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03.07.2003 10:49

30 Jahre TI-Diplom - FHU Vorreiter in Sachen Informatik

Dr. Ingrid Horn Presse, Marketing u. Kommunikation
Hochschule Ulm

    Vor 30 Jahren haben die ersten Absolventen des Studiengangs Technische Informatik (TI) am Fachbereich Informatik die Fachhochschule Ulm (FHU) verlassen. Was dieses Ereignis so interessant macht, liegt auf der Hand: Vor 30 Jahren stand noch die Schreibmaschine auf dem Schreibtisch, heute hat der Computer nicht nur die Industrie- und Kommunikationsgesellschaft durchdrungen, sondern beherrscht unseren Alltag. Ob Technische Informatik, Datenschutz und Datensicherheit - in vielerlei Hinsicht war die FHU in Sachen Informatik bundesweit Vorreiter.

    Computer bestimmen heute Leistungsfähigkeit und Bedienkomfort vieler alltäglicher Geräte: Auto, Telefon, Fax, Fotoapparat, Camcorder, Kühlschrank, Waschmaschine, Trockner, Geschirrspüler, Radio, Fernsehgerät, Videorekorder, CD-Spieler, Fitnesstrainer, Hand-bohrmaschine, Zeitschaltuhr und vieles mehr. Mit einem persönlichen "Home-Computer" mit Farbgrafikdisplay und den tollsten Programmen bearbeiten wir heute unsere Video- und Fotoaufnahmen, über das weltweite Netz des Internet beschaffen wir uns Waren, Informationen, tauschen Nachrichten (e-mails) aus und buchen Reisen. Ohne Computer wäre die gesamte moderne Industrie- und Kommu-nikationsgesellschaft nicht mehr funktionsfähig. Industriebetriebe, Handwerk, Handel, Banken, Verkehr, Telekommunikation, Verwaltung usw. sind auf leistungsfähige und weltweit vernetzte Computersysteme angewiesen. Als 1973 die ersten 33 Absolventen des Studiengangs "Technische Informatik" die FHU verließen, war das noch ganz anders: Eine Rechenanlage mit der Leistung eines PC, aber ohne den heute gewohnten Bedienkomfort kostete 500.000 Euro. Lochstreifen zur Programm- und Dateneingabe, Magnetbandspeicher, Fernschreiber als Bedienterminals und Magnetbänder als Massenspeicher waren das übliche Zubehör. Und für die meisten Menschen waren die "Elektronen-Gehirne" hochkomplizierte technische Anlagen und vielfach unbegreifbar.

    Mit ZUSE ins Informationszeitalter
    An der FHU war die Informatik - oder wie es früher hieß - die Informationsverarbeitung damals schon eine Selbstverständlichkeit. Bereits 1962 war die Staatliche Ingenieurschule Ulm, die später in die Fachhochschule überführt wurde, als erste Ingenieurschule in der Bundesrepublik mit einer ZUSE Z23 ausgestattet worden. Die volltransistorisierte Computer-Anlage hatte zwar noch kein Betriebssystem und war mit 1000 Additionen/Sekunde noch relativ langsam, aber man konnte an ihr außer in Maschinensprache auch in der Hochsprache ALGOL programmieren. Ab 1963 waren daher Programmieren und Datenverarbeitung Bestandteil der Ingenieurausbildung. Vor allem die Absolventen des Studiengangs Nachrichtentechnik fanden folglich seinerzeit im sich entwickelnden Informatik-Bereich der Industrie attraktive Positionen. Auf Betreiben des damaligen Leiters des Fachbereichs Nachrichttechnik, Prof. Dr. Rudolf Herschel, traf die Staatliche Ingenieurschule Ulm dann einen äußerst fortschrittlichen und zukunftsweisenden Beschluss: Sie beantragte 1967/68 die Einrichtung eines eigenen Fachbereichs Informatik. 1970 stimmte das baden-württembergische Wissenschaftsministerium diesem geradezu revolutionären Anliegen und der Einrichtung des Studeingangs "Technische Informatik" schließlich zu. Es war der erste Studiengang dieser Art in Deutschland. Die ersten Informatik-Lehrstühle an Universitäten wurden erst Anfang der 70er Jahre eingerichtet.

    Ziel des Studiengangs "Technische Informatik" ist es, Ingenieure für den Einsatz von Computern zur Lösung technischer Aufgabenstellungen fit zu machen. Als Beispiele seien genannt: Der Einsatz von Mikrocomputern in Geräten der Konsumelektronik und im Haushalt, der Einsatz von Mikrocomputern in Steuerungen der verschiedensten Art, von der Motor- und Getriebesteuerung im Auto über Kran- und Robotersteuerungen bis zur Werkzeugmaschine, der Einsatz von Computern zur Überwachung, Steuerung und Regelung von Industrieanlagen, der Einsatz von Computern zur Automatisierung von Lager- und Transportsystemen (Straßen-, Schienen-, Luftverkehr, Pipelines, Hochregallager u.a.) und der Aufbau und Betrieb von Rechnernetzen. Durch die Möglichkeit der Vernetzung von Computern lassen sich auch sehr komplexe Aufgaben lösen. Datenbanksysteme und Rechnernetze sind daher wichtige Bestandteile des Studiums, ebenso der Bereich Software-Engineering. Trotz des Schwerpunkts "Computereinsatz in der Technik" vermeidet das Studium eine zu starke Spezialisierung und setzt vielmehr auf die Vermittlung von grundlegenden, anwendungsübergreifenden Prinzipien, welche die Absolventen befähigen, sich auch in neue, unbekannte Anwendungen selbständig einzuarbeiten. Wahlfächer gestatten daneben eine individuelle Schwerpunktsetzung. Durch eine projektbezogene Ausbildung in kleinen Gruppen in gut ausgestatteten Laboren lernen die Studierenden frühzeitig Arbeitsmethoden der Praxis und selbständiges Arbeiten im Team. In zwei praktischen Studiensemestern und der Diplomarbeit wird dies weiter gefördert. Betriebswirtschaftliches Grundwissen und Fremdsprachenkenntnisse sind fester Bestandteil in der Ausbildung. Auslandsaufenthalte werden besonders gefördert. Dieses Grundkonzept wurde in all den Jahren beibehalten, aber auch stets an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst. Der Erfolg und das Ansehen der Absolventen bei ihren Arbeitgebern oder als selbständige Unternehmer bestätigen es. Ein Beleg sind die mehr als 20 Unternehmen mit 20 bis über 100 Mitarbeiter, die in der Vergangenheit von Absolventen der Technischen Informatik gegründet worden sind.

    Bedeutung des Datenschutzes früh erkannt
    Schon zu Anfang der 80er Jahre beschäftigte sich der Fachbereich Informatik auch mit einem Problem, das mit dem zunehmenden Einsatz von Computern für die Verarbeitung und Speicherung von personenbezogenen Daten eine besondere Bedeutung erhielt, dem Datenschutz. Ausgehend von der Erkenntnis, dass nur derjenige "Daten schützen kann", der weiß, wie man sie verarbeitet und speichert, und der damit auch weiß, wie man sie manipulieren, verknüpfen und missbrauchen kann, entstand ein Ausbildungskonzept als Zusatzausbildung für Studierende der (Technischen) Informatik, das heute als "Ulmer Modell zum Datenschutz" bundesweit bekannt und anerkannt ist. Als erste Hochschule in Deutschland konnte die FHU im WS 1988/89 "geprüften fachkundigen Daten-schutzbeauftragten" ein besonderes Zeugnis überreichen. Als "Vater des Datenschutzes" ist Prof. Dr. Gerhard Kongehl besonders zu erwähnen, der ab 1983 als Lehrbeauftragter und ab 1993 als Professor für Datenschutz, Datensicherheit und Technikfolgenabschätzung die Datenschutzausbildung wesentlich voranbrachte.

    Informatik und neue Anwendungen
    Mit dem Ziel, neue Studierendenkreise für ein Studium an der FHU zu gewinnen, suchte der Fachbereich Informatik nach neuen Anwendungsfeldern. In dieser Situation kam Mitte der 90er Jahre das Angebot der Schule für Medizinische Dokumentare in Wiblingen, die dortige Ausbildung als Diplomstudiengang an der FHU im Fachbereich Informatik weiterzuführen, um dem steigenden Bedarf an Informatik-Qualifikation in Bereich der medizinischen Dokumentation gerecht zu werden. Als das MWK Stellen und Mittel für die Einrichtung eines Studiengangs "Medizinische Dokumentation und Informatik" genehmigte, konnte zum WS 1996/97 ein sehr interessanter und besonders von Frauen nachgefragter Studiengang (Frauenanteil bei 75%) gestartet werden. Der Synergieeffekt zum Studiengang Technische Informatik liegt im Bereich der Informatik-Kernfächer (Datenverarbeitung, Programmieren, Betriebssysteme, Rechnernetze), die in beiden Studiengängen in nahezu gleicher Art und Zahl notwendig sind, die aber aufgrund der notwendigen Stundenzahl fachlich sehr spezifische Professorenstellen und -auslastungen bewirken und die besondere fachliche Kompetenz fördern. Die ersten AbsolventenInnen dieses Studiengangs verließen zum WS 1999/2000 die Fachhochschule und fanden sofort eine hervorragende Aufnahme in der Pharmaindustrie und den Kliniken. Mit der Einrichtung des Studiengangs "Wirtschaftsinformatik" in Kooperation mit der FH Neu-Ulm setzte der Fachbereich Informatik diesen erfolgreichenTrend fort.

    Künftige Schwerpunkte: Datensicherheit und Verteilte Datenverarbeitung
    Auch auf die Herausforderungen der Zukunft - gestufte Abschlüsse und weitere Qualifizierung der Absolventen - ist der Fachbereich Informatik vorbereitet. Aufgrund der großen Zahl von Absolventen mit informatik-geprägter Ausbildung und damit auch von möglichen Interessenten für weitere Qualifizierung hat er zum WS 2003/04 den Master-studiengang "Angewandte Informatik" eingerichtet. Der Master-Studiengang wird auch die künftigen Pläne des Fachbereichs fördern. Die hervorragende Reputation im Bereich Datenschutz, aber auch die Notwendigkeiten in Industrie und Verwaltung verlangen, diesen Bereich in Zukunft stärker auszubauen und einen Schwerpunkt im Bereich "Datenschutz und IT-Sicherheit" einzurichten. Diese Vorstellung ergänzt sich ausgezeichnet mit einem weiteren Zukunftsprojekt, dem Ausbau des Angebots im Bereich "Rechnernetze und Verteilte Datenverarbeitung", der die Zukunft der Datenverarbeitung wesentlich bestimmen wird.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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