Bernhard B. Singer +49/201/723-4389 bernhard.singer@uk-essen.de
    Prof. Dr. med. Markus Gerhard +49 / 89 4140 4962 markus.gerhard@tum.de

    Über die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen
    Wissenschaft und Forschung auf höchstem internationalem Niveau und eine herausragende, exzellente Ausbildung zukünftiger Ärztinnen und Ärzte: Diese Ziele hat sich die Medizinische Fakultät gesteckt und verfolgt sie mit Nachdruck. Wesentliche Grundlage für die klinische Leistungsfähigkeit ist die Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen mit ihrer klaren Schwerpunktsetzung in Onkologie, Transplantation, Herz-Gefäß-Medizin, sowie den übergreifenden Forschungsschwerpunkten Immunologie, Infektiologie und Genetik. Der 2014 bezogene Neubau des Lehr- und Lernzentrums bietet den Studierenden der Medizinischen Fakultät exzellente Ausbildungsmöglichkeiten.

    Über die Essener Universitätsmedizin
    Die Essener Universitätsmedizin umfasst das Universitätsklinikum Essen (UK Essen) und seine Tochterunternehmen Ruhrlandklinik, St. Josef Krankenhaus, Herzzentrum Huttrop und Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen. Die Essener Universitätsmedizin ist mit ca. 1.700 Betten in mehr als 70 Gebäuden das führende Gesundheits-Kompetenzzentrum des Ruhrgebiets: Alleine im vergangenen Jahr (2015) behandelten unsere rund 7.900 Beschäftigten fast 70.000 stationäre Patientinnen und Patienten. Herausragende Schwerpunkte sind die Onkologie, die Transplantation sowie die Herz- und Gefäßmedizin: Mit dem Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ), einem der größten Tumorzentren Deutschlands, dem Westdeutschen Zentrum für Organtransplantation (WZO), ein international führendes Zentrum für Transplantation, in dem unsere Spezialisten mit Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Herz und Lunge alle lebenswichtigen Organe verpflanzen, und dem Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum (WHGZ), in dem wir jährlich mehr als 2.000 Operationen durchführen, hat die Essener Universitätsmedizin eine weit über die Region reichende Bedeutung für die Versorgung von Patientinnen und Patienten.

    Über die Technische Universität München
    Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500 Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 40.000 Studierenden eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, ergänzt um Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/articles/nmicrobiol2016189


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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