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07.07.2003 10:40

Verheerende Brandkatastrophen verhindern

Bernad Lukacin Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD

    Virtuelle Testumgebung des Fraunhofer IGD ersetzt kostspielige und gefahrvolle Notfallübungen

    Um an das ersehnte Ziel zu gelangen, müssen viele Autoreisende auch diesen Sommer lange Tunnelstrecken zurücklegen. Doch gewaltige Röhrenbauten zu durchqueren, wie den Gotthardtunnel in Österreich oder den Mont Blanc Tunnel auf französischem Boden, weckt bei vielen Urlaubern angstvolle Erinnerungen: Zu nah sind die Bilder von den verheerenden Brandkatastrophen der letzten Jahre, die viele Todesopfer forderten.
    Noch längst nicht alle Tunnelbauten genügen den Sicherheitsstandards etwa zu Brandschutz, Flucht- und Rettungswegen oder Notfallorganisation. Dies zeigt u. a. der neueste Testbericht 2003 des deutschen Automobilclubs ADAC, der 11 von insgesamt 25 geprüften europäischen Tunnel mit der Note "bedenklich" bzw. "mangelhaft" bewertete. Die negative Sicherheitsbilanz vieler Tunnelbauten resultiert u. a. aus den hochkomplexen technischen und personellen Maßnahmen, die im Falle einer Explosion oder eines Feuers in einer tiefliegenden Röhre einzuleiten sind. Um etwa die drohende, tödliche Rauchvergiftung von Fahrzeuginsassen zu verhindern, zählen bereits einzelne Sekunden. Hinzu kommt, dass für die erforderlichen Einsatzkräfte wie etwa die Feuerwehr spezifische Tunnelbrände - z. B. ausgelöst durch den Unfall zweier Fahrzeuge - unter realistischen Bedingungen kaum einzuüben sind.
    Damit in Zukunft Tunnelbrände effektiv und schnell bekämpft werden können, entwickelten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt eine neuartige, virtuelle Testumgebung. Mit dem EU-Projekt "Virtual Fires" unter Leitung von Prof. Dr. Gernot Beer von der Technischen Universität Graz ist es möglich, in einem dynamischen 3D-Szenario die gefährliche Feuer- und Rauchentwicklung einer unterirdischen Katastrophe darzustellen und damit die Wirkung von Brandschutzmaßnahmen zu überprüfen. Das spezifische Simulationssystem "Virtual Fires" visualisiert dazu die komplexen Daten eines Brandes, wie Temperatur, Druckgefälle oder Rauchausbreitung. So lassen sich vielfältigste Szenarien - von dem entstehenden Feuer aus der achtlos weggeworfenen Zigarette bis hin zur Kollision zweier Gefahrguttransporter - risikolos durchspielen.
    Unglücksfälle vorab realistisch beurteilen, ist für Rettungskräfte und Tunneloperatoren eine äußerst schwierige Aufgabe: Wieviel Zeit bleibt im Notfall um das verwüstende Flammenmeer zu löschen? Ab wann verhindert die rasante Rauchentwicklung den Betroffenen und Helfern jede Sicht? In welchem Abstand sind lebensrettende Sprinkleranlagen, Ventilatoren oder Lüftungsschächte sinnvoll zu installieren? Zu diesen und weiteren Fragen bietet "Virtual Fires" wichtige Entscheidungshilfen. Denn die virtuelle Prüfumgebung berechnet z. B. die räumliche und zeitliche Ausbreitung des Feuers oder die toxischen Zonen des entstehenden Rauches. "Das kann Leben retten", betont Dr. Volker Luckas, Leiter der Abteilung Animation und Bildkommunikation am Fraunhofer IGD: "Anhand der im virtuellen Tunnel erzeugten Strömungssimulation kann z. B. der gefährliche Luftsog berechnet werden, der ein Feuer in sekundenschnelle zum Inferno anwachsen lässt". Die immensen Datensätze für solche komplexen Simulationen, bewältigen die Forscher durch ein neues Verfahren, dass Rechenprozesse parallelisiert. "Dies ermöglicht dem Anwender, in dem interaktiven Szenario z. B. gewöhnliche Fahrzeuge und Gefahrgut-Transporter variabel zu platzieren und live den Unglücksfall zu simulieren", verdeutlicht Dr. Luckas. Ein weiterer Vorteil der Echtzeit-Demonstration: Sie funktioniert auf normalen PCs oder einem Laptop. So kann der Feuerwehreinsatzleiter sein Rettungsteam nach Wunsch kostengünstig und gefahrlos schulen - auf Wunsch sogar vor Ort. Eine großangelegte, konventionelle Übung, ist nicht mehr nötig.
    Von "Virtual Fires" sollen künftig auch die Betreiber der Tunnel profitieren: Diese können mit Hilfe der neuen Prüfsoftware gefährliche Schwachstellen in der Röhre bereits in der Planungsphase aufspüren. Sie erfahren im Test, ob Sprinkleranlagen, Notfallschächte oder Rauchabzugssysteme im Ernstfall die gewünschte Wirkung erzielen. Ferner ist Virtual Fires auch als Entscheidungshilfe für den Normalbetrieb z. B. in einer Industrieanlage einzusetzen.
    Das innovative Projekt wird von der Europäischen Union mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Es startete in 2000 und hat eine Laufzeit von 3 Jahren. Das Konsortium von Virtual Fires bündelt die Kompetenzen von renommierten Unternehmen und Forschungspartnern aus 5 Ländern, darunter Tunnelbauer und -operatoren, Computerspezialisten sowie Feuerwehren.

    Weitere Informationen zu Virtual Fires finden Sie unter der URL: http://www.virtualfires.org/

    Ansprechpartner
    Dr. Volker Luckas
    Fraunhofer IGD Darmstadt
    Telefon: +49 (0) 6151/155 646
    Fax: +49 (0) 6151/155 139
    E-mail: luckas@igd.fraunhofer.de
    URL: http://www.igd.fraunhofer.de

    Kurzprofil INI-GraphicsNet:
    Das internationale Netzwerk der Graphischen Datenverarbeitung (INI-GraphicsNet) besteht aus dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, dem Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (ZGDV) e.V., beide in Darmstadt und Rostock, und dem Fachgebiet Graphisch-Interaktive Systeme (GRIS) der Technischen Universität Darmstadt. Weitere Institutionen des Netzwerkes sind das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Computergraphik in Chemie und Pharmazie (AGC) in Frankfurt, das Fraunhofer Center for Research in Computer Graphics (CRCG) in Providence, Rhode Island (USA), das Centre for Advanced Media Technology (CAMTech) in Singapur, das Centro de Computaç"o Gráfica (CCG) in Guimar"es (Portugal), das Centre for Visual Interaction and Communication Technologies (VICOMTech) in San Sebastian (Spanien), das Institute for New Media Technology (NEMETech) in Seoul (Süd-Korea) und das Center for Advanced Computer Graphics Technologies (GRAPHITech) in Trento (Italien).
    Innerhalb des Netzverbundes sind an den neun Standorten über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 560 wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt. Bei einem Haushalt von über 41 Millionen Euro bildet das INI-GraphicsNet weltweit den größten Forschungsverbund auf dem Gebiet der Graphischen Datenverarbeitung.


    Weitere Informationen:

    URL: http://www.virtualfires.org/
    URL: http://www.igd.fraunhofer.de


    Bilder

    Strömungssimulation von Tunnelbränden
    Strömungssimulation von Tunnelbränden

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Strömungssimulation von Tunnelbränden


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