idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.10.2016 11:56

Baukasten für Designer-Proteine

Monika Landgraf Presse, Kommunikation und Marketing
Karlsruher Institut für Technologie

    Proteine zählen zu den wichtigsten Bestandteile lebender Organismen: Wie Hebel und Zahnräder in Maschinen steuern und unterstützen sie biologische Aktivitäten und Funktionen in Zellen. In der Medizin werden sie als Antikörper benötigt, eine der größten Herausforderungen heute ist es, neuartige Impfstoffe gegen Krebserkrankungen zu entwickeln. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben mit internationalen Partnern eine Methode etabliert, genetisch gezielt veränderte Proteine in größerem Maßstab herzustellen. Die Designer-Eiweißbausteine könnten neue Anwendungen in Biotechnik und Pharmazie ermöglichen. (Nature Methods, DOI: 10.1038/nmeth.4032)

    „Proteine sind für alle lebenden Organismen wichtige Bausteine“, sagt Stefan Bräse, Professor am Institut für Organische Chemie und Direktor am Institut für Toxikologie und Genetik des KIT. „Zellen, Muskeln, Organe enthalten Proteine. Komplexe Proteinsysteme (de-)codieren die genetische Information der DNA, um wiederum weitere Proteine mit unterschiedlichsten Aufgaben zu erzeugen.“ Für die Anwendung in der Forschung und Medizin kommen häufig bio-technologisch hergestellte Eiweiße zum Einsatz, deren Eigenschaften im Vergleich zur Ursprungsform verändert und auf das neue System angepasst sind: Diese rekombinanten Proteine werden mithilfe von gentechnisch gezielt veränderten DNA-Viren modifiziert. Die neue Struktur trägt die angestrebte Zielfunktion. Lange fand als Expressionsmedium, sprich als Maschinerie, um neuartige Proteine herzustellen, das Darmbakterium Escherichia coli (E.coli) Anwendung. „E.coli ist ein sehr einfacher Organismus“, erklärt Bräse. Andererseits habe E.coli auch einige Nachteile bezüglich der Biosynthese von Designer-Proteinen.

    Deshalb haben sich in den letzten Jahren Insektenzellen, sogenannte Sf21-Zellen, als geeignetes Expressionssystem bewährt, zusammen mit dem „MultiBac-System“. Dieses System nutzt einen Transfer-Vektor, also eine Art „Genfähre“, welche die benötigten Informationen zum Aufbau des rekombinant modifizierten Proteins enthält. „Durch eine Kombination des MultiBac-Systems mit seitenspezifischen Gen-Engineering-Methoden, dem ‚MultiBacTAG‘, können wir nahezu beliebige Proteine mit integrierten Zielfunktionalitäten in großen Mengen und mit hoher Qualität herstellen“, sagt Dr. Edward Lemke, Gruppenleiter für Hochauflösende Untersuchungen am Europäischen Molekularbiologischen Labor (EMBL) in Heidelberg. „Das System benötigt dafür nur einige Wochen. Wir haben es direkt für unsere Glykanstrukturen genutzt“, ergänzt Bräse.

    Mit dieser innovativen Methode gelang es den internationalen Forschungspartnern ortsspezifisch unnatürliche Aminosäuren in das Zielprotein einzuführen. Ein neu designtes, orthogonales Enzym, das tRNA/ tRNA-Synthetase-Paar, erkennt die unnatürlichen Aminosäuren und kann sie bequem in die gewünschte Zielstruktur einbauen.

    Durch die Kombination des MultiBac-Systems mit dem orthogonalem tRNA/ tRNA-Synthetase-Paar ist es Lemke und Bräse mit ihren Gruppen gelungen, Proteinkomplexe mit Zellkerne in Insektenzellen herzustellen, die unnatürliche Aminosäuren tragen und somit eine Vielzahl von Anwendungen erlauben. Die Technologie zur Erweiterung des genetischen Codes ist für die heutige Medizin und Biotechnologie unverzichtbar. „MultiBacTAG ist nutzerfreundlich und leicht nachvollziehbar. Da die Komponenten der Gencode-Veränderung in die Struktur von MultiBacTAG eingesetzt sind, können Nutzer unsere Erweiterung ohne vorherige Erfahrung oder Kenntnisse verwenden“, sagt Bräse.

    In Tests konnten die chemischen Biologen an Insekten- und Säugerzellen die Anwendung für eine Vielfalt von Proteinen und Proteinkomplexen aufzeigen. So konnten sie beispielsweise Herceptin herstellen, ein Protein, das als Antikörper bei Brustkrebserkrankungen verwendet wird. „Wir gehen davon aus, dass MultiBacTAG eine breite Palette von Möglichkeiten für das individuelle Proteindesign in biotechnologischen und pharmazeutischen Anwendungen ermöglicht“, fasst Bräse zusammen. „Es könnte vor allem in der Erforschung von Proteinkomplexen und deren funktionellen Wechselwirkungen sehr nützlich sein.“

    Das Paper „Genetic code expansion for multiprotein complex engineering” gibt es unter:
    http://www.nature.com/nmeth/journal/vaop/ncurrent/full/nmeth.4032.html

    Weiterer Kontakt:
    Kosta Schinarakis, PKM – Themenscout, Tel.: +49 721 608 41956, Fax: +49 721 608 43658, E-Mail: schinarakis@kit.edu

    Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas.

    KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft

    Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.

    Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/nmeth/journal/vaop/ncurrent/full/nmeth.4032.html


    Bilder

    Schematische Darstellung eines genetisch gezielt veränderten Proteins mit Glykanstruktur
    Schematische Darstellung eines genetisch gezielt veränderten Proteins mit Glykanstruktur
    Quelle: Grafik: KIT


    Anhang
    attachment icon Baukasten für Designer-Proteine

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Schematische Darstellung eines genetisch gezielt veränderten Proteins mit Glykanstruktur


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).