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08.07.2003 17:14

"Wie ein grüner Untermieter zum Dauergast wurde" - VolkswagenStiftung fördert LMU-Nachwuchsgruppe

Cornelia Glees-zur Bonsen Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    München, 8. Juli 2003 - Die VolkswagenStiftung richtet sechs weitere Nachwuchsgruppen an deutschen Universitäten ein und stellt den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern insgesamt 6,44 Millionen Euro zur Verfügung. Dr. Enrico Schleiff am Lehrstuhl von Prof. Dr. Jürgen Soll, Department Biologie I, Botanik, gehört zu den hochkarätigen Forschern, deren Projekte aus insgesamt 55 Anträgen ausgewählt wurden. Er arbeitet an der Entschlüsselung der evolutionären Entwicklung von Chloroplasten, einem wichtigen Bestandteil der Pflanzenzelle, sowie dem Mechanismus des Proteintransports über Membranen. Schleiff wird mit 1.177.500 Euro gefördert. Ebenso wie die anderen ausgewählten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wird er diese Gelder eigenständig verwalten und hat fünf Jahre Zeit, die im Antrag selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Die Förderung für ein sechstes Jahr ist bei einer positiven Bewertung des Projekts möglich. Die Gruppen sind organisatorisch unabhängig, aber in den jeweiligen Universitätsbetrieb eingebettet.

    In Pflanzenzellen liegen verschiedene Plastidenformen vor. Die wichtigste Rolle unter ihnen spielen aber zweifelsohne die Chloroplasten. Sie betreiben Photosynthese, produzieren Zucker für die Pflanzen und daneben auch Sauerstoff. Dazu nötig ist das in den Chloroplasten gespeicherte Chlorophyll, das den Pflanzen ihre grüne Farbe verleiht. Plastiden sind essentielle Bestandteile der Pflanzenzelle und haben eine faszinierende Entwicklungsgeschichte vorzuweisen. Sie gehören zur Gruppe der Endosymbionten und stammen damit von Bakterien ab, die vor mehr als zwei Milliarden Jahren von höheren Zellen dauerhaft aufgenommen wurden. Cyanobakterien sind die Vorfahren der Chloroplasten. Die Plastiden erfüllen sehr spezifische und wichtige Aufgaben in der Pflanzenzelle. "Allerdings haben sie ihre Autonomie schon vor sehr langer Zeit aufgegeben", so Schleiff. "Das war Teil ihrer Anpassung an die Existenz in der Wirtszelle."

    So enthalten die Plastiden nur mehr einen Bruchteil ihres ursprünglichen genetischen Materials. Der Rest befindet sich im Kern der Pflanzenzelle, wo die Produktion der davon codierten Plastiden-Proteine ihren Anfang nimmt. Fertiggestellt werden sie im Zytosol, dem flüssigen Zellinneren. Von dort aber müssen sie - um in die Plastiden zu gelangen - erst ein Relikt aus der bakteriellen Vergangenheit der Plastiden überwinden: Ebenso wie ihre Vorfahren und deren moderne Nachkommen sind die Plastiden von einer doppelten Membranhülle umgeben und so vom Zytosol abgegrenzt.

    "In unserem Labor werden zum einen Aufbau und Funktionsweise heute existierender Chloroplasten mit denen des Cyanobakteriums verglichen, das den Plastiden am nächsten verwandt ist, um die Vorgänge der Plastidenentwicklung besser verstehen zu können", berichtet Schleiff. "Von besonderem Interesse ist dabei für uns, wie sich die verschiedenen Proteine der äußeren Hüllmembran im Laufe der Zeit entwickelten - ist sie doch die Schaltstelle der Kommunikation zwischen der Zelle und den Plastiden." Dieser Informationsaustausch ist nötig, weil sowohl ureigene Plastiden-Proteine als auch wichtige Zellproteine durch die Membran geschleust werden müssen. Dabei regulieren die Plastiden selbst - je nach Bedarf - die Synthese und den Transport der Proteine. "Das ist wiederum nur durch effektive Kommunikation möglich, und spielt auch eine wichtige Rolle bei manchen biochemischen Reaktionszyklen, die von der Zelle und den Plastiden in Kooperation durchgeführt werden", so Schleiff.

    Besonderes Augenmerk gilt bei Schleiffs Projekt dem Transport der Proteine in die Plastiden. Dieser Proteinimport findet nicht nur bei Chloroplasten und anderen Plastiden statt, sondern bei jeder Membran, die einen Zellbestandteil vom Zytosol abgrenzt. Mindestens 50 Prozent aller Proteine einer Zelle müssen wenigstens eine Membran durchqueren, um an ihren Bestimmungsort zu gelangen. "Für uns ist besonders ein Komplex an der äußeren Hüllmembran der Chloroplasten interessant", berichtet Schleiff. "Er muß die für den Plastiden bestimmten Proteine erkennen und dann deren Transport über eben diese Membran gewährleisten." In den letzten fünf Jahren konnten die Forscher unter anderem bereits fünf Proteine ermitteln, die für diesen Prozess wichtig sind. "In der Zukunft müssen wir nun das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten entschlüsseln, um die Regulation und die Funktionsweise eines solchen Erkennungs- und Transportapparates besser zu verstehen", so Schleiff. "Wir wollen unter anderem die Frage beantworten, wie sich der Komplex entsprechend den Anforderungen verändert, und wie der Mechanismus des Proteintransportes über die Membran im Detail erfolgt. Dabei sollen strukturelle, biochemische und biophysikalische Informationen vereint werden."

    Ansprechpartner:

    Ein Portätfoto, ein Lebenslauf sowie thematische Abbildungen können bei Herrn Dr. Schleiff angefragt werden.

    Dr. Enrico Schleiff, Department Biologie I, Botanik
    Phone: 0 89/1 78 61 - 282,
    E-Mail: schleiff@botanik.biologie.uni-muenchen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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