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11.11.2016 11:07

Ein “molekularer Kompass” für die richtige Gehirnentwicklung

Mag.a Ines Méhu-Blantar IMBA Communications
IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften GmbH

    Forscher_innen am Institut für Molekulare Biotechnologie(IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entdeckten einen wichtigen molekularen Mechanismus, der durch richtige Ausrichtung des Spindelapparates bei der Zellteilung die Funktion und Spezialisierung von Gehirnzellen mitbestimmt und Fehlbildungen wie Mikrozephalie verhindert.

    Unser Gehirn ist eines der erstaunlichsten Ergebnisse der Evolution. Dank 100 Milliarden Neuronen, die durch verschiedene Schaltkreise miteinander verwoben sind, lässt es uns kognitive Höchstleistungen vollbringen. Das Hochleistungsrechenzentrum unseres Körpers entsteht aus nur wenigen Stammzellen. Die Art der Zellteilung bestimmt über das weitere Zellschicksal im wachsenden Gehirn. Die „kommunikativen“ Neuronen, tauschen untereinander Informationen aus, unterstützt werden sie dabei von den Gliazellen.

    Zellteilung beeinflusst das Zellschicksal
    Bei der Zellteilung zieht der sogenannte Spindelapparat die beiden Chromosomenhälften auseinander. Die Ausrichtung der Spindel bestimmt bei der Zellteilung, ob aus einer Nerven-Stammzelle eine weitere Nerven-Stammzelle wird, oder ob sie zu einer Nervenzelle oder einer Gliazelle heranwachsen wird.
    Die Forschungsgruppen am IMBA rund um Daniel Gerlich und IMBA Vizedirektor Jürgen Knoblich entdeckten nun einen Mechanismus, der dem Spindelapparat die richtige Richtung anzeigt. Eine Gruppe von kleinen RNA-Molekülen – namens miR-34/449 – wirkt als Orientierungshilfe bei der Zellteilung. Der Forschungsgruppenleiter Daniel Gerlich erklärt: “Wir wollten herausfinden, wie der Spindelapparat in die richtige Position gebracht wird. Man weiß, dass es zu schweren neurologischen Erkrankungen oder zu Störungen in der Gehirnentwicklung kommt, wenn sich die Zellen im Gehirn nicht ordnungsgemäß teilen. Ein konkretes Bespiel dazu wäre zum Beispiel die Mikrozephalie, bei der es zu einem viel zu kleinen Gehirn und in Folge geistiger Beeinträchtigung kommt. Wie Proteine die Ausrichtung des Spindelapparates regulieren war zuvor untersucht worden, aber wie RNA Moleküle an der Regulation beteiligt sind, war bisher nicht bekannt.“

    Ein Molekül, das wie ein Kompass wirkt
    Um diese Mechanismen zu untersuchen, beobachteten die Forscher_innen Nerven-Stammzellen bei der Teilung.
    „Wir markierten den Spindelapparat zunächst in lebenden Zellkulturen und konnten feststellen, dass kleine RNAs namens miR-34/449 – eine Gruppe von Molekülen, die wichtig für die Genregulation sind – den Spindelapparat während der Teilung beeinflussten“, spricht der Erstautor Juan Fededa über seine Ergebnisse, die im aktuellen EMBO Journal veröffentlicht wurden. „Wurde miR-34/449 blockiert, dann setzte der Spindelapparat bei der Teilung nicht an der richtigen Stelle an.“
    Die Forscher_innen konnten denselben Prozess im Mausmodel beobachten – auch hier kam es bei Blockierung von miR-34/449 zu Gehirnfehlbildungen im Mäuseembryo. Aus den Gehirnstammzellen bildeten sich wieder Stammzellen aus, sogenannte radiale Gliazellen, die sich selbst zwar weiter teilen, aber sich nicht weiter in Nerven- oder Gliazellen spezialisieren können.

    „Die Zellteilung wird von einer Vielzahl molekularer Mechanismen mitgesteuert, die wichtig für die gesunde Entwicklung von Organen sind. Um dies noch genauer zu untersuchen, könnten wir auch auf eine „hauseigene“ Methode zurückgreifen, denn am IMBA ist es Jürgen Knoblichs Gruppe bereits 2013 gelungen, kleine Gehirnmodelle, sogenannte Organoide, aus künstlich hergestellten Stammzellen wachsen zu lassen. Diese Modelle eignen sich besonders gut, um molekulare Mechanismen zu erforschen, die zu Entstehungen von Krankheiten im Gehirn führen können,“ zeigt sich Daniel Gerlich optimistisch über zukünftige Projekte.

    Über das EMBO Cover
    Auch die Idee für das Cover des EMBO Journals, in dem die aktuelle Arbeit veröffentlicht ist, stammt aus Gerlichs Forschungsgruppe. Beata Mierzwa, eine Postdoktorandin, die sich auch den Mechanismen der molekularen Zellteilung verschrieben hat, zeichnet schon seit ihrer Kindheit leidenschaftlich gerne. Um hochkomplexe Inhalte unkonventionell und kreativ zu vermitteln, begann sie ihre eigene Forschung und die ihrer Kolleg_innen zu illustrieren. Erst kürzlich wurde sie mit dem Kirsten Peter Rabitsch Preis für außerordentliche wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet.
    Mehr unter: beatascienceart.com

    Originalpublikation:
    “MicroRNA-34/449 controls mitotic spindle orientation during mammalian cortex development”. Juan Pablo Fededa, Christopher Esk, Beata Mierzwa, Rugile Stanyte, Shuiqiao Yuan, Huili Zheng, Klaus Ebnet, Wei Yan, Juergen A Knoblich, Daniel W Gerlich, The EMBO Journal, DOI: 10.15252/embj.201694056

    Pressekontakt:
    Mag.a Ines Méhu-Blantar 
    IMBA Kommunikation 
    Dr. Bohr-Gasse 3, 1030 Vienna, Austria 
    Tel.: +43 664 808 47 3628 
    ines.mehu-blantar@imba.oeaw.ac.at


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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